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In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition)

In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition)

Titel: In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Fox
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einen der Jugendlichen im Zimmer hin. Dies stellte sich als der gewichtigste Beweis heraus. Während der Verhandlung war dann die Bettwäsche auf geheimnisvolle Weise aus der Asservatenkammer verschwunden. Mochte es nun mit Vorsatz geschehen sein oder aus reiner Inkompetenz, die Sache der Anklage hatte schweren Schaden genommen.
    Jennifer rückte sich Perücke und Robe ein weiteres Mal zurecht, während sie zusah, wie die Menschen zum Verhandlungssaal strömten. »Ich gehe jetzt besser rein.«
    Das einzige Beweismittel, das der Staatsanwaltschaft zur Verfügung stand, war eine Urinprobe mit Spuren von Rohypnol, auch K.o.-Tropfen genannt.
    »Viel Glück«, sagte Anya, hauptsächlich zu sich selbst.
    Naomi kam von der Toilette zurück und trocknete sich das Gesicht mit einem Papiertuch. Die Mutter legte ihr schützend den Arm um die Schultern. Anya dachte an Louise Richardson und ihre Leidensgenossinnen, die jeden Augenblick ihrer Vergewaltigung bewusst durchlitten hatten, und doch empfand sie Naomis Situation als besonders schlimm. Nicht zu wissen, was in dieser Nacht geschehen war, war in gewisser Weise die traumatischere Erfahrung. Durch das Betäubungsmittel hatte ihr Gehirn funktioniert wie eine Videokamera ohne Aufnahmeschalter. Sie hatte keinerlei Erinnerung gespeichert, die sich wieder abrufen ließe, ganz gleich, wie hart sie auch darum rang. Alles, was die junge Frau hatte, waren ihre Fantasie und ihre Ängste, und das konnte furchterregender sein als die Vergewaltigung selbst.
    »Können Sie nicht wenigstens heute bei mir bleiben?«, flehte das Mädchen.
    Anya seufzte. »Es tut mir so leid, aber es ist entscheidend, dass die Geschworenen mich für unabhängig halten. Wenn ich dir da drin beistehe, werden sie meine Ausführungen in Zweifel ziehen. Und das würde dir nur schaden.« Sanft streichelte sie Naomis Arm. »Mary muss jeden Moment kommen. Sie wird für dich da sein, so lange du sie brauchst.«
    Keuchend traf die dienstälteste Therapeutin der Station für sexuelle Übergriffe vor dem Gerichtsgebäude ein, bat um Verzeihung und führte ihre Schutzbefohlene in den Verhandlungssaal. Jennifer Beck saß bereits in ihrer Bank, als Anya leise in den Saal schlüpfte und sich ganz hinten niederließ.
    Augenblicke später setzte Jennifer zu ihrem Schlussplädoyer an.
    Beim Zuhören dachte Anya an die Demütigungen, die Naomi sowohl im Hotelzimmer als auch während der vielfachen Befragungen durch die Polizei und im Zeugenstand hatte erdulden müssen. Die jungen Männer hatten Veronica Slater angeheuert, eine für ihre Skrupellosigkeit bekannte Verteidigerin.
    Wenn Veronica ihr Opfer ins Kreuzverhör nahm, war das so, als sähe man einer Wölfin beim Zerfleischen eines Lämmchens zu. Anya konnte sich vorstellen, dass Naomi bei ihren Fragen zusammenbräche. Und was sollte sie auch anderes tun? Sie konnte sich an keines der Ereignisse jener Nacht erinnern, und genau das hatten die Täter ja beabsichtigt.
    Jennifer Beck beendete ihr Plädoyer und nahm wieder Platz.
    Veronica Slater stand auf, kaum mehr als einen Meter fünfzig groß, aber auf Absätzen, vor denen selbst ein Supermodel zurückgeschreckt wäre.
    »Das vorgebliche Opfer ist also der Meinung, ihr wäre in diesem Hotelzimmer etwas Furchtbares widerfahren. Genau genommen ist sie allerdings gar nicht einmal sicher, dass sie das meint. Denn sehen Sie, sie kann sich weder an das Hotelzimmer noch an die Angeklagten erinnern, mit denen sie beim Abschlussball immerhin noch getanzt hat. Sie kann niemanden identifizieren, der sie angeblich überfallen haben soll, ja, es gibt nicht einmal einen manifesten Beweis dafür, dass ihr überhaupt ein Leid zugefügt wurde. Dr. Crichton hat uns die Abschürfungen an ihrer Nase erklärt. Diese junge Frau verlor auf dem Teppichboden des Hotelzimmers das Bewusstsein. Das wird von niemandem in Abrede gestellt. Diese beiden jungen Männer, Freunde seit Kindertagen« – sie betonte das Wort – »halfen ihr auf die Couch, damit sie es bequemer hätte. Sie hoben also diese bewusstlose Frau mit einem Körpergewicht von, na, sagen wir fünfundachtzig Kilo hoch?« Sie legte eine Pause ein und deutete zur besseren Wirkung auf Naomi.
    Toll, dachte Anya, jetzt verhandeln wir auch noch über das Gewicht des Mädchens.
    Veronica fuhr fort: »Diese jungen Männer haben keine Erfahrung darin, betrunkene Frauen zu tragen. Also taten sie es, so gut sie konnten, und sie hievten sie etwas unbeholfen auf die Couch.« Sie hielt inne und

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