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In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition)

In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition)

Titel: In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Fox
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Knoten.
    Unter dem Wetterbericht lag ein Foto von Geoffrey Willard mit ausgestreckten Armen bei der Verhaftung. Die Brustpartie seines T-Shirts war mit Blut verschmiert. Er schien keinerlei Verletzungen an den Armen zu haben. Es fanden sich keine »Stecherwunden«, die entstehen, sobald die Hand des Angreifers über den Messergriff auf die Klinge rutscht. Auch seine Hände wiesen weder Kratzer noch Blutergüsse auf. Womöglich hatte Eileen Randall weder die Zeit noch die Kraft gehabt, sich gegen Willard zur Wehr zu setzen.
    Sie blätterte zurück zum Autopsiebericht. Den Todeszeitpunkt hatte Alf Carney zwischen ein und zwei Uhr morgens angesetzt, die Zeit also, zu der man Willard bei der Leiche angetroffen hatte. Die Einschätzung basierte auf dem Mageninhalt und dem Zeitpunkt der letzten Mahlzeit. Anya schrieb: »Todeszeitpunkt fraglich«, und unterstrich es doppelt.
    Der Todeszeitpunkt war einer der am häufigsten falsch verstandenen Aspekte der Pathologie und eines von Anyas Lieblingsärgernissen. Ehemalige Kriterien wie die Analyse des Mageninhalts hatten sich längst als ungenau erwiesen. Das Tempo der Verdauung konnte derart variieren, dass es nur einen höchst unzuverlässigen Gradmesser abgab.
    Bei der Untersuchung der Geschlechtsteile wurde Sperma in der Scheide gefunden. Die einzigen damals verfügbaren Tests ließen auf einen Ejakulator mit Blutgruppe Null-Negativ schließen.
    Anya nahm sich einige der Tatortfotos noch einmal genauer vor. Die Beweissicherung am Strand erwies sich angesichts der Gezeiten oft als problematisch. Sie hatte sich schon öfter gedacht, der beste Ort, um einen Mord zu begehen, war auf hoher See, oder wenn schon am Strand, dann am besten während eines Sturms.
    Sie las die Befunde zu den Organsystemen im Autopsiebericht. Es hatte sich zwar weder im Kehlkopf noch in der Lunge Salzwasser befunden, Carney hatte aber welches in der Pleurahöhle zwischen Lunge und Rippen entdeckt. Mittels der Testfleckenmethode hatte er den Chloridgehalt im Herzen eruiert. Das erbrachte keinen Hinweis auf Salzwasserinhalation. Trotz der durchnässten Kleidung: Eileen Randall war nicht ertränkt worden. Wenigstens war Carney gründlich genug gewesen, das zu überprüfen, dachte sie. Vielleicht war die Kleidung wegen der hohen Luftfeuchtigkeit in dieser Nacht so nass. Sie zeichnete ein Fragezeichen auf ihren Block.
    Beim Durchblättern der histologischen Befunde auf der letzten Seite stach Anya etwas ins Auge, was sie noch nie zuvor gesehen hatte. In der Pleurahöhle hatte sich eine Art Befall gebildet, mutmaßlich durch Krebslarven.
    Sie legte eine Pause ein und ging über ihren Laptop ins Internet. Krebslarven lebten ausschließlich im Wasser. Im Sand traten sie nicht auf. Anya schauderte. Die winzigen Lebewesen waren durch die Einstichwunden gekrabbelt. Das war die einzig plausible Erklärung. Wahrscheinlich würde sie künftig keine Krabben mehr essen.
    Ermüdet fragte Anya sich, wieso das Foto des jungen Geoff Willard ihn mit einer nicht allzu großen Blutspur auf dem T-Shirt zeigte. Wenn er über dreißig Mal auf Eileen Randall eingestochen hatte, wieso hatten ihre Verletzungen ihn dann nicht von oben bis unten bespritzt und besudelt? Und, was noch viel entscheidender war: Weshalb ging Carneys Autopsiebericht mit keinem Wort darauf ein?

28
    Das Rauschen der Meeresbrandung weckte Anya am nächsten Morgen. Ein nächtlicher Sprühregen hatte die Luft auf die ideale Schlaftemperatur abkühlen lassen. Sie blieb noch eine ganze Weile liegen, toastete sich dann eine Scheibe Brot nur auf einer Seite und ging ein wenig spazieren. Auch in der Nachsaison war in Fisherman’s Bay einiges los. Ältere Pärchen schlenderten Hand in Hand über den Strand, und Angler warteten geduldig auf den nächsten großen Fang. Jauchzend vor Vergnügen jagten Kleinkinder die Wellen und nahmen Reißaus, so schnell ihre Knubbelbeinchen es erlaubten.
    Am Ende des Strandes, gegenüber des Spielplatzes, stand ein Kiosk. Sie kaufte eine Zeitung und fragte den Mann an der Ladentheke, ob er sich an die Randall-Sache erinnere. Der Inhaber schien alles andere als auskunftsfreudig.
    »Gehören Sie vielleicht auch zu diesen Pressefuzzis?«
    »Nein. Ganz bestimmt nicht. Sie wissen nicht zufällig, was aus dem damals verantwortlichen Polizisten geworden ist? Ich nehme nicht an, dass er noch im Dienst ist.«
    »Aber nie im Leben«, erwiderte der Mann. »Charlie Boyd ist schon seit Jahren im Ruhestand.«
    Nicht überrascht zahlte Anya die

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