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in China

in China

Titel: in China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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Verbissenheit. Die Lippen fest aufeinandergepreßt, ging eine Eiseskälte von ihm aus. Er schäumte vor Wut. Zumindest innerlich. Joe Forbes schien Jenny als frühreifes Kind zu betrachten, und Mrs. Pollifax hatte den Eindruck, daß er es sehr genoß, zur Abwechslung einmal im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen.
    Gleich nach dem Mittagessen machten sie sich wieder auf den Weg, um die Ruinen der Stadt Jiaohe zu besichtigen, doch allmählich gewöhnten sie sich an die Wüste mit ihren Erdfarben, an die unendliche Weite und den türkischen Einfluß überall in Turfan. Die hohen
    Wangenknochen und die runderen Augen, die Stiefel, die Schärpe um die Taille und die Tücher, die die Frauen auf dem Kopf trugen.
    Mr. Kan griff nach dem kleinen Handmikrofon im Bus und blickte ernst drein. »Die Stadt Jiaohe war einmal der Sitz der königlichen Hofhaltung von Cheshi. Die Blütezeit der Stadt war um das Jahr 200 n. Chr. Sie war ein Handelsumschlagplatz an der Alten Seidenstraße.
    Und auch strategisch von großer Bedeutung, wie Sie noch sehen werden.«
    »Wieso denn das?« fragte Jenny.
    »Die Stadt lag auf einem Felshang. Ringsum lauter Schluchten.«
    »Und was ist aus der Stadt geworden?« erkundigte sich Malcolm.
    »Sie wurde im vierzehnten Jahrhundert von wilden Horden zerstört.«
    »Was denn für wilde Horden?«
    »Von Mohammedanern. Vielleicht von Dschingis Khan. Niemand weiß das genau. Die Stadt ist einfach untergegangen.«
    Er schnippte mit den Fingern und lächelte dabei.
    »Schon wieder Ruinen«, meinte George verächtlich. Er war hochrot im Gesicht und schien sehr unter der Hitze zu leiden.
    »Sieht wie ein vertrockneter Irrgarten aus«, behauptete Joe Forbes, als sie an dem einsam gelegenen Pförtnerhaus vorbei und die staubige Straße zu einer Art Tafelberg oder Hochplateau hinauffuhren.
    »Aber ein von Kinder und für Kinder angelegter Irrgarten«, warf Iris lebhaft ein. »Wo haben die Menschen denn gewohnt, Mr. Kan?«
    »Sie werden sehen«, erwiderte er. »In kleinen Räumen ganz dunkel, winzig klein - von Mauern umgeben.«
    Da hielt der Bus, die Türen gingen auf, und die Hitze schlug ihnen wieder entgegen. Iris machte sich sofort mit Mr. Kan auf den Weg, der ernst auf sie einsprach. Ihr Interesse und ihre Fragen freuten ihn. Doch Mrs. Pollifax fragte sich, ob Iris sich Mr. Kan nicht nur anschloß, um den Reisegefährten aus dem Weg zu gehen. Peter zögerte noch, um Mr. Li nach dem Weg zu fragen. George und Jenny gingen miteinander los. Malcolm lief hinter Mrs.
    Pollifax her und holte sie an der Außenmauer ein, die das Gewirr von engen Gäßchen umschloß.
    »Diese Hitze!« stöhnte sie und wandte sich ihm lächelnd zu.
    »Mörderisch! Ihr Handtuch ist doch sicher schon längst wieder trocken.«
    »Ich habe auf die Uhr gesehen«, sagte sie. »Nach spätestens zehn Minuten ist es nur noch feucht und nach einer halben Stunde knochentrocken. Jetzt zum Beispiel. Was ich Ihnen noch sagen wollte: Sie waren Iris gegenüber sehr rücksichtsvoll.«
    »Ganz und gar nicht«, sagte Malcolm ganz gelassen. »Ich habe nämlich Pläne mit Iris. Ich habe vor, sie zu heiraten, aber ich hoffe natürlich, daß sie in Zukunft nicht so überspannt und weltfremd sein wird.«
    Mrs. Pollifax strahlte. »Malcolm, Sie sind ein wunderbarer Mensch«, lobte sie ihn. »Ich bin so froh, daß ich Ihnen begegnet bin. Und Ihre sprechenden Mäuse habe ich auf ewig ins Herz geschlossen. Sie und Iris sind ein grandioses Gespann. Je mehr ich darüber nachdenke, desto besser scheinen Sie mir zusammenzupassen. Aber Sie erwarten doch hoffentlich nicht von ihr, daß sie aufhört, über Stühle zu fallen oder daß sie sich die Haare kurz schneidet?«
    Er grinste. »Aber wo denken Sie hin? Dann würde sie ja nicht mehr alle paar Minuten wie wild mit den Händen herumfuchteln.«
    »Wann haben Sie denn diesen Entschluß eigentlich gefaßt?« fragte Mrs. Pollifax.
    »Na ja, das hat ein wenig mit meinen hellseherischen Fähigkeiten zu tun«, erklärte er.
    »Meine Reaktion auf sie war gleich beim erstenmal überwältigend. Sie wissen sicher noch, bei welcher Gelegenheit das war. Es war in Hongkong, als Iris ganz unverhofft unter dem Tisch hervorgekrochen kam. Mir war zumute, als hätte mir jemand einen Schlag auf den Kopf versetzt. Ich habe eine ganze Weile gebraucht, um zu begreifen, was da geschehen war... Es war kein Zweifel möglich. Jedenfalls fand ich sie so rührend komisch in ihrem Ernst und so unvergleichlich, daß es keiner übersinnlichen

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