In den Armen des Eroberers
Zimmer abspielte, erhitzte ihre Gemüter.
Mit Stielaugen sahen die sechs zu, wie ihr Vetter und dessen Frau sich innig küßten; sie standen wie erstarrt, als Honoria sich kurz von ihrem Mann löste, den Schlafrock fallen ließ, die Arme um Devils Nacken schlang und erneut in seinem Kuß versank.
»Lieber Gott!« Harrys fassungsloser Ausruf sprach Bände.
Richards Augen blitzten. »Ihr habt doch nicht allen Ernstes geglaubt, Devil würde nur heiraten, um die Erbfolge zu sichern?«
»Wie es aussieht«, bemerkte Gabriel trocken, »ist die Erbfolge gesichert. Wenn die zwei innerhalb von fünf Stunden schon so weit sind, dann ist der Valentinstag ein guter Tip.«
Aus der Dunkelheit war Vanes tiefes Lachen zu hören. »Ich sag's ja nicht gern, aber ich bezweifle, daß Devil erst vor fünf Stunden damit begonnen hat.«
Vier Köpfe fuhren zu ihm herum.
»Aha!« Lucifer wandte sich seinem Bruder zu. »In dem Fall setze ich mein Geld ganz sicher auf den Valentinstag. Wenn er schon einen Vorsprung hat, dann bleiben ihm mehr als drei Monate, um die Tat zu vollbringen – und das ist mehr als genug.«
»Wir sollten allerdings vorsichtig sein«, bemerkte Richard, »damit die Damen nichts von unserer Wette erfahren – sie wären bestimmt nicht gerade begeistert.«
»Stimmt«, pflichtete Harry ihm bei und folgte den anderen ins Gebüsch. »Die weibliche Hälfte der menschlichen Spezies setzt völlig andere Prioritäten im Hinblick auf das, was zählt im Leben.«
Vane sah ihnen nach, dann hob er den Blick zu dem hell erleuchteten Fenster im Ostflügel. Nach einer Weile betrachtete er dann das dunkle Fenster des großen Schlafgemachs am Ende des Flügels und lächelte still. Die Hände in den Taschen, drehte er sich um – und stutzte. Ein stämmiger Mann bewegte sich zwischen den Büschen auf das Haus zu.
Die Anspannung fiel von ihm ab. Ohne die Hände aus den Taschen zu nehmen, schlenderte er weiter. »Nanu, Charles? Du willst wohl noch ein bißchen frische Luft schnappen, wie?«
Die schwere Gestalt blieb abrupt stehen und fuhr zu ihm herum. »Du sagst es.«
Vane lag die Frage auf der Zunge, ob Charles die herzogliche Entblößung am Fenster gesehen hätte, doch Charles' Neigung zur Prüderie ließ ihn sich eines Besseren besinnen. Statt dessen erkundigte er sich: »Du bleibst doch noch ein paar Tage?«
»Nein.« Charles ging ein paar Schritte weiter, bevor er hinzufügte: »Morgen reise ich zurück in die Stadt. Weißt du, wann Sylvester wieder nach London kommt?«
Vane schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts davon gehört, aber ich glaube nicht, daß du vor Weihnachten mit ihm rechnen kannst. Das Fest wird wie üblich hier gefeiert.«
»Tatsächlich?« Aus Charles' Tonfall sprach ehrliche Überraschung. »Sylvester will also in jeder Beziehung die Rolle des Familienoberhauptes übernehmen?«
Vane bedachte ihn mit einem eiskalten Blick. »War das nicht immer so?«
Charles nickte. »Ja, allerdings.«
19
Wenn Honoria Jahre später auf diese ersten Monate ihrer Ehe zurückblickte, erkannte sie eine Gnade des Schicksals darin, daß ihr Hochzeitstag auf den ersten Dezember gefallen war. Der Zeitpunkt war ideal, kam ihren Bedürfnissen entgegen – im Dezember und Januar, kalt und verschneit, herrschte kein großer gesellschaftlicher Trubel; nur die Weihnachtswoche, die im Kreis der Familie begangen wurde, brachte eine willkommene Abwechslung.
Diese stillen Wintermonate ließen ihr zum Glück genügend Zeit, um sich in ihrer neuen Rolle der Herzogin von St. Ives zurechtzufinden und alles dafür Notwendige zu erlernen.
Sie hätte nicht sagen können, was genau sie erwartet hatte – sie hatte geheiratet, ohne recht zu wissen, wie sie sich eine Ehe vorstellte. So hatten sie und Devil, wie sich in diesen langen beschaulichen Wochen herausstellte, noch einiges untereinander zu regeln.
Als schließlich der Januar sich dem Ende zuneigte und erstes Tauwetter einsetzte, waren sich beide nicht nur gewisser Veränderungen, sondern auch einer neuen Qualität bewußt, eines Netzes gewissermaßen, in dem sich ihr Leben abspielte. Sie sprachen nie darüber, spielten nicht einmal darauf an.
Honoria allerdings war sich dessen in jeder Minute bewußt – und auch er fühlte es, das war ihr klar.
»Ich reite aus.«
Honoria hob den Blick von ihrem Buch.
Devil sah sie an. »Es wird ein beschwerlicher, langsamer Ritt. Willst du es riskieren?«
Eisglätte und allgemein schlechte Wetterbedingungen hatten das Reiten in den letzten
Weitere Kostenlose Bücher