In den Armen des Eroberers
Frühstückstisch traten, stellte sich heraus, daß er ihnen dort zuvorgekommen war. Honoria begnügte sich mit Tee und Toast und machte sich dann auf den Weg nach oben.
Devil war gewiß ausgeritten. Es war ein herrlicher Tag – auf seinem kuchenfressenden Teufel inspizierte er wahrscheinlich seine Ländereien. Was bedeutete, daß in der näheren Umgebung die Luft rein sein dürfte.
Honoria brauchte drei Minuten, um ihr elegantes, topasfarbenes Reitkostüm anzulegen. Einzig und allein im Hinblick auf ihre Kleidung erfüllte sie Anstruther-Wetherby-Ansprüche. Sie schnippte nach der Feder ihres Hütchens, so daß sie frech über ihrer Schläfe wippte, und ging zur Tür.
Bei den Stallungen fand sie keinen Menschen vor. Seelenruhig betrat sie das nächstliegende Stallgebäude. Die Trennwände im Inneren waren so hoch, daß sie nicht über sie hinwegblicken konnte. Die Sattelkammer befand sich am anderen Ende, und zielstrebig schritt sie darauf zu.
Eine große Hand schoß vor und zerrte sie in eine Box.
»Was …?« Warmer Stahl umfing sie. Honoria sah sich um - und erkannte die Gefahr. »Wag es nicht, mich zu küssen! Ich schreie sonst!«
»Und wer, glaubst du wohl, würde zu deiner Rettung kommen?«
Honoria blinzelte und suchte krampfhaft nach einer passenden Antwort.
»Außerdem wirst du kaum schreien können, wenn ich dich küsse.«
Sie öffnete den Mund und schöpfte tief Atem.
Als ihr klar wurde, daß das kein kluger Schachzug war, war es bereits zu spät. Er hatte die Gelegenheit schamlos ausgenutzt. Verschwommen kam ihr in den Sinn, daß sie sich wehren sollte, doch sie vergaß es unverzüglich, als Wärme, Glut und Wohlgefühl sie umfingen. Seine Lippen bewegten sich auf ihren, arrogant und siegessicher, seine Zunge schlüpfte in einer köstlich trägen Liebkosung zwischen ihre Lippen und hörte nicht auf, sie zu streicheln, bis sie durch und durch glühte. Honoria spürte die einsetzende Hitze – sie versuchte auch, sich zur Ordnung zu rufen, denn was sie tat, war nicht recht, war ein Skandal –, und all ihre Sinne schrien nach mehr.
Ihr verging Hören und Sehen, wenn Devil sie küßte. Diese Erkenntnis kam ihr, als er schließlich den Kopf hob; bis zu dem Augenblick, da seine Lippen von ihr abließen, hatte kein einziger Gedanke in ihrem Kopf Halt gefunden, hatte dort nur glückselige Leere geherrscht. Die Stallgeräusche strömten jetzt wieder auf sie ein und untermalten ihre Atemlosigkeit. Ihre Knochen hatten sich aufgelöst, und trotzdem stand sie noch aufrecht – was sie, wie sie dann bemerkte, nur ihm zu verdanken hatte. Er hielt sie fest an sich gepreßt, während ihre Zehen knapp den Boden berührten.
»Du lieber Himmel!« Mit wildem Blick versuchte sie, festen Boden unter die Füße zu bekommen. Hatte sie ihn als gefährlich bezeichnet? Er war tödlich.
»Guten Morgen, Honoria Prudence.« Sein tiefes Schnurren trieb ihr wieder einmal den schon vertrauten Schauer über den Rücken. »Und wohin willst du?«
»Ah …« Sie blickte ihm fassungslos in die viel zu wissenden, grünen Augen und suchte ihren wirren Verstand zusammen. »Ich suche ein Pferd. Es gibt doch vermutlich sogar mehr als eines?«
»Ich weiß von einer hochnäsigen, eigenwilligen Stute, die gut zu dir passen dürfte. Aber wohin möchtest du denn reiten?«
»Ach – nur ein bißchen durch die Gegend.« Er hielt sie so fest, daß sie sich nicht losreißen konnte; sie versuchte, sich ihm zu entwinden, doch er ließ es nicht zu.
»Aber du kennst dich doch hier nicht aus und könntest dich verirren. Reite lieber mit mir.«
Unverhohlen griff Honoria jetzt hinter sich und versuchte, überhaupt nicht mehr diskret, seine Arme fortzuschieben. Er lachte leise und ließ sie sich abmühen – vergebens. Dann neigte er den Kopf und bedeckte ihr linkes Ohr mit zarten Küssen. Atemlos, auf lächerliche Weise verwirrt, sah Honoria ihn wütend an. »Wer immer dir deinen Beinamen verliehen hat, hat den Nagel auf den Kopf getroffen!«
»Hully?«
Honoria starrte ihn an. »Mrs. Hull hat dich Devil genannt?«
Er grinste – satanisch. »Sie war meine Amme. Als ich drei Jahre alt war, taufte sie mich Devil. Und oft genug beschwerte sie sich über mich: Cynster, dieser Teufel …«
»Dann warst du wohl schon damals ein Tyrann.«
»Ganz bestimmt.«
Ein heftiges Räuspern hinter ihnen enthob Honoria einer Entgegnung. Devil schaute sich um, ließ Honoria los und schob sie hinter sich. »Was gibt es, Martin?«
»Tschuldigt die Störung,
Weitere Kostenlose Bücher