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In deiner Hand

In deiner Hand

Titel: In deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Tintenfee Lewis
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Küchentisch. Die Papiertüten fielen polternd herunter. Mum kam schimpfend auf mich zugelaufen und schlitterte dank der zermanschten Eier quer durch die Küche. An der Kühlschranktür Halt suchend, verlor sie letztlich doch das Gleichgewicht und riss ihn um. Der Feind war besiegt und Mum lag, schimpfend wie ein Rohrspatz, neben dem Geschirrspüler und puhlte sich Rührei aus den Haaren.
Seufzend schlurfte ich ins Bad und gab ein erschrockenes Keuchen von mir.
„Ja, scheiß die Wand an …“, rief ich laut und drückte mein Gesicht fest gegen den Spiegel. Augenringe! Ich hatte in meinem ganzen Leben noch keine gehabt. Die Dinger sahen aus wie mit schwarzem Edding unter meine Augen gemalt, die blutunterlaufen und glasig in ihren Höhlen ruhten. Die Knautschfalten auf meiner blassgrauen Haut trugen nicht gerade zur Verbesserung meiner zermanscht wirkenden Fratze bei. Sogar meine Haare hingen kraftlos von meiner Birne. So fühlte ich mich ebenfalls. Kraftlos, matschig, als eiere ich auf Stelzen durch das Haus. Mir fehlte die Geduld für das dämliche Aufhübschen, also ließ ich Mum nach einer ausgiebigen Dusche an mein Gesicht.
„Rette was du kannst“, murmelte ich nur und deutete auf mich. Sie klatschte erfreut in die Hände, das hatte sie sich von irgendeinem blöden Anime abgeschaut, und pappte mir tonnenweise Zeugs auf die Haut, darauf bedacht, die großen Pflaster, die ich schon seit zwei Tagen aud meiner Wange kleben hatte, nicht mit Makeup vollzuschmieren. Später würde ich einen Meißel benötigen, um die Maske abzuklopfen.
Für mein Empfinden verließ ich das Haus viel zu früh. Mit hängenden Schultern und ununterbrochen stöhnend schlurfte ich zur Bushaltestelle. Der Busfahrer wartete so gern auf mich, dass er auch dieses Mal wieder ein hinreißendes Lächeln für mich übrig hatte. Okay, das war etwas übertrieben! Eigentlich starrte er mich an, als neige er dazu, mein Gesicht gleich auf dem Armaturenbrett zu zertrümmern. Der alte, unzufriedene Sack mit den buschigen Nasenhaaren grunzte unhöflich und gab sofort Gas. Wie ein Idiot stolperte ich quer durch den Bus und blökte eine niveaulose Beleidigung, die sofort mit entsetzten Lauten kommentiert wurde. Irgendjemand meinte etwas von missratener Kinderstube. Den pflaumte ich auch gleich zu und machte mich lauthals über seine spärliche Kopfbehaarung lustig. Er wurde blutrot und sprang bei der nächsten Haltestelle aus dem Bus.
„Das wäre doch nicht nötig gewesen!“, rief ich ihm nach, plumpste auf den freigewordenen Platz und streckte für die nächsten zehn Minuten die Beine aus.
Schule! Es gab weiß Gott Wichtigeres als Schule! Davon abgesehen, dass Mum gestern ganz offiziell ihre Verlobung mit Charles bekannt gegeben hatte, glaubte nun auch der halbe Ort, dass Erik und ich ein Paar waren! Fantastisch! Doch davon nicht genug! Der Blutsauger war an mich gebunden, ich durfte sein Trinkpäckchen spielen und musste allzeit meine Venen zur Verfügung stellen. Allein bei dem Gedanken grauste es mir bereits vor dem nächsten Mal. Was mir aber viel größere Sorgen bereitete, war Maliks gedankliche Abwesenheit. Seit wie vielen Tagen schwieg er? Zwei? Und das nachdem er so heftig von Erik in die Schranken gewiesen worden war. Jetzt wusste er, dass es Kontrahenten gab, die ihm die Stirn bieten würden. Gegner, die ihm an Kraft und Schnelligkeit das Wasser reichen konnten. Aber wollte ich das wirklich? So sehr Erik mich gedrängt hatte, gegen Malik anzukämpfen und mir schwor, dass er nicht zulassen würde, dass dieser mich erneut in die Finger bekam … wollte ich das wirklich riskieren? Völlig gleich, wie gut es sich einerseits anfühlte, nicht mehr allein mit dieser Last herumlaufen zu müssen, andererseits gefährdete das aber weitere Leben. Reichte es nicht, dass Mum und ich auf der Abschussliste standen? Mussten sich unbedingt noch mehr dazwischen drängen und die tödlichen Kugeln abfangen?
Jaja. Erik war unglaublich stark, er hatte mir im wahrsten Sinne des Wortes den Arsch gerettet und er schien ein netter Kerl zu sein, um mein Wohl besorgt, darauf bedacht, dass es mir gut ging. Aber war es diese Sache wirklich wert? War ich allen Ernstes bereit, sein Leben zu riskieren, damit ich mich aus Maliks Fängen retten konnte? Warum musste alles immer so kompliziert sein? Warum hätte Malik mich nicht einfach ficken und mich anschließend wandeln können? Dann wäre die ganze verdammte Scheiße endlich vorbei! Mum wäre in Sicherheit und Erik müsste

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