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In deiner Hand

In deiner Hand

Titel: In deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Tintenfee Lewis
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unter meiner Sohle zu spüren. Ich hasste es wie die Pest, rund um die Uhr in dieser Schule eingesperrt zu sein und nutzte für gewöhnlich sogar die zehn Minuten Frühstückspause um nach draußen zu fliehen. „Pass doch auf wo du hinläufst, Trampel!“, knurrte es neben mir. Unverkennbar Haiss. Ich blieb nur stehen, um mich zu vergewissern, dass seine Nase wirklich keine Verletzung aufwies. Immerhin spürte ich gerade jetzt allzu deutlich die Erinnerung an meinen Fausthieb und das Gefühl, als meine Hand sein Gesicht rammte. Ich zweifelte immer noch stark daran, mir das alles nur eingebildet zu haben. Allerdings fand ich einfach keine andere Erklärung. Nur kurz sah ich ihn an. Ich hätte es einfach lassen sollen. Ein einziger Blick in diese ätzenden hellblauen Augen und es war um mich geschehen. Mein Körper stellte sofort auf Angriffsmodus um. Ich schnaufte wie ein Bär und stolperte von ihm weg. Für Außenstehende musste es aussehen, als hätte er mich weggestoßen. Nur mühsam hielt ich mich unter Kontrolle. Haiss, dieser Idiot, glotzte mich die ganze Zeit über an. Warum verpisste er sich nicht einfach? So trug er nicht unbedingt zur Entschärfung der Situation bei. Dann streckte dieser Vollpfosten auch noch den Arm nach mir aus und flüsterte meinen Namen. Ihn aus diesem Mund zu hören war wie eine Beleidigung. Angewidert riss ich den Blick von ihm los, wirbelte herum und hetzte auf die kleine Schülertraube vor dem Schwebebalken zu. Ich konnte ja schlecht einfach abhauen. Das wäre zu viel Aufmerksamkeit an einem einzigen Tag! Jetzt fehlte noch, dass Haiss Gefallen an meiner Aktion in der Mittagspause gefunden hatte und mir nun wie ein sabbernder Trottel nachlief. Unwahrscheinlich! Dafür hatte er mich zu mordlüstern angestarrt. Oder war das auch nur in meinem Traum gewesen? Sofort erklärte ich mich bereit, irgendeinen beknackte Figur zu turnen. Es war mir gleich, dass ich total lächerlich dabei aussah und ununterbrochen mit den Armen ruderte, um mein Gleichgewicht zu halten, aber gerade das beruhigte mich. Hochkonzentriert starrte ich auf den schmalen Balken unter meinen Füßen und versuchte nicht daran zu denken, dass ich gerne jemand ganz speziellem den Arm brechen wollte. Ich war keine begnadete Bodenturnerin, dementsprechend fiel Mrs. Flachbretts Kommentar auch aus. Eigentlich verschränkte sie nur ihre mageren Arme vor ihrer nicht vorhandenen Brust und schüttelte den Kopf. Ich spürte Haiss Blicke aus der anderen Ecke der Turnhalle. Alles in mir spannte sich an wie ein Bogen kurz vor dem Abschuss. Ich musste mir dringend eine andere Beschäftigung suchen, sonst würde Blut fließen, was mir irgendwie Angst machte. Schließlich würde es nicht mein Blut sein! Ein kicherndes Mädchen hüpfte gerade an mir vorbei. Ich riss ihr das blöde Band aus der Hand und klammerte mich an dem dünnen Stab fest, an dem der Stoff befestigt worden war.
„Spinnst du?“, giftete sie. Ein Blick genügte und sie suchte schleunigst das Weite. Gut für die Kleine. Ungehalten wedelte ich mit dem dämlichen Teil in der Luft herum. Der Stoffstreifen wirbelte durch die Gegend. Wenn man den Arm weit genug abspreizte und den Stiel wie einen Zauberstab schwang, machte das Ding sogar richtige Kreise. Das Ende der Stoffbahn knallte und peitschte bei jeder ruppigen Bewegung. Ich stellte mir vor, dass Haiss vor mir stand und ich den schmalen Stab wie einen Reiterstock auf seinen Rücken schlug. Die roten Striemen auf seiner Haut würden mich ganz bestimmt befriedigen. Jemand rempelte mich an und riss mich aus meiner sadistischen Träumerei. Ich drehte mich zu dem Übeltäter um, um ihm verbal eins reinzuwürgen, verstummte aber sofort. Mir war, als suche dieser Penner meine Nähe, oder meine Faust. Wie dem auch sei. Haiss sah mich durch seine leicht zusammengekniffenen Lider an und rümpfte die Nase. Die Flügel bebten leicht und er verzog den schmalen Mund. „Sehnsucht nach Schmerzen?“, wollte ich wissen und schenkte ihm einen todbringenden Blick. Um meine Worte zu untermalen schwang ich das Stoffband besonders heftig. Das Ende knallte direkt gegen seine Wange, aber der Idiot war so mit Glotzen beschäftigt, dass er davon keine Kenntnis nahm. Er zuckte nicht mal mit der Wimper. Wieder war ich diejenige, die sich zurückzog. Natürlich nur, damit er heil davon kam. Die Gefühle die er in mir auslöste, bereiteten mir wirklich Sorgen. Nur einem einzigen Mann war es bisher gelungen, mich allein durch seine Anwesenheit so

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