In den Armen des Eroberers
spazierenzufahren, Honoria Prudence?«
Honoria sah ihm in die Augen und nahm nichts anderes mehr wahr. »Im Park?«
»Wo sonst?«
Sie warf einen Blick auf den eben fertiggestellten Brief an Michael, in dem sie die Wahrheit sorgfältig umgangen hatte.
Es war zu früh für irgendwelche Eingeständnisse – noch war sie nicht sicher, wo sie stand. Sie sah Devil an. »Könntest du meinen Brief frankieren, während ich mich umkleide?«
Er nickte. Honoria drängte sich an ihm vorbei und suchte, ohne sich noch einmal umzublicken, ihr Schlafgemach auf.
Zehn Minuten später kehrte sie, in topasfarbenen Köper gekleidet, zurück und fand ihn am Fenster stehend vor, die Hände hinter dem Rücken, den Brief zwischen den langen Fingern. Wie immer, wenn er sie sah, musterte er sie besitzergreifend von Kopf bis Fuß.
»Dein Brief.« Mit großer Geste reichte er ihr das zusammengefaltete Pergament.
Honoria nahm den Brief entgegen und bemerkte die kühne schwarze Schrift in einer Ecke.
»Komm. Webster wird ihn in die Post geben.«
Nachdem sie den Brief Webster überantwortet hatte, brachen sie zum Park auf, wie immer begleitet von Sligo. Abgesehen von den üblichen nickenden und lächelnden Begrüßungen erlebten sie auf dem beliebten Spazierweg nichts Nennenswertes. Ihr Auftritt an Devils Seite erregte kein Aufsehen mehr.
Als sie sich aus dem dichtesten Verkehrsgetümmel gelöst hatten, blickte Honoria Devil ernst an. »Was wird man sagen, wenn ich dich nicht heirate?« Die Frage hatte ihr schon seit drei Tagen keine Ruhe mehr gelassen.
Ebenso ernst wie sie erwiderte er ihren Blick. »Du wirst mich heiraten.«
»Aber wenn nicht? Du solltest dich schon einmal mit der Möglichkeit vertraut machen.« Der ton konnte überaus boshaft sein. Bis zu Lady Osbaldstones Predigt hatte Honoria Devil als immun gegen die Fallstricke und Pfeilspitzen der Gesellschaft betrachtet. Ihre Ladyschaft hatte ihren Blickwinkel zurechtgerückt, und jetzt fühlte sie sich nicht mehr wohl in ihrer Haut. »Ich habe dich wiederholt gewarnt, daß ich meinen Entschluß kaum ändern werde.«
Sein Seufzer sprach von zähneknirschender Gereiztheit. »Honoria Prudence, mir ist völlig gleich, was irgendwer, abgesehen von dir, zu sagen hat. Und das einzige, was ich von dir hören will, ist das Wörtchen Ja. Was allerdings unsere Hochzeit betrifft, so ist diese bedeutend wahrscheinlicher als die Möglichkeit, daß du jemals auch nur in die Nähe von Kairo, geschweige denn die der Großen Sphinx kommst!«
Sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, daß das Thema für ihn damit beendet war. Mit einem Seitenblick auf Devils verschlossenes Gesicht dachte sie an Lady Osbaldstones Worte: Seht zu, daß es gutgeht. War das möglich? Wie beiläufig erkundigte sie sich: »Fiel es Tolly leicht, seine Gefühle zu verbergen?«
Devil starrte sie an – sie spürte seinen Blick, scharf und durchdringend. Widerborstig hielt sie das Gesicht abgewandt. Im nächsten Moment lenkte Devil die Kutsche an den Straßenrand, und Sligo eilte nach vorn, um die Köpfe der Pferde zu halten.
»Halt sie fest, warte hier.« Mit diesem knappen Befehl ließ Devil die Zügel los, stand auf, trat an Honoria vorüber und sprang zu Boden. Sogleich drehte er sich geschmeidig um und hob sie aus dem Sitz. Ohne ihr Luftschnappen zu beachten, stellte er sie auf die Füße, zog ihre Hand durch seine Armbeuge und schritt mit ihr quer über den Rasen.
Honoria mußte ihren Hut festhalten. »Wohin gehen wir?«
Devil schoß einen finsteren Blick auf sie ab. »Irgendwohin, wo wir ungestört miteinander reden können.«
»Hast du nicht gesagt, Sligo wäre fast taub?«
»Er ja, aber andere nicht.« Mißmutig sah Devil einer Gruppe von modisch gekleideten jungen Leuten entgegen. Das Gedränge wurde bald weniger, und schließlich waren sie allein.
»Wie auch immer, Sligo weiß genau Bescheid über Tolly und unsere Suche.«
Honoria kniff die Augen zusammen – um sie dann weit aufzureißen. Sie näherten sich dem Rhododendron-Garten. »Ich dachte, wir wollten uns an die Regeln des Anstands halten?«
»Soweit wie möglich«, knurrte Devil und zerrte sie mit sich auf einen menschenleeren Weg. Im Schutz der dichten Büsche blieb er stehen und drehte Honoria zu sich herum. »So.« Mit verengten Augen bannte er ihren Blick. »Warum zum Teufel willst du wissen, ob Tolly seine Gefühle verbergen konnte?«
»Nun – konnte er's oder nicht?«
Sein Blick bohrte sich in ihren, er biß die Zähne zusammen, und
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