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in China

in China

Titel: in China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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schrecklich leid, aber es geht nicht anders.
    Stoßen Sie ihm bitte das Messer ins Herz, solange er noch blutet. Wir brauchen unbedingt Blut«, hämmerte sie ihm immer wieder ein.
    Er sah sie fassungslos an und griff nach dem Messer. Dann beugte er sich über den Leichnam. »Sehen Sie nicht hin«, riet er ihr, und sie wandte sich dankbar ab.
    Als sie wieder hinsah, waren der Boden und auch die Jacke blutdurchtränkt. »Ich glaube, ich habe ihm das Messer in die Aorta gestoßen«, sagte Peter kurzangebunden und drückte Forbes den Ärmel der blutdurchtränkten Jacke in die Hand.
    Dann zwängte er sich in die Überreste seiner Jacke.
    »Werfen Sie das Messer in den Fluß«, riet sie ihm. »Ihre Fingerabdrücke sind jetzt auf dem Griff.«
    »Und was jetzt?« fragte Peter zögernd.
    Mrs. Pollifax sah sich um. Ihr Adrenalinspiegel stieg. Ihr Verstand funktionierte messerscharf, wie sie es gar nicht für möglich gehalten hätte. Forbes lag jetzt am Rande des Abgrunds. Sein Kopf und der eine Arm hingen über den Rand hinab. Die Finger der anderen Hand hatte er fest in einen abgerissenen Jackenärmel verkrallt, aus dem das Blut tropfte.
    Auf einem Felsbrocken am Grunde der Schlucht lag dicht am Wasser das zerschmetterte Pferd. Auch das Tier war mausetot.
    »Fingerabdrücke, wo sie hingehören«, nickte sie und hakte im Geiste die einzelnen Punkte ab. »Ihre Jacke, doch sein Blut. Ich glaube, alles sieht jetzt so aus, wie wir es haben wollen.
    Gehen Sie jetzt, Peter, laufen Sie, so schnell Sie können!«
    Peter starrte sie an. »Aber was wollen Sie den anderen denn sagen? Um Himmels willen, Mrs. Pollifax, wie wollen Sie ihnen das alles erklären? Warum sollen Forbes und ich uns gegenseitig umgebracht haben?«
    »Ich werde einfach behaupten... ach, ich weiß noch nicht, was für ein Lügenmärchen ich ihnen auftischen werde«, entgegnete sie voller Ungeduld. »Das können Sie getrost mir überlassen. Bitte, Peter, Sie müssen jetzt los. Beeilen Sie sich! Die Hauptsache steht Ihnen ja noch bevor.«
    »Ihnen aber auch. Und noch dazu sind Sie gehandicapt durch...«
    Da fuhr sie ihn an: »Peter, Sie sind Agent und haben gerade Ihre blutige Feuerprobe bestanden. Wang und Sheng warten in ihrem Unterschlupf auf Sie. Ihnen steht noch allerhand bevor. Machen Sie sich meinetwegen keine Sorgen!«
    »Ja«, sagte er zögernd und starrte sie an, »aber... ach, verdammt, ich möchte Ihnen sagen...
    ich möchte, daß Sie wissen...« Er strich unendlich sanft über ihr gebrochenes Handgelenk.
    »Sie brauchen nichts zu sagen, Peter, ich verstehe Sie auch so«, versicherte sie ihm. Sie hatte Tränen in den Augen. Sie reichte ihm ihre gesunde Hand zum Abschied. Er hielt sie lange fest. Mit einem Schluchzen in der Stimme stammelte sie: »Ach, Peter, immer muß ich von tapferen, überaus mutigen Menschen Abschied nehmen.«
    Er lächelte warm, was nur sehr selten geschah, und die Anspannung wich aus seinem Gesicht. »Und ich sage in diesem Augenblick einer tapferen, überaus mutigen Frau adieu.
    Leben Sie wohl, Mrs. Pollifax, ich werde Sie nie vergessen. Wenn ich das überstehe und je wieder hier herauskomme...« Er nahm sie in die Arme und küßte sie auf die Stirn. »Bestellen Sie Cyrus einen Gruß von mir und heiraten Sie ihn. Versprechen Sie mir das?«
    Er wandte sich abrupt ab, besah sich noch einmal kopfschüttelnd das Schlachtfeld und die Metzelei, die sie veranstaltet hatten, dann rannte er in Richtung Norden los, auf den dichten Wald zu.
    »Grüß die Königin von Saba von mir«, rief sie ihm noch nach.
    Ihre Stimme sank zu einem Flüstern herab. »Gott segne dich, Peter.« Sie sah ihm nach, bis er zwischen den Bäumen verschwunden war. Erst als er nicht mehr zu sehen war, wankte sie zu Tode erschöpft auf den Berg zu, von dem sie in einem halsbrecherischen Ritt zu Tal gerissen worden war. Kaum hatte sie die Baumgrenze erreicht und den mühsamen Aufstieg begonnen, als sie berittene Männer auftauchen sah. Kasachen auf der Suche nach ihr.

14. Kapitel
    Die Flure waren breit und staubig. In China schien es überall staubig zu sein, dachte sie im Unterbewußtsein. Doch zumindest in einem Krankenhaus durfte man doch wohl Sauberkeit erwarten. Alles was sie sah, erschien ihr irgendwie surrealistisch und erweckte den vagen Eindruck von Gewalt: eine junge Frau eilte die Treppe hinauf. Ihre weiße Jacke war mit Blut besudelt. In einer Ecke kniete eine junge Putzhilfe und wischte eine Blutlache auf. Ein Patient mit einem blutdurchtränkten

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