In den Armen der Nacht
Mädchen. »Das waren sicher Menschen. Und egal, wie kalt und effizient die Taten wirken, steckt dahinter ganz eindeutig ein persönliches Motiv. Es war, verdammt noch mal, eine persönliche Angelegenheit. Man schneidet keinem Kind die Kehle durch, wenn man keine persönlichen Gründe dafür hat.«
»Sehr persönliche.« Er legte eine Hand auf ihren Rücken und rieb ihr sanft das Kreuz. »Schlafende Kinder waren für sie bestimmt keine Gefahr.« Jetzt bevölkerten Dämonen dieses Haus. Kalte, brutale Geister, die ihre Hände in das Blut von Kindern getaucht hatten. Geister, die auf sie beide lauerten und ohne Pause von dem Grauen murmelten, das sie beide hatten erleiden müssen, als sie selbst Kinder waren, dachte er.
»Vielleicht waren ja die Kinder die eigentlichen Zielpersonen. Oder irgendjemand aus dem Haushalt hatte irgendwelche Informationen, die jemand anderem hätten gefährlich werden können, und sie mussten alle sterben, weil nicht ausgeschlossen werden konnte, dass innerhalb der Familie bereits über die Dinge gesprochen worden war.«
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf und stieß einen Seufzer aus. »Wenn es um so etwas gegangen wäre, hätten die Killer durch Einschüchterung, Drohungen oder Folter sicherstellen müssen, dass die Information nicht bereits an Dritte weitergegeben worden ist. Sie hätten die Computer und das gesamte Haus auf den Kopf stellen müssen, um zu gucken, ob die Information nicht vielleicht
irgendwo gespeichert ist. Das hätten sie in den wenigen Minuten, die sie für das Eindringen ins Haus und für die Morde hatten, sicher nicht geschafft. Es soll so aussehen, als wären diese Morde ein nüchternes Geschäft. Aber ich bin sicher, dass ein persönliches Motiv hinter den Taten steckt.«
»Sie sind nicht so clever, wie sie denken«, kommentierte Roarke.
»Warum nicht?«
»Es wäre cleverer gewesen, ein paar Wertgegenstände mitgehen zu lassen und das Haus ein bisschen zu verwüsten. Dann hätte es nach Raubmord ausgesehen. Oder sie hätten die Opfer noch etwas zerhacken müssen, damit es aussieht wie die Tat von einem Psychopathen oder wie ein Einbruch, der aus irgendwelchen Gründen völlig fehlgeschlagen ist.«
Sie stieß ein halbes Lachen aus. »Weißt du, du hast Recht. Du hast wirklich Recht. Warum haben sie das nicht getan? Aus Stolz. Sie sind stolz auf ihre Arbeit. Das ist gut, das ist ein erster Hinweis. Bisher hatte ich nämlich nicht das Geringste in der Hand. Aber ich wusste gleich, dass es von Vorteil ist, wenn du mich hier triffst.«
»Ich bin immer froh, wenn ich dir helfen kann.« Er nahm ihre Hand und sie wandten sich wieder der Treppe zu. »Aber du hattest auch schon vorher jede Menge in der Hand. Du hast deinen Instinkt, dein Können als Polizistin, deine Entschlossenheit. Und eine Zeugin.«
»Ja, ja.« Sie wollte nicht an diese Zeugin denken. »Was für Gründe kann es dafür geben, dass man eine ganze Familie auslöschen will? Die Frage ist rein hypothetisch, denn dass du so etwas niemals tätest, ist mir klar.«
»Da bin ich aber beruhigt. Aber rein hypothetisch –weil jemand meine Familie zerstört hat oder weil jemand meine Familie bedroht.«
»Swisher war Anwalt für Familienrecht.«
Als sie durch die Haustür traten, sah Roarke sie von der Seite an. »Das ist interessant, findest du nicht auch?«
»Und sie war Ernährungsberaterin, hat jede Menge Familien beraten und jede Menge Leute, die Familien haben. Vielleicht hat Swisher einen Fall verloren oder aber gewonnen, worüber entweder sein Mandant oder der Mandant der Gegenseite nicht gerade begeistert war. Oder sie hat bei dem fetten Kind von jemandem die falschen Knöpfe gedrückt oder einer ihrer Kunden ist gestorben oder so. Die Kinder waren auf Privatschulen und haben dort vielleicht die Kinder von jemand anderem genervt.«
»Es gibt also jede Menge Spuren, denen du nachgehen kannst.«
»Zumindest bis ich weiß, welches die richtige ist.«
»Vielleicht hatte ja einer der Erwachsenen ein Verhältnis mit der Partnerin oder dem Partner von jemand anderem. Es heißt, dass so was Menschen ziemlich wütend machen kann.«
»Wäre natürlich eine Möglichkeit.« Sie glitt hinter das Steuer ihres Wagens und ließ den Motor an. »Auch wenn es bisher keinen Hinweis in diese Richtung gibt. Die Ehe der beiden scheint grundsolide gewesen zu sein, und sie haben großen Wert auf die Familie gelegt. Haben zusammen Ausflüge gemacht, sind gemeinsam ausgegangen, zu zweit und mit den Kindern. Wie es
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