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in China

in China

Titel: in China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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keine
    Schlitzaugen mehr. »Viel zu tun heute nacht?« fragte sie ihn lächelnd.
    Er grinste verschlafen. »Da haben Sie nicht viel versäumt. Sie haben es gewußt?«
    Sie nickte. »Jenny hat sich furchtbar aufgeregt. Ich dachte, daß Sie vielleicht einmal mit ihr reden könnten und habe bei Ihnen angeklopft.« Sie wies auf das Reiseprogramm und erklärte:
    »Morgen geht es wunschgemäß nach Turfan und dann erst zum Weideland hinauf.«
    Da war er mit einemmal hellwach. »Gottlob!« sagte er begeistert und sprang auf, um sich die Reiseroute anzusehen. »Jetzt kann es also losgehen«, raunte er ihr zu, zog einen Notizblock aus der Tasche und schrieb sich das Programm ab. »Ich muß unbedingt mit Ihnen sprechen!«
    Er schwieg sofort, als Malcolm in der Halle erschien und gleich darauf George. Schon im nächsten Augenblick trat auch Joe Forbes in Erscheinung. Die Türen zum Speisesaal wurden geöffnet. Iris kam hinter ihnen hergestürzt und warf einen Stuhl um, bevor sie sich noch setzen konnte. Als Mrs. Pollifax den gerösteten Erdnüssen wieder mit Eßstäbchen zuleibe rückte, kam Jenny angeschlichen, die Augen noch immer rotgeweint.
    Peter winkte ihr über den Tisch hinweg zu. Ein neuer Tag hatte begonnen. Sie hatten ein enormes Programm zu bewältigen. Peter hielt sich erstaunlich gut und bekundete Interesse für alles, was sie besichtigten, doch zwischendurch nickte er regelmäßig ein, sobald ihnen wieder einmal Tee vorgesetzt und ein Vortrag gehalten wurde. Das mußten sie an diesem Tage ziemlich häufig über sich ergehen lassen. Bevor sie eine Fabrik oder Werkstätte besichtigten, wurden sie in einen kahlen Raum mit einem Bild von Mao an der Wand geführt.
    Da saßen sie dann an einem langen Tisch und hatten Teetassen mit seltsam brüchigen Zweiglein darin vor sich. Immer schüttete dann eine junge Frau kochend heißes Wasser aus einer Thermoskanne darüber. Nach etwa fünf bis zehn Minuten setzte sich der Tee, und sie konnten es riskieren, das Gebräu zu schlürfen, ohne Gefahr zu laufen, daß ihnen die Teeblätter in den Mund gerieten. Dann unterrichtete der Vorarbeiter oder Kaderchef sie über die Fabrik oder Werkstatt und hielt immer wieder inne, damit Mr. Kan oder Mr. Li seine Worte für die Gäste ins Englische übersetzen konnte. Wenn der Vortrag beendet war, durften Fragen gestellt werden. Das war sogar erwünscht. George interessierten vor allem die Maschinen und Arbeitsmethoden. Joe Forbes erkundigte sich nach den Produktionsmengen, notierte sich die Zahlen und rechnete sie nach, offensichtlich auf einen Fehler aus. Und dann kam Iris mit ihren Fragen. Mrs. Pollifax fand es sehr erheiternd, zu beobachten, welche Veränderung mit Iris vorging, sobald die Reihe an ihr war. Sie legte augenblicklich ihre Lebhaftigkeit ab und bewies auch keine Spur von Humor - als sei ihr das Wissen so heilig, daß sie es nicht auf die leichte Schulter nehmen wollte. Sie sprach mit tiefem Ernst - die personifizierte gewissenhafte Studentin. Ihr Interesse galt den Frauen - wie sie lebten, was sie aßen und verdienten. Ihre Fragen zeugten von ihrer angeborenen Intelligenz, doch es gelang ihr trotzdem irgendwie, alles durcheinanderzubringen und alle konfus zu machen.
    Malcolm runzelte die Stirn und murmelte: »Das klingt schon fast nach einer Doktorarbeit.«
    Jenny biß sich wütend auf die Lippen. Peter döste vor sich hin und bekam von alledem nichts mit.
    Erst bei der Besichtigung der Teppichfabrik gelang es Mrs. Pollifax, Peter allein zu fassen zu kriegen. George war wild entschlossen, sich in China einen Teppich zu kaufen und ihn nach Hause schicken zu lassen. Er ließ sich nicht so leicht übers Ohr hauen und wußte genau, was er wollte. Ein paar seiner Reisegefährten standen um ihn herum und hörten zu. Doch manche gähnten vor Erschöpfung und streckten sich auf den Teppichstapeln aus. Mrs. Pollifax machte sich klammheimlich aus dem Staub. Sie konnte keine Teppiche mehr sehen.
    Vor der Werkshalle stieß sie auf Peter, der ruhelos im Gang auf und ab ging. Sein Blick blieb immer wieder an einer großen Tafel hängen, auf der mit rosafarbener und weißer Kreide etwas geschrieben worden war. »Maos Tageslosung«, sagte er und wandte sich ihr zu. »Ich danke Ihnen, daß Sie das mit Turfan so schnell geregelt haben. Soviel ich weiß, war das ursprünglich als Schlußpunkt geplant. Sie haben es geschafft, der Tag ist gerettet.«
    Sie winkte ungeduldig ab. »Wo waren Sie denn gestern nacht?«
    »Setzen wir uns auf die

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