In den Armen des Eroberers
über die Schulter hinweg.
In der Halle traf Honoria auf die dort wartende Mrs. Hull. »Was ist passiert?«
Mrs. Hulls Blick huschte zwischen Honoria und Webster hin und her. »Es geht um die Kuchen, Miss. Wir hatten so viel zu tun, daß wir im Dorf Kuchen bestellt haben, statt selbst zu backen. Bisher waren wir sehr zufrieden mit Mrs. Hobbs.«
»Aber diesmal nicht?«
Mrs. Hull verzog das Gesicht. »Das ist es nicht, Miss. Ich habe wie üblich zwei Pferdeburschen mit dem Wagen losgeschickt. Mrs. Hobbs hatte alles vorbereitet, und die Jungen haben die Tabletts aufgeladen. Sie waren schon fast zu Hause angelangt …«, Mrs. Hull holte schnaufend Luft, »… als der Gaul des Herrn, dieser Teufel, auf sie zugerast kam, wieherte und stieg und die alte Stute verschreckte. Sie ging durch, die Kuchen flogen vom Wagen, und …«, Mrs. Hulls Augen verengten sich zu Schlitzen, »… und dann hat dieser Teufelsgaul sie gefressen!« Honoria preßte die Hand auf den Mund und senkte den Kopf. Dann sah sie Webster an. Dessen Miene blieb ausdruckslos. »Versteht Ihr, Miss, ich weiß nicht, was wir jetzt tun sollen. So viele Gäste, und wir haben nicht genug Gebäck vorrätig!« Mrs. Hull rang verzweifelt die Hände.
»So, so«, sagte Honoria und überlegte kurz. »Scones«, beschloß sie.
»Scones, Miss?« Mrs. Hull war verblüfft, doch dann schien sie angestrengt zu rechnen.
Honoria warf einen Blick auf die Wanduhr. »Es ist erst vier – mit dem Tee wird frühestens in einer halben Stunde gerechnet. Wenn wir zusätzlich für etwas Unterhaltung sorgen …« Erwartungsvoll sah sie Webster an. »Um welche Uhrzeit wolltet Ihr das Dinner servieren?«
»Um sieben, Miss.«
Honoria nickte. »Verschiebt das Dinner auf acht Uhr. Informiert auch die Diener und die Zofen. Mrs. Hull, Ihr habt eine Stunde, um jede Menge Scones zu backen. Holt Euch so viele Hilfskräfte, wie Ihr benötigt. Wir servieren Scones mit Konfitüre – habt Ihr Brombeer-Konfitüre? Das wäre doch nett.«
»O ja, Miss.« Mrs. Hull war wie ausgewechselt. »Wir haben sogar selbstgemachte Brombeer-Konfitüre – es gibt nichts Besseres.«
»Sehr schön. Die bieten wir mit frischer Sahne an – aber sorgt auch für Käse- und Gewürz-Scones.«
»Ich mache mich sofort an die Arbeit, Miss.« Nach einem hastigen Knicks verschwand Mrs. Hull in der Küche.
»Ihr erwähntet Unterhaltung – um eine halbe Stunde Zeit für Mrs. Hull zu gewinnen, Miss?«
Honoria sah Webster an. »Das wird nicht einfach sein, in Anbetracht des Anlasses.«
»O nein, Miss.«
»Können wir helfen?«
Honoria und Webster wandten sich den Zwillingen zu.
Amanda errötete. »Mit der Unterhaltung, meinten wir.«
Honoria zog fragend die Brauen hoch. »Ich weiß nicht …?« Sie schaute sich in der Halle um. »Kommt mit.«
Gefolgt von Webster traten sie in das Musikzimmer neben dem Salon. Honoria deutete auf die an der Wand aufgereihten Instrumente. »Was könnt ihr spielen?«
Amanda blinzelte. »Ich spiele Klavier.«
»Und ich Harfe«, gab Amelia zur Antwort.
Wunderbare Exemplare beider Instrumente standen zur Verfügung; Webster machte sich eilends daran, sie in Position zu rücken. Honoria wandte sich den Mädchen zu. »Spielt ihr zusammen?« Sie nickten. »Gut. Welche Stücke beherrscht ihr? Überlegt euch langsame, getragene Stücke – ein Requiem zum Beispiel.«
Zu ihrer Erleichterung waren die Zwillinge, wie es sich für ihren Stand gehörte, gut ausgebildet und verfügten über ein ordentliches Repertoire. Fünf Minuten später wußte Honoria, daß die Mädchen über ausreichende Fähigkeiten verfügten. »Wunderbar.« Honoria tauschte einen erleichterten Blick mit Webster. »Laßt euch durch nichts und niemanden ablenken – ihr müßt mindestens vierzig Minuten lang spielen. Wenn ihr mit eurem Repertoire am Ende seid, fangt einfach wieder von vorn an. Sobald der Tee aufgetragen wird, könnt ihr aufhören.«
Die Mädchen nickten und begannen mit einem getragenen Musikstück.
»Soll ich die Verbindungstüren öffnen, Miss?« flüsterte Webster.
»Ja, und auch die Terrassentüren.« Das Musikzimmer wie auch der Salon führten auf eine großzügig angelegte Terrasse. Webster öffnete die Verbindungstüren zum Salon an beiden Seiten des Kamins. Köpfe fuhren herum, als die traurigen Töne über die Gespräche hinwegperlten.
»Genial.«
Honoria fuhr herum und sah sich Devil gegenüber.
»Was war denn los?«
Honoria fragte sich, ob irgendwem das kürzere Gespräch zwischen der
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