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In deiner Hand

In deiner Hand

Titel: In deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Tintenfee Lewis
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oder Männern in Situationen zu, in denen sie die Fresse aufmachen sollten, es aber nicht taten. Ich hatte nie begriffen, wie man so seltendämlich sein konnte. Doch nun befand ich mich in genau derselben Situation. Erik war davon überzeugt, dass ich mit Brian geschlafen hatte. Dabei musste ich nur den Mund aufmachen und ihm die Sache erklären, aber meine Zunge war schwer wie Blei und regelrechte Todesangst peitschte in mir hoch.
„Erik“, brachte ich gerade noch flehend hervor. „Erik, bitte …“
Er hob die rechte Hand zum Schlag. Ich sah sie in Zeitlupe auf mich zukommen, die Fingernägel ungewöhnlich lang und messerscharf. Unwillkürlich riss ich die Arme schützend vor mein Gesicht und wartete auf den Schmerz. Stattdessen hörte ich nur ein ohrenbetäubendes Brüllen. Erik wurde zur Seite gerissen. Die beiden Vampire krachten laut gegen meinen Schreibtisch und zerlegten ihn, als sei er aus Pappe. Zu Tode erschrocken sprang ich vom Bett und hechtete auf die Tür zu. Gerade rechtzeitig. Brian und Erik schlugen so schnell aufeinander ein, dass nicht nur mein Bett darunter zu Bruch ging, sondern auch das Bücherregal. Cds und Bücher flogen quer durch die Gegend. Der Anblick war entsetzlich. Binnen weniger Sekunden stand fest, wer die meiste Erfahrung im Zweikampf besaß.
Brian riss Erik an der Kehle auf die Beine und hielt ihn wild schnaufend von sich weg. Beide bluteten aus allen möglichen Wunden auf meinen Teppich. Das Zimmer sah aus wie ein Schlachtfeld und die Luft flirrte immer noch von der brutalen Gewalt, die beide ausstrahlten.
„Wenn du sie noch ein einziges Mal anrührst … bringe ich dich eigenhändig um“, grollte Brian mit tiefer Stimme und ließ Erik los, der regelrecht in sich zusammenklappte. Er rollte sich auf dem Boden zusammen wie ein Hund und sah Brian so bösartig an, dass es mir den Atem nahm. Wüsste ich nicht von seinen tiefen Gefühlen, würde ich glauben, er hasse Brian bis aufs Blut.
Brian ließ ihn einfach liegen und drehte sich zu mir um. Keine Ahnung was sich in meinem Gesicht wiederspiegelte, aber er zögerte ehe er auf mich zukam. Es wäre völlig normal gewesen, vor ihm zurückzuweichen, allerdings verspürte ich den Drang gar nicht. Viel lieber hätte ich mir einen Verbandskasten geschnappt und ihm mit einer Kompresse das Blut aus dem Gesicht getupft. Brian nahm einfach meine Hand und zog mich hinter sich her und die Treppe runter.
Über die Schulter warf ich einen kurzen Blick auf Erik, der sich Blut vom Kinn wischte. Erik starrte mich an. Wie würde ich mich wohl fühlen, fälschlicherweise in dem Glauben, dass der Mann, den ich von ganzem Herzen liebte, gerade mit der Person geschlafen hatte, der ich irgendwie als Freund vertraut hatte? Ganz bestimmt lag es nur an seinem vampirischen Temperament, dass er so ausgeflippt war. Er wollte mich doch nicht wirklich umbringen! Erik kniff die Augen zusammen. Unbehagen packte mich wie eine eisige Klaue im Genick. Ein stilles Versprechen, dass die Sache noch nicht ausgestanden war. Irgendwo in meinem Hinterkopf begann eine kleine Alarmglocke leise zu läuten. Mein Herz stolpert erschrocken. Ich bildete mir ein, dass die Raumtemperatur stieg. Die Luft im Erdgeschoss fühlte sich sogar noch wärmer an. Brian nahm davon keine Notiz und bugsierte mich in die Küche.
„Möchtest du einen Tee?“, fragte er vorsichtig. Abgelenkt von meinen Herzrhythmusstörungen reagierte ich gar nicht. Sofort ging er neben mir in die Knie. „Verry. Er hat mir keine Wahl gelassen!“
„Hmm?“ Ein bisschen verpeilt sah ich ihn an. Irgendetwas näherte sich. Eine dunkle Ahnung, die zuerst nur als schwarzer Fleck in meinem Kopf umhergeisterte. Brian griff nach meiner Hand. „Erik hat dich angegriffen, Verry. Ich musste ihn aufhalten!“
„Ja. Ja. Natürlich!“, ich nickte und griff mir mit der anderen Hand in den Nacken. „Spürst du das auch?“
Brian sah mich fragend an. „Was?“
„Ich weiß nicht.“ Der schwarze Fleck formte sich zu einem großen, wabernden Schatten. Mir brach der Schweiß aus. „Da ist irgendetwas“, flüsterte ich und sah an Brian vorbei. Die Küchentür stand offen. Ich erhob mich langsam von meinem Stuhl und jeder Schritt auf den Flur zu, war wie ein Kampf gegen meinen Selbsterhaltungstrieb. Aus irgendeinem Grund wollte ich viel lieber in die andere Richtung rennen.
Ich blieb im Türrahmen stehen. Erik fiel mir ins Auge, der auf dem obersten Treppenabsatz stand. Er blickte mit zusammengebissenen Zähnen zur Haustür.

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