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in China

in China

Titel: in China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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Überanstrengung schon pfeifende Geräusche von sich. Sie ging ins Bad, um sich das Gesicht zu waschen. Aus dem Spiegel über dem Waschbecken starrte ihr eine fremde schlitzäugige Frau entgegen. Hastig entfernte sie das Klebeband, das unter ihrem Haar verborgen angebracht war und sah zu, sie aus der Chinesin allmählich wieder Emily Pollifax wurde. Die Hitze im Zimmer war erdrückend. Die Sorgen zermürbten sie, und sie war noch immer ziemlich verstört. Sie hatte gar nicht gut geschlafen. Als sie unter die Dusche trat, ergoß sich nur ein trauriges lauwarmes Rinnsal über sie. Was Cyrus wohl gerade tat? Genau in diesem Augenblick? Er war so weit weg!
    Sie zog ihr kühlstes, leichtestes Kleid an, setzte sich vors Haus und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Sie legte den Kopf zurück und starrte in das dichte grüne Weinlaub hinauf.
    Die kernlosen, blaßgrünen Trauben erregten ihre Bewunderung. Mr. Li hatte ihnen erzählt, daß in Turfan seit fünfzehnhundert Jahren Wein angebaut wurde.
    Eine der vielen Türen ging auf, und Malcolm trat heraus. Er sah sich um und kam auf sie zu.
    »Ohne ein nasses Handtuch um den Kopf sind Sie kaum wiederzuerkennen«, bemerkte er trocken.
    »Nach dem Frühstück«, versprach sie ihm.
    Malcolm nickte. »Frühstück in diesem unbeschreiblich heißen, kleinen Raum mit den beiden Ventilatoren, von denen nur einer funktioniert. Und George Westrum setzt sich unweigerlich an den einzigen Platz, wo einem der Ventilator wenigstens ein bißchen kühle Luft zufächelt.«
    »Nur den Mut nicht sinken lassen«, riet sie ihm. »Es ist ja erst halb acht. Und außerdem -
    aber wo stecken sie bloß alle?«
    Wie auf Kommando gingen zwei Türen gleichzeitig auf. Aus der einen trat George Westrum, aus der anderen Iris. Sie begrüßten sich freundlich und gesellten sich zu Mrs. Pollifax und Malcolm. Als Nächste erschien Jenny, von Joe Forbes gefolgt, und schließlich kam auch Peter erstaunlich munter und mit strahlenden Augen herbeigeeilt. Sie setzten sich unter die Reben oder streckten sich darunter aus. Während sie auf Mr. Li warteten, unterhielten sie sich träge und völlig zusammenhanglos.
    Schließlich trat er mit ernstem Gesicht zu ihnen, doch er wirkte auch irgendwie ängstlich.
    Auch durch ihre Begrüßung konnten sie das strahlende Lächeln nicht auf sein Gesicht zaubern.
    »Was steht denn für heute auf dem Programm?« fragte Joe Forbes.
    Mr. Li nickte. »Wir verbringen natürlich den größten Teil des Tages in Turfan. Heute morgen besichtigen wir die Tausend Buddha Höhlen, auch eine alte Grabstätte, und nach dem Mittagessen können wir uns auf Jiaohe - eine uralte Stadt - freuen, dann geht es zurück nach Urumchi.« Er zögerte und wandte sich dann Peter zu. »Mr. Fox, Sie waren heute nacht nicht in Ihrem Zimmer.«
    Mrs. Pollifax glaubte, ihr Herz müsse aufhören zu schlagen.
    Lieber Himmel, dachte sie bestürzt.
    »Wie bitte?« Peter heuchelte Erstaunen.
    »Sie haben die Nacht nicht in Ihrem Zimmer verbracht.« Mr. Li beharrte auf seiner Behauptung.
    »Woher zum Teufel wollen Sie das denn wissen?« fragte Peter spöttisch. Alle lauschten verwundert.
    »Ich habe hineingeschaut. In den Türen stecken keine Schlüssel, wie Sie ja wohl bemerkt haben werden. Ich habe hineingeschaut und bin immer wieder zurückgekehrt, um
    nachzusehen. Sie sind die ganze Nacht nicht in Ihrem Zimmer gewesen.«
    Das muß aufhören, ich muß mir etwas einfallen lassen, dachte Mrs. Pollifax.
    »Ich weiß wirklich nicht, was Sie das angeht«, ereiferte sich Peter.
    »Doch, als Vertreter des Staatlichen Reisebüros geht mich das etwas an«, widersprach ihm Mr. Li. »Ich trage die Verantwortung. Sie waren nicht in Ihrem Zimmer und auch sonst nirgends innerhalb der Mauern des Gästehauses. Deshalb muß ich Sie fragen, wo Sie gewesen sind.«
    Alle waren wie erstarrt und fixierten Peter. Doch der hielt Mr. Lis Blick stand. Die Stimme ihres Reiseleiters hatte ganz fremd geklungen, richtig besorgniserregend. Durch das lange Schweigen stieg die Spannung ins Unerträgliche. Iris machte dem ein Ende.
    Sie erklärte seelenruhig: »Peter hat die Nacht bei mir verbracht. In meinem Zimmer. Und zwar die ganze Nacht.«
    Alle fuhren herum und sahen Iris an. George Westrum schnappte nach Luft. Mrs. Pollifax warf Iris einen raschen Blick zu, dann fiel ihr Blick auf George. Er starrte Iris fassungslos mit offenem Munde an. Er war kreidebleich geworden. Es schien ein schwerer Schlag für ihn zu sein. Wie sonderbar, dachte Mrs.

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