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In den Armen der Nacht

Titel: In den Armen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Dodd Beate Darius
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keiner.«
    »Folglich wissen Sie gar nicht, ob die Ikone tatsächlich hier im Kloster aufbewahrt wird?«, schloss Rurik milde frustriert.
    Schwester Maria Helvig lachte, ein glockenhelles Lachen, das gar nicht zu ihrer plumpen Statur passte. »Natürlich ist sie hier. Oder, Schwestern?« Sie drehte
sich halb um und starrte wie gebannt auf das Kirchenportal.
    Rurik schwenkte ebenfalls herum, als hoffte er, dort irgendetwas … irgendjemanden wahrzunehmen. Aber da war nichts. Stattdessen starrte er Löcher in die Luft.
    Die Nonne nickte, als hätten die imaginären Schwestern ihr soeben zugestimmt. »Wo sollte sie auch sonst sein? Dieses Kloster ist der heiligste Ort in Ruyshvania, vielleicht sogar im gesamten Reich.«
    »Reich?« Rurik kratzte sich am Kopf.
    »Womöglich meint sie das Heilige Römische Reich«, gab Tasya zu bedenken.
    »Natürlich. Kommen Sie, ich zeig Ihnen was.« Die betagte Nonne war noch wacker auf den Beinen und lief wie ein junges Mädchen den Berg hinauf.
    Rurik und Tasya folgten ihr im Laufschritt über den engen Pfad, der sich durch ein kleines Wäldchen schlängelte. Als sie wieder ins Sonnenlicht traten, erhob sich vor ihnen eine Klippe, die steil in die Tiefe stürzte, den Berg mithin in zwei Teile schnitt - oder vielleicht auch zwei Gipfel miteinander vereinte.
    Als wäre es das Natürlichste auf der Welt, lief die Nonne über den schmalen, in den Felsen geschnittenen Weg.
    Tasya stoppte am Saum der Klippe und spähte unbehaglich über den Rand. Der Abhang fiel fast senkrecht dreihundert Meter in die Tiefe. Sie wich zurück. »Rurik, ich hab bestimmt keine Höhenangst. Ich fliege für mein Leben gern. Du weißt das.«
    Er grinste nachsichtig. »Ich weiß das.«

    »Mit dem Ultralight würde ich überallhin fliegen.« Sie gestikulierte mit den Armen. »Grrr, aber hier entlanglaufen? Ein falscher Schritt, und du kannst mich portionsweise von diesen ausgezackten Felsen abkratzen.«
    »Stimmt.«
    »Und was mach ich jetzt, nachdem eine steinalte Nonne hier herumspaziert, als wäre es ein Klacks? Soll ich ihr etwa sagen, dass ich mir vor Angst in die Hosen mache?«
    »Sie ist ganz süß. Ich bin sicher, sie hat Verständnis für dich.« Rurik war klar, wie Tasya reagieren würde.
    »Rurik, du bist ein Ar…mleuchter«, fauchte sie und setzte todesmutig ihren Fuß auf den Klippenvorsprung.
    Rurik folgte ihr. »Ich kann nichts dafür. So bin ich eben. Das sagt meine Mom auch immer.«
    Der Weg sah aus, als hätte Gottes Finger ihn in die Felsen gemalt, vor langer, langer Zeit war er sicher gerade und eben gewesen. Sonne und Regen, Eis und Schnee hatten ihn schwer in Mitleidenschaft gezogen und zu einem ausgefransten Band geformt. Der Fels bröckelte unter ihren Schritten, hier und da klafften Löcher im Gestein, und sie mussten springen.
    Vor ihnen setzte Schwester Maria wie eine Bergziege über Stock und Stein, kraxelte munter drauflos und rief: »Beeilung! Wenn Sie so langsam machen, müssen wir die Nacht über dort bleiben.«
    »Wo dort ?«, rief Rurik.
    Tasya blieb stumm. Sie war eben über eine Felsspalte gesprungen und erstarrte, als ein wahrer Geröllregen
den Berg hinunterprasselte. Sie presste sich mit dem Rücken an den Felsen und sah zu Rurik. »Schaffst du das jetzt überhaupt noch?«
    Er sprang und landete dicht neben ihr. »Mach dir wegen mir keinen Kopf. Wenn es sein muss, kann ich fliegen.« Er schmiegte sich an sie, Körper an Körper, und küsste sie. »Hab keine Angst«, flüsterte er. »Überleg mal, was wir schon alles durchgemacht haben. Ich glaube nicht, dass es unsere Bestimmung ist, in den Tod zu stürzen.«
    Tasya krallte ihre Finger in sein Hemd, ihre blauen Augen zärtlich, als sie sich an ihn schmiegte. »Vielleicht mag Gott keine Klugscheißer.«
    »Wenn Er mich nicht mag, dann hat das einen anderen Grund.« Er fasste ihre Hand. »Komm, ich zieh dich hoch.«
    Ihr musste schon sehr mulmig zumute sein, überlegte er, dass sie sich von ihm helfen ließ. Jedes Mal, wenn der Pfad unpassierbar schien, sprang er und umklammerte unterstützend ihre Hand, während sie sprang. Heimlich lachte er sich selbst aus, weil er sich als starker Beschützer fühlte. Wäre Tasya allein gewesen, hätte sie die Strapazen locker ohne ihn bewältigt. So gut kannte er sie inzwischen.
    Sie erreichten die andere Seite, wo Schwester Maria stand und die Aussicht genoss.
    Das Panorama war spektakulär. Aus dieser Höhe konnte man meilenweit sehen. Auf zwei Flüsse, die durch die Ebene mäanderten,

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