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In deinem Schatten

In deinem Schatten

Titel: In deinem Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Hambly
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Ausreißerin aus Portland gewesen. Die Hippies, mit denen sie in einer Bruchbude im East Village zusammenlebte, hatten nicht einmal den richtigen Namen gekannt.
    Doch selbst wenn man diese beiden nicht mitrechnete – die wenigen Zeugen schworen, dass beide Mädchen das Gebäude nicht verlassen hatten –, blieben immer noch acht Mädchen übrig, deren Familien, Partner oder Mitbewohner überzeugt waren, dass alle keinen Grund gehabt hatten, einfach von der Bildfläche zu verschwinden.
    Acht junge Frauen, die sich in den dunklen oberen Stockwerken des Glendower Building einfach in Luft aufgelöst hatten.
    Acht junge Frauen im Alter von 16 und 20 Jahren. Alle von ihnen – außer Eileen Kirkpatrick – dunkelhaarig, wie die meisten Mädchen, die Anfang des 20. Jahrhunderts den Textilfabriken an der East Side als billige Arbeitskräfte gedient hatten.
    Alle von ihnen verschwanden zwischen Mitte Dezember und dem 13. Januar, der dunkelsten Zeit des Jahres.
    Diese kleinen Flittchen sind doch alle gleich … Nur für Eines zu gebrauchen …

6. KAPITEL
    Diana Vale hatte so viele Freunde in schwierigen Lebenssituationen, dass Maddie wusste, dass sie ihr Telefon nachts nie ausschaltete oder nicht abhob, auch nicht um zwei Uhr morgens. Als sich selbst nach dem elften Klingeln niemand meldete, war klar, dass die Besitzerin des Darkness Visible in dieser Nacht nicht zu Hause war. Ohne sich große Hoffnungen zu machen versuchte Maddie, im Laden anzurufen, doch es meldete sich – wenig überraschend – nur der Anrufbeantworter. Sie legte auf. Ihr Herz klopfte heftig, ihr Atem ging schnell.
    Hier passieren merkwürdige Dinge, und ich glaube, du kommst besser her …
    Maddie leerte den Inhalt ihre Sporttasche auf den Boden und warf statt der Kostüme ihre große Taschenlampe und ein paar Reservebatterien hinein. Angesichts der labyrinthartigen Gänge in den oberen Stockwerken packte sie außerdem noch zwei Knäuel Bindfaden und das scharfe Klappmesser ein, das sie in einer Werkzeugschublade in der Wohnung aufbewahrte. Auch den Hammer und das Nageleisen konnte sie möglicherweise gebrauchen. Was noch?
    Knoblauch? Ein Halseisen? Die von Vampirjägern in diversen Fernsehserien gern benutzte Wunderwaffe mit der “speziellen Munition”? Sie schulterte ihre Tasche und machte sich auf zur U-Bahn.
    Hab dich lieb.
    Sie sah Phil, als er gerade, wie sie vermutet hatte, aus dem Spirituosenladen in der 29. Straße kam. Sogar aus der Entfernung erkannte sie ihn an seiner großen, kantigen Figur und seiner Art zu gehen. Sie rief: “Phil!”, ohne auch nur einen Moment zu überlegen, was sie tun oder sagen sollte, wenn er es nicht war; er blieb stehen und drehte sich um.
    “Maddie!”
    Sie stapfte über einen schmutzigen, matschigen Schneehaufen an der Bordsteinkante und stürmte über die eisige Straße. Um diese Uhrzeit war selbst in den großen Avenues in New York kaum ein Mensch unterwegs, geschweige denn hier in diesem heruntergekommenen Viertel. Das schwache Licht der wenigen Straßenlaternen glitzerte auf dem eisbedeckten Bürgersteig und ließ Phils Atem wie eine Wolke aus Edelsteinen schimmern. Als er sie auffing, fest in seinen Armen hielt, sie dann auf den Mund küsste – schnell, fest und sehr erleichtert –, und sie seine Umarmung und den Kuss erwiderte, fühlte es sich so vertraut an, als hätten sie seit Jahren nichts anderes getan.
    “Mein Gott, bin ich froh, dich zu sehen …”
    “Wo ist sie?”
    “Ich weiß es nicht.” Während sie gemeinsam die letzten paar Meter zum Glendower Building gingen, kramte er in seiner Hosentasche nach dem Schlüssel. In den umgebauten Lofts, den Boutiquen und dem koreanischen Elektronik-Laden, die sich allesamt in den straßenseitig gelegenen Räumlichkeiten der ehemaligen Ziegelfabrik befanden und mittlerweile leer standen, war es dunkel. Das trübe Licht der Laternen verwandelte das Schaufenster des Owl Café hinter seinem eisernen Schutzgitter in ein gelblich schimmerndes Viereck. Die Zufahrten und Verbindungswege zwischen den Gebäuden glänzten pechschwarz und waren spiegelglatt, und die Kälte hatte sogar den Gestank nach altem Müll und verstopften Abflussrohren beseitigt, der sich sonst in jeden Zentimeter von Manhattan gefressen zu haben schien. Zwischen den kantigen Umrissen der hohen Häuserwände hatte eine schwarze Wolke den Nachthimmel in ein mattes Nichts verwandelt.
    “Sie ist heute Abend nach dem Ballettunterricht bei Darth Irving noch geblieben und hat gefragt, ob ich

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