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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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nicht laut gesagt, oder?
    Liebe. Das war ein viel zu gewichtiges Wort. Das ging alles viel zu schnell, so wie damals bei Lilah. Sie hatte er geheiratet, nachdem er sie gerade einmal eine Woche kannte. Cassandra dagegen kannte er bereits seit einigen Monaten. Das war ein Unterschied. Und Cassandra war nicht im Mindesten so wie Lilah, weder äußerlich noch, was noch viel wichtiger war, in ihrem Verhalten. Aber das änderte nichts an einer Tatsache: Wie Lilah würde auch sie wieder weggehen. Am Ende des
Sommers würde sie in die Berge zurückkehren, wahrscheinlich Dennis heiraten und ihn vergessen. Nein, Liebe war eindeutig ein viel zu gewichtiges Wort. Er vermisste nur Stella, das war alles. Morgen würde er sie anrufen und die Dinge wieder ins Lot bringen, und das war’s dann. Und Cassandra wäre bald wieder fort. Vielleicht nahm Dennis sie ja sogar gleich mit.
    »Hey, Mann.« Er stieß Dennis mit dem Flaschenhals an. »Wie lange willst hier noch bleiben?«
    »Ich glaube nicht, dass ich noch fahren sollte. Kann ich auf dem Boot schlafen?«
    »Nein. Ich meine, ja, natürlich kannst du auf dem Boot schlafen. Ich wollte eigentlich wissen, wie lange du hier noch bleiben willst.« Er deutete auf den Boden.
    Wieder sah Dennis zu Cassandras Fenster hinauf. »Bis zum Labor Day. Das ist mein Stichtag.«
    »Wofür?« Er hatte einen Stichtag für eine Frau festgesetzt? Was für ein Schwachsinn. Er war doch alt genug, um zu wissen, dass Frauen wie das Wetter waren und man ihr Verhalten meist nur sehr schwer vorhersehen konnte.
    »Am dritten September fängt meine Ausbildung an.«
    »Ausbildung?«
    »Ja, ich bin es leid, immer nur mit toten Menschen zu arbeiten.«
    »Tja, daraus kann ich dir keinen Vorwurf machen. Wie bist du überhaupt in diese Branche gekommen?«
    »Ich wollte Menschen helfen.«
    »Menschen helfen? Wobei? Unter die Erde zu kommen?«
    Dennis schüttelte den Kopf. »Nein, nein, so nicht. Das ist nicht der Grund. Ich habe mich dafür entschieden, weil mein Daddy wollte, dass ich das mache. Aber jetzt werde ich tun, was ich tun will.« Er wandte sich Hector zu. »Macht mich das zu einem schlechten Menschen?«
    Hector dachte einen Moment darüber nach. Außer während
der beiden College-Jahre hatte er immer getan, was er wollte. Alles, was er je gewollt hatte, war, auf dem Wasser zu arbeiten, genau wie sein Vater. Aber wie wäre es gewesen, wenn er aufs College gegangen und danach nicht zurückgekommen wäre? Hätte er dann dieselben Gewissensbisse wie Dennis? »Tja«, meinte er. »Solange du niemandem wehtust, sehe ich nicht, wieso dich das zu einem schlechten Menschen machen soll. Und wenn dein Daddy enttäuscht ist, wird er irgendwann schon damit fertig werden. Und wie kommt es, dass du jetzt was anderes machen willst?«
    »Mom will, dass ich ihr Restaurant übernehme. Mein Vater versteht das nicht. Er sagt, wenn ich zeitweise dort arbeiten will, ist das in Ordnung für ihn. Aber ich habe zu ihm gesagt, dass die Leute nicht von einem Kerl bekocht werden wollen, der gerade eine Leiche einbalsamiert hat.«
    Hector rieb sich das Kinn. Das war ein Argument. »Was hat er darauf gesagt?«
    Dennis sprach langsam und ließ seine Stimme tiefer klingen als sonst. »Tja, mir ist nicht klar, wieso das so sein soll. Ich wette, in meinem Einbalsamierungskeller sind weniger Keime als in der Küche deiner Mutter«, zitierte er, riss ein Grasbüschel aus und schleuderte es fort. »Ich habe gesagt, dass er wahrscheinlich recht hat, was aber nichts an der Tatsache ändern würde, dass ich nicht länger in der Begräbnisbranche bleiben möchte.«
    Sie blieben noch eine Weile sitzen und tranken ihr Bier aus. »Tja, ich schätze, wir sollten wohl nicht die ganze Nacht hierbleiben. Lass uns gehen«, sagte Hector schließlich.
    »Wahrscheinlich hast du recht. Verschwinden wir.«

AUGUST
    »Sei nicht der Sklave deiner eigenen Vergangenheit - spring in die Tiefen des Meeres, tauche weit hinab und schwimme hinaus, auf dass du mit Selbstachtung, neuer Kraft und einem erweiterten Horizont zurückkehrst, der dir hilft, das Alte aus der Distanz zu betrachten und zu verstehen.«
    Ralph Waldo Emerson

41
    Obwohl das Land niemals aus ihrem Blickfeld verschwunden war, bekam es Cassandra mit der Angst zu tun - das Fehlen von allen Begrenzungen, von festem Boden unter den Füßen. Nichts als Wasser um sie herum, so weit das Auge reichte. Der Ozean war ruhig, und sie wusste, dass sie auf der Fähre vollkommen in Sicherheit war, trotzdem konnte sie

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