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in China

in China

Titel: in China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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nicht an mir festgewachsen. Aber abgesehen davon geht es mir ganz gut«, fügte sie hinzu. Allmählich erwachten ihre Lebensgeister wieder. »Ich stehe wahrscheinlich noch unter Schockwirkung und fühle mich sehr
    benommen. Ich bin wie betäubt.« Sie fuhr mit der rechten Hand unter die linke und hob sie an. Sie drückte sie an sich und setzte sich auf. »Was ist denn eigentlich aus dem vermaledeiten Ausreißer geworden, der mit mir auf und davon ist?« erkundigte sie sich.
    Peter fragte: »Glauben Sie, daß Sie aufstehen können?«
    »Aber natürlich kann ich aufstehen. Sie müssen mir nur ein bißchen Zeit lassen.«
    »Das kann ich leider nicht!« rief er verzweifelt aus. »Ach, verdammt, nicht eine einzige Minute kann ich Ihnen gönnen! Verstehen Sie denn nicht? Ich werde jetzt verschwinden.
    Verflucht noch mal, Mrs. Pollifax - liebe Emily - es tut mir so entsetzlich leid. Das müssen Sie mir glauben. Das hätte nicht passieren dürfen. Ich habe dem Pferd einen spitzen Stein unter den Sattel geschoben, damit es mit Ihnen davongaloppiert. Dieser arme Teufel! Aber ich war ganz sicher, daß ich es einholen würde, lange bevor es den Grat erreicht hatte. Ich dachte, ach, zum Teufel, wir haben keine Zeit! Mit einem solchen Unglück habe ich wahrhaftig nicht gerechnet. Glauben Sie, daß Sie mir je verzeihen können, Emily? Ist Ihr Handgelenk gebrochen?«
    »Höchstwahrscheinlich«, sagte sie ganz ruhig. »Wo sind denn die anderen?«
    »Ich habe allen versichert, daß ich Sie einholen und gesund zurückbringen würde; aber der Himmel weiß, wieviel Zeit uns noch bleibt, bevor sie...«
    »Ich weiß schon«, sagte sie und nahm sich eisern an die Kandare. Sie hatte später noch genug Zeit, um sich wieder zu erholen. Sie verstand jetzt auch, warum er so gehandelt hatte. Es war seine einzige Chance, unauffällig zu verschwinden. »Helfen Sie mir bitte auf«, sagte sie und reichte Peter die gesunde Hand.
    »Ich dachte eigentlich, daß Sie sich am Wasserfall verdünnisieren würden. Was ist denn nun aus diesem Pferd geworden?«
    Peter stöhnte, als er ihr auf die Beine half. »Ich komme mir wie ein Mörder vor. Der Hengst ist in die Schlucht gestürzt. Dieser Fluß is t sehr tückisch und voller Stromschnellen. Die Strömung ist so stark, daß man unweigerlich ertrinkt, wenn man keine eiserne Kondition hat.
    Ich mußte mich mit einem Seil um den Leib über diesen reißenden Strom hangeln, um X aus dem Arbeitslager zu befreien. Ich wollte es nicht, aber ich habe mitangesehen, wie das Pferd in die Schlucht gestürzt ist. Nicht nur mitangesehen, sondern auch mitangehört. Es war grausig.«
    Mrs. Pollifax nickte. »Und Sie wollen jetzt auch verschwinden?«
    »Ja. Es soll aussehen, als sei ich bei dem Versuch, Sie zu retten, in den Fluß gestürzt und von der Strömung mitgerissen worden. Also ertrunken. In Wahrheit wollte ich natürlich zu dem Unterschlupf am Fuße der Berge zurück.«
    Sie nickte. »Dann ist es ja gut, daß alles so gekommen ist. Daß das Pferd in die Schlucht gestürzt ist. Ich hege zwar keinen Groll gegen das arme Tier, doch sein Tod paßt gut in unser Konzept. Er untermauert die These, daß Sie von der Strömung mitgerissen worden und ertrunken sind.«
    Peter sah sie verwundert an. »Sie haben völlig recht. Daran habe ich noch gar nicht gedacht.
    Ob ich wohl auch unter Schockwirkung stehe? Doch in diesem Zustand kann ich Sie nicht alleinlassen. Tut Ihre Hand sehr weh? Sie schwillt schon an.«
    Mrs. Pollifax fühlte sich noch ziemlich wacklig auf den Beinen. Sie lachte mit zittriger Stimme. »Aber selbstverständlich können sie mich ›in diesem Zustand‹ alleinlassen. Mein Handgelenk tut weh, das stimmt schon; aber es ist so ein merkwürdig taubes Gefühl - als sei innen eine Feder gebrochen - eigentlich ein interessantes Gefühl. Doch Sie sollten sich darüber nicht den Kopf zerbrechen. Um Himmels willen, Peter, wo bleibt Ihre Berufsehre?
    Vergessen Sie nicht, weswegen wir hier sind. Sie müssen jetzt los!«
    Da hörten sie eine freundliche und sehr vertraute Stimme hinter sich: »Niemand muß los, und schon gar nicht ohne mich!«
    Sie fuhren herum wie von der Tarantel gestochen. Ein paar Schritte hinter ihnen stand Joe Forbes. Er lächelte liebenswürdig wie immer, doch hielt er jetzt eine kleine handliche Pistole auf sie gerichtet. Auf die kurze Entfernung würde er sein Ziel bestimmt nicht verfehlen. Weit hinter ihm war am Fuße des Berges ein Pferd an einen Baum gebunden. Das mußte wohl ein Reitpferd

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