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In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition)

In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition)

Titel: In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Fox
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Einheimische zu sein schienen.
    Auf dem Rückweg zum Strandhäuschen lungerten Jugendliche an den Ecken herum, manche fuhren Rad, andere johlten hinter Kneipengängern her, und alle rauchten. An der Langeweile und den Freitagabenden in einer Kleinstadt auf dem Land hatte sich seit ihrer eigenen Kindheit nichts verändert.
    Kaum in der Hütte angekommen, öffnete sie gierig die Flasche Wein, schlang den Hamburger hinunter – rote Beete inklusive – und verdrückte die Hälfte der Calamares. Wie kam es nur, dass die Düfte in diesen Imbissbuden sie immer wieder dazu verleiteten, mehr zu kaufen, als sie je essen konnte?
    Das gepolsterte Weidensofa erwies sich als wesentlich bequemer als gedacht. Sie stellte das Glas auf dem Holzboden ab und nahm sich die miefige Akte vor.
    Die halb bekleidete Leiche Eileen Randalls war um zwei Uhr nachts am zweiundzwanzigsten Mai am Strand von Koonaka gefunden worden. Dem Polizeibericht nach hatte eine einheimische Jugendliche, die mit der Verstorbenen befreundet gewesen war, einen Mann mit blutbespritzter Kleidung gesehen, der die Unterhose der Toten in der Hand gehalten hatte. Die Zeugin identifizierte den Betreffenden als Geoffrey Willard.
    Kurz zuvor war Willard wegen mutwilliger Beschädigung eines Autos festgenommen worden und hatte eine Verwarnung wegen antisozialen Verhaltens erhalten. Eine seiner ehemaligen Lehrerinnen sagte aus, Willard sei schon immer anders als andere Kinder gewesen und deshalb massiv gehänselt worden. Durch sein aufbrausendes Wesen handelte er sich immer wieder Ärger ein, vor allem, wenn ihn jemand aufzog oder sich über seine Lernschwierigkeiten lustig machte. Er gab sich in der Schule große Mühe und verfügte offenbar über ein gutes fotografisches Gedächtnis. Aber es bereitete ihm Probleme, Freunde zu finden und sich anzupassen. Gelegentlich wurde er verhaltensauffällig, die Lehrerin führte das aber auf sein Bedürfnis nach Beachtung zurück.
    Sein Chef in der Tankstelle schilderte Willard als harten Arbeiter, nur einmal sei er in Zorn geraten, als eine Einheimische ihn pervers genannt und nach einem anderen Tankwart verlangt habe. Daraufhin hatte der damals Achtzehnjährige ihr die Autotür eingetreten.
    Am Abend ihrer Ermordung war Eileen Randall im einzigen Kino des Städtchens gewesen. Willard hatte einer ihrer Freundinnen Avancen gemacht, woraufhin Eileen ihn aufgefordert hatte, »Leine zu ziehen«. Zeugenaussagen zufolge hatte er Eileen daraufhin beschimpft und als hochnäsige Zicke bezeichnet. Anschließend gingen alle miteinander zu Fuß nach Hause, und eine Freundin meinte, Eileen habe später am Abend noch ein Rendezvous mit einem geheimnisvollen »neuen« Jungen gehabt, dessen Namen sie aber nicht wisse.
    Diese Pubertätsmelodramen waren die reinste Seifenoper, fand Anya und trank einen Schluck vom moussierenden Pinot Noir. Die winzigen Bläschen tanzten im Glas. Hin und wieder hatte das Erwachsenendasein definitiv Vorteile. Sie konnte zu Hause Alkohol trinken, musste sich dafür nicht an eine Straßenecke stellen. Andererseits, manchmal war das Leben auch heute noch wie eine Seifenoper.
    Eileen hatte sich in dieser Nacht also ohne das Wissen ihrer Eltern fortgeschlichen und war ermordet worden.
    Anya breitete die verschiedenen Dokumente auf Sofa und Boden aus. Die Fotos im Autopsiebericht waren etwas verblasst, aber noch immer brauchbar. Der Oberkörper war mit multiplen, teils tiefen, teils oberflächlichen Stichwunden bedeckt. Der größte Teil der Wunden war ihr prämortal zugefügt worden. Ganz wie im Mordfall Dorman.
    Das polizeiliche Protokoll beschrieb die sichergestellte Kleidung als feucht. Auf der Jeans des Mädchens fanden sich Blutspritzer, die Füße aber waren ohne Spuren und sauber.
    Das fand Anya bemerkenswert. Wird jemand erstochen, so tropft für gewöhnlich, sofern der Körper nicht während der gesamten Zeit in der Horizontalen liegt, Blut auf Beine und Füße.
    Am Tatort befand sich augenscheinlich nur wenig Blut, allerdings konnte es zum Teil auch im Sand versickert und daher auf den Fotos nur schwer zu erkennen sein. An ihrem T-Shirt hafteten einige Haare, die sich später als nicht menschlichen Ursprungs, sondern vielmehr zu einem Hund gehörig herausstellten.
    Anya griff nach Block und Stift. »Nasse Kleidung, saubere Füße«, hielt sie fest. Mit dem Stift zwischen den Zähnen fahndete sie nach dem Wetterbericht. Zweiundzwanzig Grad Celsius, hohe Luftfeuchtigkeit, Windstärke zwanzig bis dreißig

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