In den Armen des Eroberers
den Umarmungen der Mädchen; Honoria trat vor und nahm seinen Platz ein. Sie nahm die Mädchen in die Arme und ging mit ihnen in Richtung Haus. »Kommt – ich zeige euch euer Zimmer. Eure Eltern sind schon hier.«
Sie ließen sich die Treppe hinaufführen. Honoria bemerkte deutlich ihre neugierigen Blicke.
Vor der Eingangstür blieben beide Mädchen stehen und schluckten ihre Tränen herunter. Honoria warf einen raschen Blick über die Schulter zurück und sah Devil, der ihnen den Rücken zukehrte, einen Arm um die schmalen Schultern des Jungen gelegt hatte und mit geneigtem Kopf leise mit ihm redete. Sie wandte sich wieder ihren mittlerweile zitternden Schützlingen zu und drängte sie weiter.
Beide wehrten sich.
»Müssen wir … ich meine ….« Eines der Mädchen blickte zu ihr auf.
»Müssen wir ihn uns anschauen?« stieß ihre Schwester gepreßt hervor. »Ist sein Gesicht schlimm verunstaltet?«
Honorias Herz krampfte sich zusammen; Mitleid – lange zurückgehaltenes Mitgefühl wallte in ihr auf. »Ihr müßt ihn Euch nicht anschauen, wenn ihr nicht möchtet«, sagte sie leise und tröstend. »Aber er sieht wundervoll friedlich aus – genauso, wie er immer ausgesehen hat, glaube ich. Sehr hübsch und auf stille Weise glücklich.«
Beide Mädchen sahen sie an, große Hoffnung in den Augen.
»Ich war bei ihm, als er starb«, fühlte Honoria sich gedrängt hinzuzufügen.
»Ja?« Überraschung und ein wenig kindliche Ungläubigkeit schwangen in ihren Stimmen mit.
»Euer Vetter war auch bei ihm.«
»Oh.« Sie sahen zu Devil hinüber und nickten dann.
»Und jetzt solltet ihr euch besser erst einmal hier einrichten.« Honoria sah ein Dienstmädchen aus der Kutsche springen; Diener waren aufgetaucht und lösten Kisten und Schachteln vom Heck und vom Dach der Kutsche. »Ihr werdet euch sicher das Gesicht waschen und euch umkleiden wollen, bevor die restliche Familie eintrifft.«
Mit einigem Schluchzen und tränenumflortem Lächeln für Webster, dem sie in der Halle begegneten, ließen sie sich nach oben führen.
Das den Mädchen zugedachte Zimmer befand sich am Ende eines der Seitenflügel. Honoria versprach, die beiden später abzuholen, überließ sie dann der Fürsorge des Stubenmädchens und ging zurück nach unten.
Gerade rechtzeitig, um neu eingetroffene Gäste zu begrüßen.
Der Rest des Tages verging wie im Flug. In unaufhörlichem Strom fuhren Kutschen vor und spien Matronen und steifnackige Herren und eine ganze Anzahl junger Männer aus. Devil und Vane waren überall gleichzeitig zur Stelle, um Gäste zu begrüßen und Fragen zu beantworten. Auch Charles war zugegen, mit unbeweglicher Miene und geziertem Benehmen.
Honoria hatte an der Treppe Posten bezogen und half der Herzogin-Witwe, Familienmitglieder und enge Freunde, denen ein Zimmer im Haupthaus zustand, zu begrüßen und unterzubringen. Als Hüterin der Listen an die Seite der Gastgeberin geschmiedet, ließ sie sich von der Witwe bereitwillig vorstellen.
»Und das ist Miss Anstruther-Wetherby, die mir Gesellschaft leistet.«
Der Cynster-Vetter, an den diese Worte gerichtet waren, nickte Honoria zu und hatte sogleich ein rätselhaftes Leuchten in den Augen. In den Augen der matronenhaften Frau blitzte Spekulation. »Tatsächlich?« Sie lächelte anmutig hintergründig. »Ich freue mich, Eure Bekanntschaft zu machen, meine Liebe.«
Am Nachmittag fand der Besuch der Familie an der aufgebahrten Leiche statt. In Erinnerung an ihr Versprechen machte Honoria sich auf, um Tollys Schwestern im entfernten Seitenflügel abzuholen.
Bleich, aber gefaßt warteten die Mädchen. Sie sahen ungeheuer verletzlich aus in ihren Kleidern aus schwarzem Musselin. Honoria musterte sie mit geschultem Blick und nickte. »So ist es recht.« Zögernd, eindeutig voller Angst vor dem, was folgen würde, traten die Mädchen vor. Honoria lächelte sie ermutigend an. »Euer Vetter hat es versäumt, mir eure Namen zu nennen.«
»Ich bin Amelia, Miss Anstruther-Wetherby.« Die Kleine, die ihr am nächsten stand, knickste höflich.
Die Schwester folgte dem Beispiel ebenso wohlerzogen. »Ich bin Amanda.«
Honoria zog die Brauen hoch. »Und wenn jemand Amy ruft, kommt ihr beide?«
Der kleine Scherz entlockte ihnen ein schwaches Lächeln. »Meistens«, gab Amelia zu.
Amanda war schon wieder ernst geworden. »Stimmt es – was Devil sagt? Daß Ihr wißt, wie es ist, wenn man einen geliebten Menschen verliert?«
Honoria sah ihr fest in die arglosen Augen. »Ja –
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