In den Armen des Feindes
Zur gleichen Zeit konnte sie auch empfindsam sein. Davon zeugten ihre Gewissensbisse wegen des Todes seiner Waffengefährten. Kurz gesagt, alles an ihr gefiel ihm.
Und sie schmeckte wie Honigwein.
Als er spürte, wie sein Körper auf seine Überlegungen reagierte, unterdrückte er die Erinnerung an den Moment, in dem sie weich und willig unter ihm gelegen hatte. Stattdessen konzentrierte er sich ganz darauf, wie er sie umwerben und für sich gewinnen könnte, wenn sie erst einmal wieder zum ruhigen Tagesablauf auf Beaumont zurückgekehrt wären.
Den Barbaren heiraten? Diesen leidenschaftlichen, einen rasend machenden, hinreißenden Barbaren, wegen dem sie in der vergangenen Nacht alle Vorsicht vergessen hatte, nur um seine Küsse zu schmecken?
Rosalind lenkte ihr Pferd durch den Wald jenseits der südlichen Felder von Beaumont und sagte sich, dass sie kein Recht hatte, wütend zu sein. Oder auch nur überrascht. Er hatte ihr das Angebot gemacht, das ein ehrbarer Mann in diesem Fall machen sollte. Wegen ihrer Leichtsinnigkeit würde er sie heiraten. Und indem er das tat, würde er dafür mit dem Besitz belohnt, den er haben wollte.
Sicherlich hatte er nicht geplant, mit Hilfe seiner Verführungskünste ihre Begierde zu ihrem Nachteil gegen sie zu verwenden. Dazu kannte sie ihn zu gut. Ihr Vertrauen zu ihm war zu groß.
Wenn da nicht die Angst gewesen wäre, sie könnte nicht die richtige Entscheidung fällen, vielleicht hätte Rosalind bei dem Gedanken, die Braut des Laird zu sein, Dankbarkeit empfunden. Doch, grundgütiger Himmel, sie hatte nicht sehen wollen, was sich vor ihren Augen mit Gregory abspielte, den sie so gut zu kennen geglaubt hatte! Wie konnte sie es jetzt übers Herz bringen, ihren Gefühlen zu trauen? Zu verzweifelt hatte sie geglaubt, Gregory wäre ihre große Liebe, die sie retten könnte. Ihre Leute retten könnte.
Wer vermochte zu sagen, dass sie jetzt nicht genauso verzweifelt war?
Aber nur eine Verrückte würde Malcolm als Ehemann ablehnen, nachdem sie sich ihm in der Nacht zuvor hingegeben hatte. Sie hatte ihm die einzige Gunst geschenkt, die sie ihm gewähren konnte, und einmal gegeben, konnte sie nie mehr zurückgenommen werden.
Verwirrt und völlig erschöpft freute sie sich, als sie unter den letzten Bäumen hindurchritten und die äußeren Mauern der Burg erblickten. Falls sie indes die Hoffnung gehegt hatte, sich ungesehen in ihr Gemach schleichen zu können, so wurde die beim Anblick einer Gruppe kostbar aufgezäumter Pferde im Burghof rasch zerstört. Zwölf Streitrösser stampften und schnaubten in der kalten Luft und scharrten mit den Hufen auf dem Pflaster.
"The Bruce!", rief Malcolm, der hinter ihr ritt, und brach damit die Stille, die die ganze Zeit schwerer als der dichte Nebel über den Hügeln auf ihnen gelastet hatte.
Furcht stieg in Rosalind auf. "Euer König?" Derselbe König, von dem Malcolm behauptet hatte, er könnte sie in die Verbannung schicken?
"Ja." Malcolm schien sich keine Sorgen zu machen, doch er strich seine Tunika glatt, während sie sich dem Burgtor näherten.
Rosalind glitt aus dem Sattel und bemühte sich, mit ihm Schritt zu halten, während sie durchs Hauptportal schritten.
Robert the Bruce, König von Schottland, saß lässig vor dem Kaminfeuer in der Großen Halle, die Füße auf einen kleinen Schemel gestützt. In ein Buch vertieft, aß er einen Pfirsich und schien nicht zu bemerken, dass der Saft ihm über das bärtige Kinn lief. Mit seiner entspannten Haltung und dem zwanglosen Benehmen hätte er irgendein junger englischer Edelmann sein können. Auch wenn er lange, kräftige Beine hatte, besaß er nicht Malcolms Größe. Hellbraune Haare umrahmten eine hohe Stirn, die Nase war lang, und sein Mund verschwand unter einem vollen Schnurrbart.
Abrupt hob er den Kopf, sobald sie näher traten.
"Mein Guter!" Er legte das Buch und den Pfirsich beiseite. "Ihr müsst mir einfach meinen Mangel an gutem Benehmen entschuldigen."
"Ich freue mich, Euch zu sehen, Hoheit." Malcolm wollte sich tief vor dem König verneigen, doch der hinderte ihn daran und begrüßte ihn stattdessen mit einer herzlichen Umarmung.
"Keine höfische Zeremonie! Ich trage keine Krone, wie Ihr sehen könnt." Fröhlich deutete er auf seinen Kopf. "Bloß verschwendet keine Zeit, Malcolm. Ich möchte wissen, wer diese hübsche Dame an Eurer Seite ist."
Der Schalk blitzte aus seinen Augen, als er Rosalind jetzt anlächelte. Wäre er nicht der feindliche König gewesen, der
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