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In den Armen der Nacht

Titel: In den Armen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Dodd Beate Darius
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Höhlen zu finden. Sie musste Ruriks Familie die Ikone zurückbringen, selbst wenn sie bei dem Versuch ihr Leben gäbe.
    Und - wie seltsam! - es schien, als schimmerte in einiger Entfernung ein Licht. Kein helles Licht wie von der Sonne oder einer Taschenlampe, sondern ein weiches Strahlen …

    Sie rieb sich die Augen, blinzelte, aber die sanfte Helligkeit blieb. Eigentlich waren es zwei Lichtschemen.
    Sie spähte suchend um sich. War es vielleicht eine Reflexion des Sonnenlichts, das durch irgendeine versteckte Felsritze drang? Nein, draußen war bestimmt Nacht. Das Mondlicht? Oder ein phosphorisierender Fisch in dem See oder ein fluoreszierender Stalaktit?
    Sie lachte leise.
    Vielleicht war sie wirklich verrückt geworden, denn es sah so aus, als stünden zwei Menschen auf der anderen Seite des Sees … und ja, da war wahrhaftig ein See. Ein See füllte die Höhle aus, und es gab kein Ufer.
    Die beiden Leute - ein Mann und eine Frau - bedeuteten ihr jedoch mit ausgreifenden Bewegungen, den Weg zurückzuklettern, den sie gekommen war.
    Tasya schluckte trocken. Sie stand auf, ihr Blick auf die beiden Fremden geheftet. Wer waren sie?
    Waren es überhaupt Menschen aus Fleisch und Blut? Oder Geschöpfe ihrer Einbildungskraft?
    Träume ich?, dachte Tasya. Bin ich vielleicht immer noch bewusstlos?
    Warum waren der Mann und die Frau mit ihr hier unten?
    Sie schnappte sich ihren Rucksack und kletterte über das Felsgeröll zu der Stelle, von wo sie vorhin losgeirrt war. Sie konnte den ganzen Weg überblicken; das gesamte Stück war in jenes milchig weiße Licht getaucht.
    Es mutete schaurig an, was sie jetzt sah und was ihren Augen bislang verborgen geblieben war. Der Erdrutsch war gewaltig gewesen; Felsenstollen und -decke
waren eingestürzt und hatten den schmalen Weg durch das Bergmassiv unter sich begraben. Der Steinschlag hatte den unterirdischen Fluss gestaut und den See entstehen lassen.
    Sie krabbelte höher, über gefährlich loses Geröll, und entdeckte von ganz oben einen schmalen, in den Felsen gewaschenen Vorsprung, der entlang dem Gewölbe verlief.
    Ein winzig schmaler Gang. So eng an den glitschigen Felsen geschmiegt, dass sie, wenn sie sich daran vorbeidrückte und dem Winken jener beiden in eine Aureole getauchten Fremden folgte, vermutlich ausrutschen und stürzen würde. Einen solchen Sturz würde sie dieses Mal sicher nicht überleben.
    Allerdings warteten die Leute auf sie, und irgendwie war Tasya klar, dass sie zu ihnen gehen musste. Hatte sie eine Alternative? Ob sie hier starb oder auf dem Weg zu ihnen, kam es darauf jetzt noch an? Aber wer waren die beiden? Wohin würden sie sie führen?
    Kannte sie die beiden?
    Ach, woher denn?
    Den Blick auf das Paar fixiert, stemmte sie sich mit dem Rücken gegen den Felsen und schob sich seitwärts den Mauervorsprung entlang. Sie hielt den Blick stur auf die Fremden gerichtet, zwang sich, nicht nach unten zu schauen und - schaute nach unten.
    Tasya erstarrte.
    Ihre Zehen ragten über den Rand hinaus - und die Klippe fiel senkrecht in den See, der sich tief unter ihr erstreckte. Spitze Felsnadeln ragten aus der gespenstisch dunklen Wasseroberfläche. Wenn sie stürzte …

    Sie vernahm ein leise gehauchtes Wispern und drehte vorsichtig den Kopf.
    »Komm weiter, Liebes. Komm.«
    Es war die Stimme ihrer Mutter.
    Es war die Stimme ihrer Mutter .
    Mit weit aufgerissenen Augen, den Blick fest auf die beiden Lichtgestalten gerichtet, folgte Tasya dem Verlauf des schmalen Felsgrats um den Saum des Sees herum. Gottlob bröckelte das Gestein unter ihren Füßen nicht weg.
    Ihre Mutter. Ihre Eltern . Sie hatte gebetet, und ihre Eltern kamen, um sie zu holen. Oder um ihr bei der Flucht durch die Höhlengänge zu helfen. Tasya hätte es nicht zu sagen vermocht. Es kümmerte sie auch nicht. Das erste Mal nach fünfundzwanzig Jahren sah sie das Gesicht ihrer Mutter, die strahlend blauen Augen, den ihren so ähnlich. Sie gewahrte die entschlossene Kinnpartie ihres Vaters, genau dieses Kinn sah sie, wenn sie sich morgens im Spiegel betrachtete.
    Es war der schönste, der bewegendste Moment in ihrem Leben.
    In diesem Augenblick wurde ihr mit schmerzvoller Deutlichkeit der ungeheure Verlust bewusst, den sie erlitten hatte. Und wie sehr sie ihre Eltern liebte.
    »Mama«, flüsterte sie, während sie sich weitertastete. »Ich vermisse dich so.«
    Ihre Mutter lächelte. Ich weiß.
    Tasya konnte sie nicht hören. Nicht wirklich. Die Worte wehten wie ein Atemhauch an ihr Ohr.
    »Papa

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