In den Armen des Feindes
Nur konnte die geballte Kraft der Schotten Rosalind nicht retten, wenn Evandale mit dem Messer zustach.
"Kommt nicht näher", warnte Gregory und bewegte leicht die Klinge. "Noch ein Schritt, und sie ist tot."
Wenn Männer nervös wurden, taten sie unbedachte Dinge. Malcolm durfte nicht zulassen, dass eine dumme Bewegung von diesem Mann die Frau verletzte, die er liebte.
"Wenn sie stirbt, folgt Ihr Rosalind im nächsten Moment nach." Malcolm schüttelte den Kopf. "Nein, ich habe es mir anders überlegt: Im nächsten Moment werdet Ihr um den Tod betteln, doch er wird Euch nicht gewährt werden. Wenn Ihr sie auch nur ein wenig ritzt, werdet Ihr lange und sehr ausgiebig leiden. Ich denke also, es ist besser, wenn Ihr sie ein wenig sanfter haltet."
"Wo bleibt mein Pferd?"
Jamie brachte ihm einen Wallach, doch Gregory ergriff die Zügel nicht sofort. Er betrachtete abwechselnd das Tier und dann wieder Malcolm, als wüsste er nicht, wie er aufsteigen und gleichzeitig Rosalind festhalten sollte.
Wenn der Hund nur sein Messer nicht so nahe an ihrer Kehle gehabt hätte! Sobald man ihm erlaubte, das Lager mit Rosalind zu verlassen, würde der Engländer sie töten. Malcolm fühlte es mit jeder Faser. Er musste Gregory aufhalten. Er musste dafür sorgen, dass er redete.
"Ihr werdet also wieder einmal ein Feigling sein, Evandale. Ich habe gehört, dass Ihr immer schnell den Schwanz einzieht und vor einem Kampf davonrennt. Nie stellt Ihr Euch einem Feind."
"Da seid Ihr der erste Mann, McNair, der behauptet, ich wüsste ein gutes Scharmützel nicht zu schätzen. Üblicherweise beschuldigt man mich einer zu großen Kampfeslust."
"Ach was", spottete Malcolm. Sein Feind schien eine Schwäche zu haben – den Stolz. Malcolm wollte den Finger auf diese schmerzende Stelle legen und beschloss, ein wenig tiefer zu graben. "Das war aber nicht der Fall, als Ihr mitten in der Nacht Lord Beaumonts Heim in Brand gesetzt habt. Verletzt es nicht Euren Stolz, dass Rosalind diese Tat immer für eine feige Schurkerei gehalten hat?"
Er sprach in bewusst gleichmütigem Ton, gerade so, als ginge es nur darum, bei einer Wirtshausprahlerei einen Mann herauszufordern, und nicht, als hinge Rosalinds Leben vom Ausgang ihres Streits ab.
"Das macht mir nichts aus, denn wir beide wissen ja, dass ich Beaumont nicht aus Angst angezündet habe, sondern weil ich mir die Herrschaft darüber aneignen wollte." Evandale riss Rosalind mit einem rohen Ruck näher an das Pferd heran. Sein Atem formte sich in der kalten Nachtluft zu einer kleinen weißen Wolke. "Außerdem machen Eure Landsleute so etwas doch andauernd."
"Vielleicht, um uns Waffen zu verschaffen. Aber wir tun das bestimmt nicht mit einer gut erhaltenen Burg." Malcolm wandte sich zu den Schotten um, die sie umringten, und zwinkerte ihnen verstohlen zu. "Besonders nicht mit den Festungen, die wir uns gerne erobern möchten."
Die Lichtung hallte wider vom Gelächter der Schotten, die seiner Aufforderung zum Spott bereitwillig gefolgt waren. Malcolm dankte Gott, dass er sich auf seine Männer verlassen konnte. Sie folgten ihm, wohin er sie führte.
"Zuerst zerstören und dann einnehmen", rief ein Mann. "Ein glänzender Plan!"
"In drei Jahren hat er es nicht geschafft, die Erbin zu heiraten", überschrie Jamie den Lärm. "Und wie lange hat ein Schotte gebraucht, um sich das Mädchen zu nehmen?"
Malcolm dachte, dass Jamie für diese Beleidigung seiner Braut ein paar Hiebe verdient hätte, er vergab ihm allerdings augenblicklich, als er sah, dass die Bemerkung ins Schwarze getroffen zu haben schien. Evandale beugte sich vor und grinste die Männer höhnisch an.
"Wir werden ja sehen, wer am Ende Beaumont bekommen wird, ihr barbarischen Schweine." Er schob den Fuß in den Steigbügel und zog sich und Rosalind in den Sattel. "Jetzt habe ich die Erbin."
Er hatte sich nur langsam bewegt, trotzdem konnte er nicht wie zuvor Rosalind die gefährliche Klinge an die Haut drücken.
Das letzte Wort verklang auf seinen Lippen, da stürzte Malcolm sich schon auf den Arm, der das Messer hielt. Das Gebrüll der Männer ließ die Lichtung erbeben, und das Pferd setzte sich in Bewegung.
Jamie griff fast im gleichen Moment an und hing bereits auf der anderen Seite an Reiter und Pferd, als das Tier, verängstigt durch das plötzliche Gewicht von vier Menschen, zu steigen begann und alle mit sich riss. Wütend hieb Jamie mit seinem Messer auf den Strick ein, der Rosalind an ihren Entführer gefesselt hielt. Die
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