In den Armen der Nacht
oder noch andere Verwandte außer seiner Frau und seinen Kindern hat«, bat sie ihre Partnerin, ohne sich zu ihr umzudrehen. »Überprüfen Sie auch diese Isenberry. Falls Sie irgendwelche Namen in Zusammenhang mit beiden finden, gehören die vielleicht auch noch zu dem Kreis dazu.«
»Zu Befehl, Madam. Möchten Sie vielleicht einen Kaffee? «
»Ja, ich möchte einen Kaffee, schließlich bin ich noch nicht tot. Danke.«
Sie wandte sich in dem Moment wieder vom Fenster ab, als Roarke ins Zimmer kam. Er sah ihr die Erregung offensichtlich an, denn er blieb stirnrunzelnd vor ihr stehen und wollte von ihr wissen: »Was ist los?«
»Wir haben einen Haufen Leute im Leichenschauhaus liegen. Das ist los.«
»Eve.«
»Lass es gut sein, ja?«
Es war ihm deutlich anzusehen, dass er mit sich kämpfte, dann aber nickte er einfach mit dem Kopf. »Okay. Was soll ich tun?«
»Wir haben einen Hauptverdächtigen. Roger Kirkendall, ehemaliger Sergeant bei der Armee. Swisher hat die Ehefrau bei der Scheidung und der Sorgerechtsverhandlung vertreten und auf ganzer Linie gesiegt. Der vorsitzende Richter wurde vor ein paar Jahren mit einer Autobombe umgebracht, die Sozialarbeiterin, die bei der Verhandlung ausgesagt hat, wurde in ihrem Bett erwürgt, und die Ärztin, deren Aussage über das Urteil mit entschieden hat, wurde auf dem Parkplatz vor dem Krankenhaus, in dem sie tätig war, erstochen, und es sieht ganz so aus, als ob das Arschloch, das sie für diese Tat verurteilt haben, einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen ist.«
»Sieht so aus, als hättet ihr euren Täter endlich identifiziert. «
»Noch haben wir ihn nicht erwischt. Er ist Miteigentümer eines Kampfsportstudios in Queens. Wirklich schickes Teil, sein Geschäftspartner und tatsächlicher Leiter dieser Schule ist der gute Meister Lu.«
»Lu, der Drache?«
»Ja.« Jetzt konnte sie wieder lächeln, obwohl das Lächeln ihre Augen noch nicht ganz erreichte, war damit der erste Schritt getan. »Wer sagt, dass wir nichts gemeinsam haben? Hast du gesehen, wie er bei seiner dritten olympischen Goldmedaille diesen Koreaner fertiggemacht hat?«
»Allerdings. Ich saß bei dem Kampf in der ersten Reihe.«
»Na gut, dann haben wir vielleicht doch nicht so viel gemeinsam. Ich habe den Kampf in einer Kneipe in Hell’s Kitchen im Fernsehen verfolgt. Aber Lu ist sauber. Er steht mit Kirkendall ausschließlich per E-Mail in Kontakt. Schickt ihm sämtliche Papiere und auch seinen Anteil am Gewinn elektronisch zu. Meinte, er hätte seinen Partner vor sechs Jahren zum letzten Mal gesehen. Ich habe ihm geglaubt.«
»Und jetzt soll ich die Überweisungen und E-Mails bis zu ihrem Empfänger verfolgen.«
»Ja, genau. Lus Computer steht bereits in deinem Labor. Einer der Kollegen hat ihn in der Schule abgeholt und auf direktem Weg hierher gebracht.«
»Dann mache ich mich am besten sofort an die Arbeit. « Trotzdem trat er erst noch vor sie und streichelte ihr zärtlich das Gesicht. »Ich mag es nicht, wenn du so traurig wirkst.«
»Wenn ich diesen Fall zum Abschluss bringe, habe ich unter Garantie wieder ein breites Grinsen im Gesicht.«
Er gab ihr einen sanften Kuss. »Ich werde dich daran erinnern, wenn es so weit ist.«
Peabody wartete diskret, bis er den Raum verlassen hatte, bevor sie mit dem Kaffee kam. »Soll ich mich an Ihren zweiten Computer setzen?«
»Ja.« Eve nahm ihr den Kaffeebecher ab. »Ich werde versuchen rauszufinden, ob an Yancys Theorie was dran ist. Falls Kirkendall seine Visage wirklich operativ verändern lassen hat, hat er sich doch bestimmt einem Militärchirurgen anvertraut. Nach fast zwanzig Jahren bei der Truppe hat er zu Zivilpersonen sicher kein allzu großes Vertrauen.«
»Eine derart gravierende Veränderung des Aussehens muss offiziell gemeldet werden«, bemerkte Peabody. »Man kann sein Aussehen nicht radikal verändern, ohne dass man im Anschluss einen neuen Ausweis braucht. Falls Yancy also Recht hat und er bei einem Schönheitschirugen war, hat der diese Arbeit ganz bestimmt nicht offiziell gemacht.«
»Leute werden auch für verdeckte Operationen äußerlich verändert. Und zwar sowohl vorübergehend als auch dauerhaft. Ich werde also gucken, ob er sich vorher schon mal operieren lassen hat, und wenn ja, von wem.«
Sie nahm hinter ihrem Schreibtisch Platz, rief Kirkendalls Akte auf. Plötzlich kam Mira durch die Tür.
»Tut mir leid zu stören.«
»Ja, ja, ja.« Eve lehnte sich zähneknirschend auf ihrem Stuhl zurück
Weitere Kostenlose Bücher