In den Armen des Feindes
die Macht besaß, sie von Beaumont zu verjagen, hätte sie ihn überaus charmant gefunden.
"Das ist Rosalind, die frühere Herrin von Beaumont, Hoheit."
Der König ergriff Rosalinds Hand, die sie ihm nicht gereicht hatte, und küsste sie auf die Innenseite, während er sie nicht aus den Augen ließ.
"Es ist mir wirklich eine Freude, Euch kennen zu lernen, Lady Rosalind, auch wenn ich wünschte, es würde unter anderen Umständen geschehen. Durch Malcolms Brüder habe ich viel von Euch gehört."
Während er sprach, hielt er weiterhin ihre Hand umfangen. "Ich schwöre Euch, ich wusste nicht, dass Ihr auf Euch allein gestellt wart. Dann hätte ich selbstverständlich nicht im Traum daran gedacht, Beaumont einzunehmen. Ich wurde aus guter Quelle unterrichtet, dass Eure Burg von einem jungen Erben befehligt würde. Deswegen dachte ich, er wäre leicht zu überwältigen. Doch niemals hatte ich die Absicht, Euch Euer Heim zu nehmen."
Rosalind schenkte seiner hübschen Rede keine Sekunde lang Glauben, auch wenn es vermutlich stimmte, dass kein Schotte vermutet hatte, dass sie ganz allein über die Burg herrschte. Wäre es dem rebellischen König bekannt gewesen, hätte er ihr vielleicht noch früher das Heim genommen.
"Ich hoffe doch, dass ich das Vergnügen habe, heute Abend neben Euch sitzen zu dürfen, Mylady?"
Wieder hob der König ihre Hand, doch diesmal küsste er den Handrücken und mit mehr Zurückhaltung, als er zuvor die Innenseite geküsst hatte. Als Rosalind nickte, fuhr er fort: "Wenn Ihr uns jetzt entschuldigen würdet?"
Rosalind machte einen höflichen Knicks und ging. Selbst wenn sie vom König einer rebellischen Nation nichts Besseres zu erwarten hatte, betete sie insgeheim sehr darum, dass er mit seinem Ritter nicht ihre Verbannung besprach. Würde Malcolm etwas zu ihrer Verteidigung hervorbringen? Würde er seinen höchsten Herrn um die Erlaubnis bitten, sie heiraten zu dürfen?
Zwei so mächtige Männer konnten ihr, ohne sie um ihre Meinung zu fragen, befehlen, morgen zu heiraten. Oder vielleicht doch nicht?
Sobald sie ihr Gemach erreichte, befahl sie, man möge ihr ein Bad herrichten, und begann sich auszuziehen. Ihr Haar, ihre Kleider, ihre Haut – alles an ihr trug Malcolms Geruch. Die Gedanken an die gemeinsam verbrachte Nacht quälten sie. Sie erinnerte sich an jede Berührung, jeden Augenblick ihres Beisammenseins, das in einer so wilden Lust gipfelte, die sie wohl niemals vergessen würde.
Geistesabwesend strich sie sich über den Bauch. Konnte dort jetzt schon ein Kind wachsen? Bei dem Gedanken spürte sie ein starkes Verlangen, dieses Kind zu schützen. Sie würde gar keine andere Wahl haben als zu heiraten – und zwar schnell.
Bevor sie allerdings eine endgültige Entscheidung traf, wollte sie sich in Ruhe überlegen, welche Möglichkeiten ihr sonst noch blieben.
Rosalind glitt in das mit Rosenöl parfümierte Wasser, und während der Dampf sie einhüllte, klärten sich ihre Gedanken und ihr Geist. Langsam rieb sie sich die Blutflecke von den Schenkeln. Immer noch glaubte sie Malcolms Zärtlichkeiten auf der Haut zu spüren. Überall. Ihre Muskeln schmerzten von der leidenschaftlichen Nacht, doch in ihrem Herzen bereute sie keinen einzigen Augenblick.
Erst als das Wasser nur noch lauwarm war, stieg sie heraus und begann, sich für das Abendessen anzukleiden. Sie legte ihr bestes Unterkleid aus weichem, grünem Leinen an und darüber einen schweren Surkot, der einige Nuancen dunkler war. Ihre Seidenstrümpfe waren von blassem Minzgrün und wurden von farblich dazu passenden bestickten Strumpfbändern gehalten. Sie rief nach Josephine, damit sie ihr bei der Frisur half. Sie knüpften ein gelbes Bändchen in einen schmalen Zopf, den sie dann wie einen Reif um den Kopf legten. Die übrigen Locken ließen sie frei auf die Schultern fallen. Rosalind bedeckte ihre Frisur mit einem spinnwebfeinen Schleier, der im Kerzenlicht zart schimmerte, und befestigte ihn mit einem einfachen goldenen Stirnband. Sie überlegte, ob sie den mit dem Amethyst geschmückten Dolch ihres Vaters tragen sollte, und entschloss sich schließlich, es zu tun – nicht aus mangelndem Respekt vor ihren schottischen Gästen, sondern weil der Amethyst so gut zu ihrem Unterkleid passte. Zwei goldene Armbänder mit einem verschlungenen Muster, eine sehr alte Arbeit, die Künstler des Wikingervolkes geschmiedet hatten, schmückten ihre Handgelenke. Sie liebte diese Schmuckstücke, weil sie einmal ihrer Mutter gehört
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