In den Armen des Eroberers
»Bordelle – ausgesprochen exklusive Bordelle.«
Honoria horchte auf. »Du glaubst nicht, daß es einer von der Cynster-Riege ist.«
Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, und Devil schüttelte finster den Kopf. »Ich weiß, daß es keiner von uns ist. Kein einziger von uns würde über die Schwelle eines solchen Etablissements treten.« Er sah keinen Grund, Honoria im einzelnen darüber aufzuklären, was in den »Palästen« vor sich ging – von Prostitution der übelsten und exzessivsten Art brauchte seine Frau nichts zu wissen. »Mag sein, daß Tolly aus Neugier einmal dort war und bei der Gelegenheit etwas gehört oder gesehen hat, was ihn für irgend jemanden gefährlich machte.« Er fing Honorias Blick ein. »Kunden der Paläste sind notgedrungen vermögend, die meisten sind im wahrsten Sinne des Wortes auch mächtig. Sie gehören zu der Sorte von Männern, die etwas zu verbergen haben und über Möglichkeiten verfügen, etwaige Mitwisser zum Schweigen zu bringen.«
Honoria forschte in seinem Gesicht. »Warum brauchst du Bromley dafür?«
Devils Lippen zuckten. »Leider ist die Einstellung der Cynster-Riege zu dieser Sache allgemein bekannt. Die Eigentümer sind vorsichtig; keiner von uns würde dort etwas erfahren.«
Nach kurzem Überlegen fragte Honoria: »Glaubst du wirklich, daß es Tolly war?«
Devil schüttelte den Kopf. »Bleibt also nur noch …« Honoria verzog das Gesicht. »Aber das glaube ich noch weniger.«
Sie blickten beide gedankenverloren ins Leere, bis Honoria wieder zu sich kam und einen Blick auf die Uhr warf. »Du lieber Himmel – ich komme zu spät.« Sie griff nach ihrem Muff und erhob sich.
Devil stand ebenfalls auf. »Wohin gehst du?«
»Zuerst besuche ich Louise, dann werde ich von Lady Coleburn zum Lunch erwartet.«
»Kein Wort über all dies zu Louise – oder zu Maman .«
Honoria bedachte ihn mit einem liebevoll herablassenden Blick.
»Natürlich nicht.«
Devil speiste mit Freunden zu Mittag und suchte dann White's auf. Es war sein dritter Tag in der Hauptstadt, und auch wenn er inzwischen verheiratet war, stellte sich die gewohnte Routine allmählich wieder ein. »Der einzige Unterschied«, erklärte er Vane, als sie zum Leseraum hinüberschlenderten, »besteht darin, daß ich mich nicht mehr um jemanden bemühen muß, der mir das Bett wärmt.«
Vane grinste. Mit einer Kopfbewegung deutete er auf zwei freie Lehnstühle.
In behaglichem Schweigen las ein jeder seine Zeitung. Devil allerdings nahm kaum wahr, was dort geschrieben stand; er dachte an seine Frau und ihren Starrsinn. Warum er unter Millionen von Frauen ausgerechnet die einzige geheiratet hatte, die sich niemals einschüchtern ließ, begriff er selbst nicht. Das Schicksal hatte die Weichen gestellt – hoffentlich stattete das Schicksal ihn nun auch mit der Fähigkeit aus, mit ihr fertig zu werden, ohne die zarten Bande zwischen ihnen zu beschädigen.
Später am Nachmittag, nachdem er sich von Vane verabschiedet hatte, schlenderte Devil in der zunehmenden Dämmerung nach Hause. Er überquerte den Piccadilly und bog in die Berkeley Street ein.
»He, Sylvester!«
Devil blieb stehen und wandte sich um, um dann auf Charles zu warten. Charles wohnte jenseits vom Grosvenor Square in der Duke Street.
»Auch wieder im Lande, wie?«
Devil lächelte. »Wie du siehst.«
»Das überrascht mich – ich hätte gedacht, Leicestershire würde dich etwas länger halten. Die Jagd war überaus erfolgreich, wie ich hörte.«
»Ich habe in dieser Saison nicht teilgenommen.«
Charles warf ihm einen verwunderten Blick zu.
»Ich habe mich anderweitig vergnügt.« Devils Lippen zuckten.
»Ach?«
»Ich bin frisch verheiratet, hast du das vergessen?«
Charles' Brauen zuckten in die Höhe. »Ich hätte nicht gedacht, daß die Ehe etwas an deinen Gewohnheiten ändern könnte.«
Devil hob lediglich die Schultern. Sie gingen um den Berkeley Square herum und schlugen den Weg durch eine Gasse zwischen dem Platz und Hays Mews ein.
»Honoria ist vermutlich in Somersham geblieben?«
Devil runzelte die Stirn. »Nein. Sie ist hier – bei mir.«
»Ach ja?« Charles blinzelte. Nach einer Weile murmelte er vor sich hin: »Ich darf nicht vergessen, ihr einen Besuch abzustatten.«
Devil neigte den Kopf, nicht bereit, Honoria diesem fragwürdigen Vergnügen auszusetzen. Er wußte wohl, was seine Vettern von Charles hielten, er allerdings hatte sich stets um Toleranz bemüht. Sie gingen weiter, bis sie am Grosvenor Square
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