Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In deinem Schatten

In deinem Schatten

Titel: In deinem Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Hambly
Vom Netzwerk:
morgens auf den Beinen. Was ist, wenn sie sich zwischen dem Ballettunterricht hingelegt hat, um sich auszuruhen, dabei eingeschlafen und dann schlafgewandelt ist?”
    “Moment mal …”, sagte Phil. “Welche Treppe? Es gibt im sechsten Stock keine Treppe nach oben.”

4. KAPITEL
    Maddie sah ihn entgeistert an. “Doch, es gibt eine. Als ich Tessa gefunden habe, stand sie gerade am Fuß einer Treppe, die in den nächsten Stock führt. Ich habe sie gefragt, was sie hier macht, und sie meinte, sie hätte ein Geräusch oder Stimmen gehört. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass sie es selbst nicht recht wusste.”
    “Und ihr habt nichts gehört? Und seid auch nicht nachsehen gegangen? Denn wenn ihr diese Treppe auch hinaufgegangen seid …”
    “Nein, sind wir nicht”, antwortete Maddie mit Nachdruck. “Kurz nachdem ich Tessa gefunden hatte, bist du zu uns gestoßen. Das Licht ging aus, als ich auf der Treppe vom fünften in den sechsten Stock war. Weiter nach oben bin ich nicht gegangen.”
    “Hm, wie konntest du eine Treppe erkennen, wenn es finster war?”, fragte Phil. “Es wundert mich sowieso, dass du mit deiner Mini-Taschenlampe nicht gegen eine Wand gerannt bist. Es könnte sein, dass du – ohne es zu wissen – ein paar Treppen weiter hinauf gegangen bist.”
    “Auch im Dunkeln bin ich in der Lage, oben von unten zu unterscheiden”, sagte Maddie. “Als ich Tessa gefunden hatte, gab es keinen Grund mehr, weiter hinauf zu gehen. Und ich
habe
diese Treppe gesehen. Sie war am Ende eines dieser gewundenen Korridore abseits des großen Treppenhauses. …”
    “Du meinst, es war so etwas wie eine Leiter zum Dach? So eine gibt es nämlich …”
    “Ich meine eine Treppe.” Sie schloss die Augen und rief sich alles noch einmal genau ins Gedächtnis. Vor ihrem inneren Auge sah sie Tessa in ihrer rosa Strumpfhose und in dem T-Shirt mit dem Logo der Broken-Glass-Band am Ende des dunklen Korridors stehen. Sie war etwas unsicher auf den Beinen und schwankte genau so, wie sie es vor ein paar Tagen getan hatte, als sie sich im Schlaf am Sicherheitsbügel der Wohnung zu schaffen gemacht hatte. Maddie rief sich jedes Detail der Szene wieder ins Gedächtnis und sagte langsam: “Die Stufen sind aus Holz. An den schmutzig-weißen Wänden sind Wasserflecken, und an manchen Stellen blättert die Farbe ab …”
    Da oben geht irgendetwas Schlimmes vor sich, dachte sie. Etwas Schreckliches, das in der Dunkelheit lauert.
    Maddie öffnete die Augen und merkte, dass Phil sie zweifelnd ansah. Fast so, als hätte sie ein Selbstgespräch darüber geführt, wer sie in einem früheren Leben gewesen war. Oder so, als wäre sie in Trance gewesen und hätte mit Geisterstimme gesprochen. Maddie kannte diesen Blick, denn auf diese höchst skeptische Art und Weise hatte sie selbst schon sehr oft Menschen gemustert.
    Es kam ziemlich häufig vor, dass Leute sich während einer Tarot-Sitzung aufgefordert fühlten, von ihren sämtlichen Erfahrungen mit dem Übernatürlichen zu erzählen – entweder weil sie davon ausgingen, dass Maddie für diese Dinge ein offenes Ohr hatte, oder weil sie sie beeindrucken wollten. In den fast zwei Jahren, in denen Maddie im Hinterzimmer des Buchladens Darkness Visible die Karten legte, hatte sie eine große Anzahl an Menschen getroffen, die sich für die Wiedergeburt der Göttin und Priesterin Isis, für Medien diverser Geister aus dem Jenseits oder für Leute hielten, die in einem früheren Leben von Außerirdischen entführt worden waren. Und obwohl Maddie dabei durchaus Menschen kennengelernt hatte, die sich ihrer Einschätzung nach tatsächlich an ein früheres Leben erinnern konnten, war sie bei den Entführungsopfern von Aliens – zumindest bei denen, die sie getroffen hatte – doch immer skeptisch. Sie war sich nämlich ziemlich sicher, dass es davon nicht
derartig
viele geben konnte.
    “Hör mal, Maddie …”, begann Phil und wirkte dabei so, als würde er sich seine Worte sehr sorgfältig überlegen. “Was ich erlebt habe, waren gespenstische und schreckliche Träume. Aber eben nur Träume. Ich weiß nicht, was du gesehen hast, aber im sechsten Stock habe ich jeden Zentimeter durchsucht, und es gibt keine solche Treppe. Die anderen Stockwerke habe ich mir auch genau angesehen, und, ja, das Haus wirkt wie ein Labyrinth für Laborratten, trotzdem bin ich mir sehr sicher, dass ich im ganzen Gebäude nirgendwo eine derartige Treppe gesehen hätte.”
    “Du musst ziemlich erschrocken gewesen

Weitere Kostenlose Bücher