In den Armen des Feindes
zwischen seinen Brüdern saß. "Ian ist der Älteste. Deswegen hat man ihm den Besitz seines Vaters anvertraut. Aber die jüngeren McNairs leisten Beeindruckendes auf den Schlachtfeldern. Ich hasse es, Malcolm zu verlieren und sehen zu müssen, wie er das geruhsame Leben eines Burgherrn führt. Wenn ich meine Gefolgsleute jedoch nicht hin und wieder für geleistete Dienste belohnen würde, könnte man denken, ich wäre ihnen gegenüber knauserig."
Rosalind folgte dem Blick des Königs. Die Männer der McNair saßen etwas weiter unten auf der Bank. Sie waren ein eindrucksvolles Dreigespann, aber Rosalinds Blick verweilte auf Malcolm. Als er über einen Spaß von Jamie lachte, verlor sein Gesicht alles Finstere. Rosalind erinnerte sich, wie sie in der vergangenen Nacht in diese Augen gesehen hatte, und wünschte sich inständigst, er wäre ein anderer Mann. Einer, dem sie sich schenken könnte, ohne an der Loyalität ihrer Familie zu England Verrat zu begehen.
Der schottische König hatte ihre Furcht, Malcolm könnte sie nur heiraten, um über Beaumont zu herrschen, nicht besänftigt. Ganz im Gegenteil, Robert the Bruce schien noch mehr als sie davon überzeugt zu sein, dass hier eine raffinierte List am Werk war.
"So denkt Ihr also daran, ihm zur Belohnung meine Hand anzubieten?" Sie wusste, dass dies schon zu allen Zeiten Grund für eine Heirat gewesen war. Für sich selbst hatte sie indes immer mehr erhofft. War es denn wirklich zu viel verlangt, sich nach ein wenig Zuneigung zwischen Gatte und Gattin zu sehnen?
"Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich es mir leisten kann, beides zu verlieren, Beaumont und Euch dazu, Lady Rosalind. Ich würde gerne Eure Meinung zu dieser Sache hören."
"Ihr wollt wissen, was ich darüber denke?" Allein die Vorstellung ließ ihr schwindlig werden, auch wenn sie sich in Erinnerung rief, dass er ihre Gefühle am Ende vielleicht gar nicht in Betracht zog.
"Ja. Was ist Euer Begehren?" Er lehnte sich zu ihr herüber und flüsterte ihr die Worte ins Ohr, so dass nur sie sie verstehen konnte.
Was war das für ein Spiel? Seine Nähe ließ sie wachsam sein. Die freimütige Art zu reden konnte vielleicht der Versuch sein, sie zu besänftigen, sie zu überzeugen, dass er Geheimnisse mit ihr teilte oder – alle Heiligen sollten ihr beistehen – ihre Gunst zu erhalten.
"Ich habe noch nicht die Absicht zu heiraten." Rosalind richtete sich auf und hoffte, nicht zu schroff zu sein. Sie konnte es sich bestimmt nicht leisten, bei Malcolms König einen falschen Eindruck zu erwecken.
In diesem Moment näherte sich ihnen Gerta, das Gesicht vor freudiger Erregung gerötet. Sie schien gar nicht zu bemerken, dass ihre Herrin und der König in ein ernsthaftes Gespräch vertieft waren.
Gerta lächelte übers ganze Gesicht. "Ist es nicht an der Zeit, dass Ihr die Unterhaltungen des Abends ansagt? Wir sind ganz begierig darauf, mit den Lustbarkeiten anzufangen."
Rosalind blickte über die Rasenfläche und sah, dass die Leibeigenen ihr Mahl beendet hatten und jetzt lachend und trinkend auf den Beginn der Späße warteten. Die Sonne war untergegangen, und der Abend war angenehm kühl.
"Natürlich." Sie stand auf. "Wenn Ihr nichts dagegen habt, Hoheit?", bat sie den König noch schnell um Erlaubnis.
"Nein. Ich freue mich darauf, heute Abend Euer Tanzpartner zu sein, Lady Rosalind. Wenn Ihr mir die Ehre geben wollt?"
"Es wird mir ein Vergnügen sein." Sie machte einen tiefen Knicks und suchte im Geheimen bereits nach einer Entschuldigung, um sich früh vom Fest zurückzuziehen. Jetzt gab sie das Zeichen zum Beginn der Vergnügungen und verließ den König, um sich um die weiteren Vorbereitungen für diesen Abend zu kümmern. Tische wurden entfernt, um für die Spielleute und auch für den späteren Tanz, der Teil ihres Erntefestes war, Platz zu machen.
"Wie ich sehe, verlierst du keine Zeit, den König zu bezaubern."
Sie wandte sich um und sah Malcolm, der im Schatten gegen einen dicken Kiefernstamm lehnte.
Bei seinem Anblick stockte ihr das Herz. War es erst vergangene Nacht gewesen, dass sie in seinen Armen gelegen und sich seinen Zärtlichkeiten hingegeben hatte? Ein wohliger Schauer überlief sie, als sie sich erinnerte.
"Ich versichere Euch, es ist der König, der versucht, mich zu bezaubern." Während sie ihren Weg zur Burg fortsetzte, beschloss sie, sich nicht in ein Netz von Intrigen zwischen Malcolm, dem König und ihren eigenen verräterischen Wünschen fangen zu lassen.
Malcolm
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