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In deinen Armen

In deinen Armen

Titel: In deinen Armen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Dodd
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Paravent verschwand, um ihr Nachtkleid anzuziehen, war ihr bereits bewusst gewesen, dass er jede ihrer Bewegungen belauschte, ihre Unterröcke rascheln hörte. Sie hatte vorsichtig das Kleid ausgezogen, das Nachthemd über den Kopf gestreift und sich darunter ihrer Unterwäsche entledigt, um nur ja keine Haut zu zeigen. Als hätte er sie sehen können!
    Dann hatte sie den Morgenmantel umgelegt, war barfuß hinter dem Wandschirm hervorgeschlichen und hatte das Zimmer durchquert, ohne genau hinzusehen, ob er sie immer noch beobachtete – wohl wissend, dass er es tat. Sie hatte die Kerzen ausgeblasen, alle bis auf eine. Die hatte sie für den Fall brennen lassen, dass er noch einmal erwachte und sie brauchte. Und diese eine Kerze, das wusste sie, warf genug, Licht, dass er sie, falls ihm danach war, beobachten konnte, wie sie den Morgenmantel ablegte und ins Bett glitt.
    Natürlich hatte er sie beobachtet. Daran bestand kein Zweifel.
    Die Erinnerung ließ sie aufspringen. »Ich könnte dir etwas zu essen holen.«
    »Ja.« Anscheinend hatte ihre Standpauke vom Tag zuvor durchschlagenden Erfolg gehabt, denn er setzte hinzu: »Bitte.«
    »Gut.« Sie legte das Buch auf den Stuhl und machte höflich Konversation. »Es freut mich, dass du Hunger hast.«
    »Warum?« Er lümmelte im Bett und feixte. »Warum sollte es dich kümmern, ob ich lebe oder sterbe, wenn ich dir doch so egal bin?«
    So viel zum Thema höfliche Konversation. »Je mehr du isst und trinkst, desto weiter entfernst du dich vom Gespenst des Todes, und das gefällt mir, auch wenn du ein Erzschurke bist. Ich habe zu hart dafür gearbeitet, dich ins Leben zurückzuholen, als dass etwas anderes akzeptabel wäre.« Sollte er das erst mal verdauen! »Ich bin bald zurück.«
    Der Ausflug nach unten brauchte gerade mal eine Minute, und so ungern sie MacLean auch allein gelassen hatte, während er sein Bad genommen hatte, jetzt verabscheute sie die Vorstellung, zu ihm zurückzukehren. Warum musste er so unausstehlich sein? Wenn er sich wirklich nicht an ihre Ehe erinnerte, auch gut. Aber warum musste er sie erst ausfragen, um dann allem, was sie sagte, offenkundig zu misstrauen? Er hielt sich selbst für einen besseren Menschen, als er es war, und hielt sie deshalb für schlechter, als sie es war. Das war nicht fair, und sie straffte die Schultern, als sie mit einer Schüssel Eintopf und einer Schöpfkelle die Treppe hinaufstieg.
    Er wartete nicht einmal ab, bis sie halbwegs im Zimmer war, bevor er wieder auf sie losging. »Wir haben uns also entfremdet«, sagte er.
    »Ja.« Sie stellte alles auf den Tisch und griff nach einem der Becher, die Mrs. Brown ihr dagelassen hatte.
    »Lebst du in meinem Haus?«
    »Nein.«
    Verärgert platzte er heraus: »Frauen reden doch so gerne Nie halten sie den Mund. Warum willst du nur nicht reden?«
    Sie schlug die Schöpfkelle so fest an den Becher, dass er einen Sprung bekam.
    »Sprich mit mir, Frau. Wo bist du gewesen? Was hast du gemacht?«
    Mit einem Maß an Geduld, wie es für eine Frau, der man so böse mitgespielt hatte, schon nicht mehr vernünftig war, füllte sie einen neuen Becher. »In England gelebt.«
    »Allein?«
    Sie hielt inne, den Becher in der Hand, und starrte ihn an. »Willst du mir unterstellen, ich hätte einen Liebhaber?«
    Sein Blick verweilte auf ihren Lippen, und seine Mundwinkel zuckten. »Nein. Nicht sehr wahrscheinlich.«
    Was meinte er damit – und warum lächelte er?
    »Wie lange lebst du schon in England?«
    »Mein ganzes Leben lang.«
    »Du kannst nicht älter als fünfundzwanzig sein.«
    »Sechsundzwanzig.«
    »Wie alt warst du, als wir geheiratet haben?«
    »Siebzehn.«
    »Da warst du noch ein Kind!«
    »Das ist eine Beschönigung.« Sie setzte ihr Lächeln ein wie einen Dolch. »Eine Idiotin war ich, das sage ich mir immer wieder.«
    »Wir waren also kein Jahr lang zusammen?«
    »Sehr gut«, gratulierte sie ihm. »Trotz des Gedächtnisverlustes beherrschst du immer noch die Kunst des Rechnens. Wir waren genau drei Monate lang zusammen.«
    Trotz ihres schroffen Tonfalls besaß er doch die Unverschämtheit, seinerseits einen blasierten Ton anzuschlagen. »Siehst du, du kannst sehr wohl sprechen.«
    Den dampfenden Becher in der Hand, überlegte sie kurz, ihm den Eintopf in den Schoß zu kippen. Nein, doch lieber nicht. Aber nur, weil es nicht fair gewesen wäre. Nicht solange er nicht aufspringen und sich kaltes Wasser über die Unterhosen schütten konnte. Aber wenn er erst stehen konnte …
    Er

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