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In Den Armen Der Finsternis

Titel: In Den Armen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Menschen beobachtet hatten … und als wir in ihren Häuten lebten.«
    Grant rührte sich nicht. Er war blass, die Knöchel an seiner Hand traten weiß hervor. Er atmete schwerer als gewöhnlich, so als täte ihm die Lunge weh. Ich hatte Angst um ihn, er sah ungesund aus. In meiner Fantasie malte ich mir aus, wie kalte Winde seine Brust peitschten und er eine Lungenentzündung bekam. Oder wie Blutgefäße in seinem Hirn platzten, von der
Anstrengung, als er diese ungeheure Macht gegen Cribari eingesetzt hatte.
    Ungebunden . Mr. Koenigs zischende Stimme hinterließ eine Spur von Unbehagen in meinem Kopf. Ungeschult.
    »Jack.« Grants Blick zuckte suchend über das Gesicht des alten Mannes. »Wie verzweifelt könnt ihr gewesen sein?«
    »Verzweifelter, als du dir vorstellen kannst«, erwiderte er gebrochen. »Wir brauchten die Körper. Und die Lichtbringer … wollten ihr Volk nicht teilen. Ebenso wenig konnten wir uns in menschlichen Körpern vor ihnen verbergen.«
    Mein Instinkt regte sich und dann die Erinnerung. »Du hast mir gesagt, dass sie die Ersten waren. Die Ersten aber wovon?«
    Grant sah mich scharf an, doch ich ignorierte ihn. Ich konnte meinen Blick nicht von Jack losreißen. Ich sehe ihn sterben, dachte ich, in kleinen Stücken. Jedes Wort, das er aussprach, ging ihm bis ins Mark. Er schloss die Augen, wandte sein Gesicht von mir ab - und in diesem Moment wusste ich … Ich wusste, was er sagen würde.
    »Sie waren die ersten Menschen«, flüsterte er. »Sie wurden auf einer Welt gefunden. Auf einer fernen, längst toten Welt. Alle Menschen, Liebes, jeder einzelne Mensch stammt von ihnen ab.«
    »Nein!«, stieß Grant rau hervor. »Das ist ganz unmöglich.«
    »Wir haben ihre Körper gestohlen«, erklärte Jack gnadenlos. Vor Verzweiflung klang seine Stimme hitzig; er wollte unbedingt gestehen und die Bürde von sich schütteln. »Wir haben sie gezüchtet, ihre Körper geformt. Und als schließlich eine besondere Rasse von Menschen herangezüchtet worden war, suchten wir mit Hilfe des Labyrinths eine Welt und siedelten diesen Stamm von Lebewesen dort an. Wir erlaubten ihnen, sich zu entwickeln und zu werden . Die Zeit im Labyrinth verläuft
anders. Was Millionen und Milliarden von Jahren dauert, konnten wir sofort haben, indem wir einfach nur im Labyrinth eine Tür öffneten und wieder schlossen.«
    Jetzt endlich sah Jack mich an. Sein Blick wirkte uralt und grauenvoll. »Die Menschen wurden nur als Proteine und Moleküle auf diesen Planeten gebracht. Sie wurden in die warmen Ozeane geworfen und dort der Reifung überlassen. Dies gehörte zur Laborforschung. Das große Experiment. Ein Reservoir für Körper.«
    Ich war wie betäubt und hatte das Gefühl, dass mir schlecht wurde. »Du hast mir gesagt, dass deine Spezies die Menschen in diese Welt gebracht hat, um den Dämonen zu entkommen.«
    »Das ist auch die Wahrheit. Nur gab es hier schon Menschen, Liebes. Diejenigen, die wir mitbrachten, waren jedoch weiter entwickelt. Sie gründeten im Süden ein Reich, das während des Krieges gegen die Dämonen jedoch vernichtet wurde. Die Überlebenden zerstreuten sich über die ganze Welt.«
    »Du aber…« Er starrte Grant an. »Die Lichtbringer waren schon lange vorher gestorben. Sie waren Hüter, Wahrheits-Sager, Richter und Krieger. Sie waren dies und … noch viel mehr. Wir töteten sie, wir haben sie gejagt. Wir haben jede Erinnerung an ihre Zivilisation ausgelöscht - und all jene, die wir nicht ermordeten, wurden versklavt.«
    »Alter Wolf«, flüsterte ich.
    Er wollte nach mir greifen, hielt jedoch inne. »Wenn die anderen Angehörigen meiner Spezies von Grants Existenz erfahren, dann wird es wieder passieren. Und sollten sie herausfinden, dass du, Liebes, eine Bedrohung für sie bist, dann wird es auf jeden Fall dazu kommen. Die Avatare werden auf diese Welt kommen und sie vernichten.«

    Das ist auch nicht schlimmer, als wenn die Dämonen ausbrechen, dachte ich. Es ist in jedem Fall entsetzlich.
    Dek und Mal bewegten sich auf meiner Kopfhaut. Ich hob die Hand und streichelte sie, woraufhin meine kleinen Jungs wieder in ihre Träume zurücksanken. Ich wünschte ja, ich könnte das auch tun. Ich wünschte mir sehnlichst, dies alles wäre nur ein Traum.
    Ich krümmte meine rechte Hand. Von der Fingerrüstung erstreckten sich Tentakel aus Hitze durch die Tätowierungen bis in meine Knochen. »Ist es schon zu spät?«
    »Wir wissen es, wenn jemand von unserer Art stirbt. Wir fühlen es auch, selbst durch

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