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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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und stellte sich in die Sonne, um sich zu wärmen. Aus Südwest wehte ein heißer Wind heran, und die Wellen plätscherten ruhig vor sich hin. Der Pier war beinahe leer, nur ein paar alte Damen angelten ein Stück von ihr entfernt, eine Handvoll Männer fischten spanische Makrelen. Und natürlich Harry Jack. Manchmal fragte sie sich, ob dieser Mann am Pier schlief, was eigentlich schade wäre, da er ein hervorragendes, gemütliches Bett in Snug Harbor besaß. Wenn er am Pier schlief, war er selbst schuld. Die wenigen Male, die sie ihn nicht gesehen hatte, wie er mit seiner Zigarre im Mund dastand, die Angel gegen das Geländer gelehnt und den Blick aufs Meer gerichtet, konnte sie an einer Hand abzählen. Wenigstens ließ er sie seit einiger Zeit in Ruhe.
    Ein krampfartiger Schmerz erfasste ihre Eingeweide. Doris beugte sich über einen Picknicktisch und hielt sich daran fest, bis der Schmerz verebbt war. Als sie wieder zu Atem
kam, hob sie den Kopf und sah Skeeter, der ebenfalls angelte, unten am Strand stehen. Er schien sie nicht zu hören, als sie ihn das erste Mal rief. So trat sie ans Geländer und rief noch einmal. Er sah herüber und winkte. Sie bedeutete ihm, herzukommen, und ging zurück, um auf ihn zu warten, während er die Angelrute einholte.
    Sie hasste es, früher Schluss zu machen, aber es ging nicht anders. Annie Laurie konnte die Kasse bedienen, und Skeeter würde ihr bei den Kunden helfen. Dafür brauchte man keinen Hochschulabschluss, außerdem witzelte Chester sowieso immer, den Laden könnte notfalls auch ein Affe betreiben.
    Die Fliegentür fiel hinter Skeeter ins Schloss, und er lehnte seine Angel an die Wand. »Hey, Doris.«
    »Zieh dein Shirt an, Skeeter. Du musst Annie Laurie im Laden helfen, bis dein Vater kommt.«
    »Ja, Ma’am.« Skeeter zog ein T-Shirt aus seiner Gesäßtasche und streifte es über.
    Obwohl der Junge nicht alle beisammen hatte, war er ein Segen, und sie hoffte nur, dass Chester seine Anwesenheit ebenfalls zu schätzen wusste. Sie tat es jedenfalls. Er arbeitete anständig und war so gutmütig. Doch es erfüllte sie mit Sorge, dass er so gut aussah, dergestalt, dass die Leute zweimal zu ihm hinsahen und die Mädchen ihm wie Hündchen nachliefen. Allerdings dauerte es normalerweise nicht lange, bis sie herausfanden, dass er zwar wie Mitte dreißig aussah, aber das Gemüt eines kleinen Jungen besaß.
    »Annie Laurie, komm her und pass auf die Kasse auf, Schatz. Oma muss für eine Weile nach Hause.«
    »Ist gut, Ma’am.« Annie Laurie klappte ihr Buch zu, bis sie den Hocker hinter dem Ladentisch erreicht hatte, dann schlug sie es wieder auf und las weiter. Doris musterte den Einband prüfend. Black Beauty . Das musste sie doch mindestens schon zehnmal gelesen haben.
    »Wenn es mir wieder besser geht, komme ich zurück.«
Sie holte ihre Handtasche unter der Ladentheke hervor, als ein weiterer Krampfanfall ihre Eingeweide erfasste und sie wie einen nassen Waschlappen auswrang. Die Handtasche entglitt ihren Fingern. Einen Moment lang stand sie da und versuchte, den Schmerz mittels schierer Willenskraft zu unterdrücken.
    »Ich glaube, die Tasche wiegt mehr als du«, bemerkte Skeeter und reichte sie ihr.
    Es war stets eine Überraschung, wenn er Scherze machte, aber minderbemittelte Menschen hatten ebenso Humor wie jeder andere auch. Manchmal sogar einen besseren. Zu schade, dass ihr so gar nicht nach Lachen zumute war. »Ha, ha«, sagte sie und hängte sich die Handtasche über die Schulter. »Bis später.«
    Auf dem Parkplatz stieg die Hitze in Wellen vom Asphalt auf, so dass ihr der Schweiß unter der Hose an den Beinen entlanglief. Es war, als ginge man über glühende Kohlen. Am Straßenrand blieb sie stehen und wartete, bis die Autokolonnen der Touristen vorbeigefahren waren. Sie zählte die Wagen mit den Nummerntafeln aus Binnenbundesstaaten wie Ohio oder Indiana: Wagen, vollbeladen mit Koffern, Kindern, Sandeimern und Strandhandtüchern, Laster, in deren Kühlergrills so viele Angelruten steckten, dass sie keine Ahnung hatte, wie die Fahrer überhaupt noch etwas sehen konnten. Es grenzte an ein Wunder, dass bei diesem Verkehr im Sommer niemand umkam, da die Leute, die auf der dem Sund zugewandten Seite wohnten, diese Straße überqueren mussten, wenn sie an den Strand wollten. Sie hatte dauernd Todesangst, Annie Laurie könnte überfahren werden, und hatte ihr von Anfang an eingeschärft, stets nach links und nach rechts zu sehen, bevor sie die Straße überquerte.
    Sie

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