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In den Armen der Nacht

In den Armen der Nacht

Titel: In den Armen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.D. Robb
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hatte ein paar Freundinnen und Freunde, aber die sind, wie es aussieht, ausnahmslos okay.«
    »Du glaubst nicht, dass sie die eigentliche Zielperson war?«
    »Ausschließen kann ich es nicht, aber nein. Er ist schnurstracks in ihr Schlafzimmer marschiert«, wiederholte
sie und ging ebenfalls nach hinten durch. »Er war von Kopf bis Fuß versiegelt. Die Spurensicherung hat nicht einen Hautpartikel finden können, der nicht einem der Opfer zuzuschreiben ist. Die Zeugin hat gesagt, er hätte kein Geräusch gemacht, also hatte er wahrscheinlich extra weiche Schuhe an. Er ist direkt ans Bett getreten, hat Ingas Kopf an den Haaren hochgezogen und ihr mit der rechten Hand von oben nach unten die Kehle und die Halsschlagader durchtrennt.«
    Sie ahmte die Bewegungen des Täters schnell und sicher nach.
    »Morris’ Bericht zufolge muss es ein Kampfmesser gewesen sein – das Labor müsste es schaffen, genau herauszufinden, welche Art. Dann hat er sie fallen lassen, auf dem Absatz kehrtgemacht und den Raum wieder verlassen. Die Zeugin saß hier draußen, direkt neben der Tür, und hatte den Rücken an die Wand gepresst. Wenn er sich umgesehen hätte, hätte er sie garantiert entdeckt. Doch das hat er nicht.«
    »War er zu selbstbewusst oder zu achtlos?«, fragte Roarke.
    »Ich gehe davon aus, dass er sich seiner Sache einfach sicher war, er hat nicht damit gerechnet, hier jemanden zu sehen.« Sie machte eine kurze Pause. »Und weshalb hat er das nicht?«
    »Weshalb hätte er damit rechnen sollen?«
    »Weil die Menschen nicht immer die ganze Nacht in ihren Betten bleiben. Sie gehen auf die Toilette, stehen auf, weil sie sich Gedanken über ihre Arbeit machen und nicht schlafen können, oder weil sie eine verdammte Orangenlimo wollen. Wie also ist es zu erklären, dass sich ein Profi, der in allen anderen Dingen derart gründlich ist, an seinem Einsatzort nicht erst umgesehen hat?«

    Roarke dachte stirnrunzelnd darüber nach und blickte sich noch einmal um. Ja, dachte er, als er sich vorstellte, wie er selbst hier durch das Dunkel lief. Er hätte sich erst einmal umgesehen. Das hatte er schließlich, wenn er früher eingebrochen war, um irgendwas zu stehlen, auch immer gemacht.
    »Das ist eine gute Frage. Vielleicht hat er oder vielleicht haben sie ja damit gerechnet, dass alle brav in ihren Betten liegen, weil das in ihrer Welt so üblich ist?«
    »Das wäre eine Möglichkeit. Er geht wieder durch die Küche«, fuhr sie fort. »Und über die Haupttreppe nach oben. Warum? Warum nimmt er die Vordertreppe, obwohl es doch direkt da drüben eine Hintertreppe gibt?«
    Sie wies auf eine Tür. »Da entlang ist unsere Zeugin in den oberen Stock gelangt. Über die Hintertreppe. Peabody geht davon aus, dass er vorne rum gegangen ist, weil er von dort direkt ins Schlafzimmer der Eltern kam. Das klingt durchaus plausibel. Aber weißt du, trotzdem hat er Zeit und Wegstrecke vergeudet, indem er vorne rum gegangen ist.«
    »Das hat er sicher nicht bewusst getan. Wahrscheinlich hat er nicht gewusst, dass es eine zweite Treppe gab.«
    »Ja. Aber, wenn sie die genaue Lage aller Räume kannten, weshalb wussten sie dann nicht auch über die Treppe hier Bescheid?«
    Roarke trat vor die Treppe, strich mit einer Hand über das Geländer und sah sich die Stufen an. »Weil sie nachträglich eingebaut worden ist.«
    »Woher weißt du das?«
    »Das Haus stammt aus dem späten neunzehnten Jahrhundert und wurde im Verlauf der Jahre mehrfach modernisiert. Die Treppe ist eindeutig neu. Das Geländer ist aus einem Material, das erst im einundzwanzigsten
Jahrhundert entwickelt worden ist.« Er ging in die Hocke. »Und die Stufen auch. Die Verarbeitung ist nicht ganz sauber. Es würde mich nicht überraschen, wenn sie sie selbst gezimmert hätten, weil man dann nicht extra eine Erlaubnis für den Umbau braucht. Und wenn sie keine Baugenehmigung beantragt haben, gibt es garantiert auch keinen Grundriss, in dem die Treppe eingezeichnet ist.«
    »Es verblüfft mich immer wieder, was du alles weißt. Aber du hast Recht. Die Treppe ist nicht im Grundriss eingezeichnet. Das habe ich schon überprüft. Trotzdem heißt das nicht, dass nicht einer oder beide Täter vorher schon mal hier, dass sie nicht vielleicht sogar Freunde oder Nachbarn gewesen sind. Das hier war das Wohnzimmer der Angestellten, weshalb es wohl auch ihre Treppe war.«
    »Was deine These untermauert, dass sie nicht das eigentliche Ziel des Anschlags war. Und was es unwahrscheinlich macht, dass die

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