In deinen Armen
Über kurz oder lang würde er die Wahrheit erkennen. »Schön«, sagte sie.
Er machte mit Packen weiter. »Als wir bei Granny Aileen waren, ging es los …«
»Granny Aileen?«
Wieder schaute er sie an, diesmal grinsend. »Ihre Hütte, meine ich, in der Senke.«
Sie konnte nicht an die Hütte denken, ohne sich an diesen Nachmittag voll aufwühlender Leidenschaft zu erinnern, der in einen Abend des langsamen, zarten Liebens übergegangen war, der in eine Nacht voller warmer Umarmungen und gewisperter Liebesworte geführt hatte.
»Ich hätte nie gedacht, dass ich mich einer solchen Situation wieder gewachsen zeigen könnte. Aber du hast mich so lange Zeit umsorgen müssen, und ich wollte dich immer nur glücklich machen. Habe ich dich glücklich gemacht?« MacLean berührte ihre Wange. »Enid?«
»Ja.« Sie versuchte, ihn anzulächeln, aber ihre Lippen bebten. »Ich werde immer in Ehren halten, was wir beide erlebt haben.«
Nachdem er sie zum ersten Mal genommen hatte – nachdem sie ihren Schwur gebrochen und sich ihm hingegeben hatte – hatte sie Vernunft und Moral über Bord geworfen und ihm im Wasserbecken bei der Hütte beim Baden geholfen. Das wiederum hatte zu einer Episode im Gras geführt, bei der er unten gelegen hatte, weil der Fels ihren Rücken schon genug zerkratzt hatte.
Und er hatte sich im Gras eine Art Hautausschlag eingefangen.
Also hatten sie einander noch einmal gewaschen. Schließlich hatte er eine Decke geholt, und sie hatten nebeneinander in der Sonne gedöst und die Wärme eingesogen.
Beide hatten sie einen kleinen Sonnenbrand davongetragen und jede Menge Mückenstiche.
Als die Sonne hinter den Bergen verschwunden war und die Kälte sie frösteln ließ, waren sie in die Hütte gegangen. MacLean hatte das Feuer entzündet und von dem kalten Pie aufgetischt, den er am Abend zuvor gekauft hatte. Die Bauersfrau war keine wirklich gute Köchin gewesen; die Hälfte der Kruste war verbrannt. Aber sie hatten alles aufgegessen und nachdem der Hunger gestillt war, das Bett gemacht und eine andere Art von Hunger ergründet. Und mitten in der Nacht war sie erwacht, weil er dabei war, sie noch einmal auf eine erotische Reise mitzunehmen, wie sie es sich nie hätte erträumen können.
Sie hätte schockiert sein müssen über ihre Zügellosigkeit.
Sie hatte sich gewünscht, es würde noch länger dauern.
Die Kratzer auf ihrem Rücken und der Sonnenbrand, der sich über ihre ganze linke Seite erstreckte, störten sie nicht. Sie dachte nur an die Erinnerungen, die ihr bleiben würden. Erinnerungen an eine magische Zeit, kurz zwar, aber wundervoll und fernab der Realität. Sie wusste, sie hatte ihre moralischen Grundsätze verraten. Sie wusste, die Wahrheit würde sie bald schon einholen. Doch nichts würde sie je die kurzen Stunden in Granny Aileens Hütte vergessen machen. Sie gehörten ihr. Und sie würde sie auch gut pflegen müssen – denn MacLean war dabei, seine Erinnerung wiederzufinden.
MacLean legte ihr die Hand um die Taille. »Wir haben einen guten Tag erwischt, um nach Mull überzusetzen. Mäßiger Wind, bedeckter Himmel und ruhiger Seegang.« Sie sah auf die aufgewühlte See hinaus und hoffte, nie heftigen Seegang zu erleben.
»Ich schätze, in fünf Stunden oder so rudere ich uns da rüber.«
»Du kannst nicht fünf Stunden am Stück rudern. Du hast gerade das Krankenlager verlassen!«
Er lachte nicht über den albernen Einwurf, sondern nahm ihn so ernst wie ein jeder Mann ihn nehmen würde, der gerade ganz Schottland zu Fuß durchquert hatte. »Ich werde hin und wieder eine Pause einlegen.«
»Wir haben aber keine fünf Stunden mehr, bevor es Nacht wird!«
»Ich finde die Insel auch im Dunklen.« Er streifte ihr einen Kuss auf die Lippen. »Ich mache das Boot los, dann springst du hinein und hilfst mir beim Abstoßen. Schaffst du das?«
»Natürlich«, sagte sie betroffen.
»Braves Mädchen.« Er warf die Tasche über die Schulter und küsste sie rasch noch einmal. »Auf dich ist immer Verlass.« Er erhob sich, sprang über die Fässer und Netze und landete leichtfüßig in dem kleinen Boot. Es geriet ins Schaukeln, aber jemand wie MacLean, der die See kannte, stellte sich sofort breitbeinig hin. Er löste das Tau und winkte ihr zu.
Ihr Herz pochte wie wild, als sie sich erhob, doch sie schlenderte gelassen den Pier entlang.
»Was machst du denn?«, rief er. »Beeile dich.«
Sie blieb am Boot stehen und streckte ihm die Hand hin. »Wenn ich schon ein Boot stehlen muss,
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