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In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition)

In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition)

Titel: In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Fox
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gefahren.
    Der behandelnde Arzt hatte zu Protokoll gegeben, wegen der Quetschungen an Oberarmen und Rücken des Säuglings habe er Kindsmissbrauch vermutet. Das Kind lag bereits im Koma und reagierte auch auf schmerzhafte Reizungen nicht. Es hatte schwere Hirnschäden erlitten. Eine Computertomographie des Gehirns bestätigte eine schwere intrakraniale Blutung. Den Aufzeichnungen zufolge wurde das Kind an ein Beatmungsgerät angeschlossen, es verstarb allerdings, bevor es gelang, den Druck auf das zarte Gehirn zu mindern.
    So weit unterschied sich diese Geschichte in nichts von einem Dutzend anderer Fälle, an die Anya sich erinnerte. Jeder davon war ihrem Gedächtnis unauslöschlich eingebrannt. Der Lebensgefährte sagte aus, das Mädchen sei zur gewohnten Zeit eingeschlafen und habe die ganze Nacht durchgeschlafen. Er hatte keine Erbrechensgeräusche gehört und keinerlei Veranlassung gehabt, davon auszugehen, dass irgendetwas nicht stimmte.
    Anya seufzte. Wie oft hatte sie das schon mit anhören müssen. War es nicht erstaunlich, wie ein Aufpasser keine Ahnung haben konnte, was im Haus vor sich ging, wenn die meisten Eltern schon auf das geringste Geräusch reagierten, sobald es um ihre Kinder ging. Sie nahm sich den Autopsiebericht vor.
    Alf Carney hatte den äußeren Befund protokolliert. Multiple Quetschungen von einer Größe zwischen 0,5 cm und 3,5 cm. Bei einem so kleinen Körper waren diese Verletzungen alles andere als normal. Die runden, schwarzen Hämatome auf beiden Oberarmen, die auf den Fotos zu sehen waren, deuteten auf Fingerdruckstellen hin. Die größten davon befanden sich auf den Armvorderseiten, wo sich die Daumen eingegraben haben mussten, wenn man das Kind in aufrechter Position gehalten hatte. Weiter fanden sich Quetschungen über dem Schlüsselbein und den Rippen der rechten Seite.
    Auf dem Rücken befanden sich rote, kreisförmige Wunden, die, wenn sie sich seit dem Eintritt des Todes auch ausgeweitet hatten, exakt nach Zigarettenbrandmalen aussahen. Die Röntgenaufnahmen der Autopsie zeigten multiple Frakturen – Schlüsselbein und hintere Rippenabschnitte, sowie eine partiell kollabierte rechte Lunge. Anya schloss die Augen und stellte sich das Martyrium vor, das dieses kleine Kind in seinem so kurzen Leben erlitten hatte. Sie dachte an ihren eigenen Sohn Benjamin im selben Alter. Alles, was er gesehen hatte, hatte er angegluckst, angelallt und angelächelt. Und es war ihr noch sehr präsent, wie viel Zärtlichkeit er bekommen hatte, wenn seine Eltern sich damals auch längst auseinandergelebt hatten.
    Anya trank einen Schluck Wein und suchte nach der Erklärung der Mutter für diese Wunden und Verletzungen. Offenbar hielt sie die Verbrennungen auf dem Rücken des Kindes für Ekzeme, und Quetschungen waren bei einem Kind ganz normal.
    Anya konnte sich nicht vorstellen, dass eine Mutter zu einem solchen Akt der Verdrängung fähig sein konnte, und so kam ihr ein weit beunruhigenderer Gedanke. Womöglich hatte die Mutter an der Misshandlung ihres Babys mitgewirkt, wenn sie nicht gar die einzige Täterin gewesen war.
    Der Obduktionsbericht wies zunächst keine Auffälligkeiten auf, und Carney hatte retinale Einblutungen, also kleine punktförmige Blutungen an der Augenrückwand, dokumentiert, wie sie typischerweise auftreten, wenn ein Baby stark geschüttelt wird. Die Befunde der Mikroskopie wurden kaum kommentiert, deuteten aber, soweit sie in den Bericht mit aufgenommen waren, ebenfalls auf schwere körperliche Misshandlungen hin. Auffallend war das Fehlen histologischer Befunde zu Lunge und Blutproben, respektive Blutkulturen. Es war offenbar ein reiner Routinefall, und Anya vermutete schon, man habe ihr den falschen Bericht zur Begutachtung vorgelegt, doch dann las sie Alf Carneys Fazit.
    Auf einem Abstrich der rechten Lunge hatte sich eine geringe Zahl E.-coli-Bakterien vermehrt, durch den Kontakt mit der Tischoberfläche bei einer Autopsie nichts Un übliches, der Pathologe aber zog daraus den Schluss, zum Zeitpunkt des Todes habe eine Sepsis und schwerste Infektion bestanden.
     
    »Todesursache: Intrakraniale Blutung mit Großhirnödem, daraus resultierend schwere Schädigung des Gehirngewebes. Auslösende Faktoren sind:
    1. E.-coli-Pneumonie und Sepsis. Wahrscheinlichster Grund für die erhöhte Blutungsneigung, die als Auslöser der Hämatome, der retinalen Einblutungen sowie der schweren intrakranialen Blutung zu gelten hat, sind die von den Bakterien freigesetzten

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