In deinen Armen (German Edition)
verband sie jedoch eine ganz besondere Historie. Dieser Kerl hatte sie jahrelang mit allem Möglichen aufgezogen: ihren Klamotten, ihrem Handy, ihren komischen Haaren und ihrer Zahnspange. Sie konnte tun, was sie wollte, er hatte immer einen Grund gefunden. Und nun plötzlich hatte er ihr sehr deutlich gezeigt, dass er scharf auf sie war. Seine Erregung, seine Hitze, sein heißer Atem. Auf ein Mal war sie nicht mehr das Ziel seines Spotts sondern sein neuestes Opfer. Warum?!
»Ich muss mir die Beine vertreten!« Emma löste sich von Diana und stand auf. Geduld gehörte nicht zu ihren Stärken und sie lief auf und ab. Obwohl so viele Jahre vergangen waren und sie nicht mehr das draufgängerische Mädchen von früher war, musste Mario sie mühelos erkannt haben. Schön für ihn! Sie ihn jedoch nicht. Lässige Jeans mochte er schon damals getragen haben, aber das knitterfreie weiße Hemd hatte einen völlig anderen Menschen aus ihm gemacht. Seit wann sah Mario außerdem wie ein richtiger Mann aus? Woher kamen diese leicht definierten Muskeln? War er schon immer einen Kopf größer als sie gewesen? Und hatte er schon immer diese tollen blauen Augen gehabt? Sie musste damals ja ziemlich blind gewesen sein. In Gedanken versunken kickte sie einen Stein vom Weg.
»Hey, die Auffahrt kann nichts dafür!«, rief Diana.
»Sicher?«, lächelte Emma, doch die Leichtigkeit war nur vorgetäuscht. Am schlimmsten war, dass sie die Begegnung mit Mario genossen hatte, als hätte sie ihr ganzes Leben darauf gewartet. Emma spürte das Prickeln auf der Haut, als sie sich ihr Zusammentreffen wieder vor Augen rief. Sie hatte ja schon manches Date erlebt, aber noch nie hatte ihr Herz Luftsprünge gemacht und noch nie hatte sie jemanden so gewollt, wie Dianas Bruder vor fünf Minuten, als sie noch nicht wusste, dass er Dianas Bruder war. Seine Nähe, sein Geruch, es hatte sich so richtig angefühlt. So, wie sie es sich immer erträumt hatte. Bis sie erwachsen geworden war und eingesehen hatte, dass solche Begegnungen im wirklichen Leben nicht vorkamen – nur in Hollywood. Und jetzt das! Sie schüttelte sich. Bestimmt lag das nur daran, dass sie zu lange in dem kleinen, heißen Auto gefahren war und der Jetlag noch in ihren Knochen steckte. Oder daran, dass ihre eigene Beziehung zu ihrem amerikanischen Kollegen John in einer Krise steckte. Mario Torriani war ein Idiot und daran würde sich nichts ändern! An diesem Wochenende schon mal gar nicht! Entschlossen ballte Emma ihre Hände zu Fäusten, als endlich ihr Wagen die Einfahrt hochgezogen wurde.
»Ihr habt nicht zufällig eine Werkstatt in der Nähe?«, fragte Emma. Wie sollte sie sonst wieder wegkommen?
»Du willst doch wohl nicht auf meiner Hochzeit schmierige Mechaniker herumlaufen lassen!«, protestierte Diana entsetzt und musterte die Schrottkarre alles andere als begeistert.
»Okay, okay, ich lass mir was einfallen.« Emma kaute auf ihrer Lippe herum. Sie hatte schließlich ihren Laptop mitgenommen. Online müsste sich doch ganz schnell ein Pannenservice finden lassen, der nichts Besseres zu tun hatte, als auf einer Hochzeit ein Auto zu reparieren.
»Vielleicht kann ja einer der Männer mal schauen«, lenkte Diana ein und versuchte, Emma aufzuheitern.
»Sag bloß, dein zukünftiger Göttergatte kann nicht nur gut mit Geld umgehen, sondern ist auch Automechaniker?« Emma wurde gleich wieder munterer.
»Nein, aber mein Götterbruder kann das.«
Emma verdrehte die Augen. Das fehlte ihr noch: Marios muskulöser Körper unter ihrer Motorhaube.
»Ich weiß, was du denkst, Emma, aber Mario tüftelt gerne herum.« Diana fand ihre Idee von Mal zu Mal besser und das Grinsen in ihrem Gesicht verhieß nichts Gutes.
»Das letzte Mal, als ich ihn habe tüfteln sehen, hat die Sprinkleranlage den Garten gesprengt«, erinnerte Emma ihre beste Freundin. »Ich weiß nicht, ob ich dieses Schicksal auch meinem Auto wünsche.« Diana und Emma brachen beide so wie damals in schallendes Gelächter aus. Der Garten hatte einem Schlachtfeld geglichen. Umgepflügte Sträucher, zerstreuter englischer Rasen und mittendrin hatte Mario gestanden, der es nicht gewesen sein wollte.
»Denk darüber nach!«, meinte Diana.
Emma nickte und wischte sich Lachtränen aus den Augenwinkeln, dachte aber nicht im Traum daran. Sie schnappte sich all ihre Sachen. »Ich geh mich frisch machen! Bis gleich, Diana!«
4
Gut gelaunt schlenderte Diana in den Garten, der seit seiner Sprengung schöner war als je zuvor.
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