In den Armen des Freibeuters: Erst wies sie ihn ab - doch dann entflammte seine Leidenschaft ihr Herz (German Edition)
zehn war er dann abgehauen. Und mit dreizehn hatte er Vanessa kennengelernt. Womit sich sein Leben völlig verändert hatte. Er hatte viel später einmal, als ihn eine Fahrt mit der Boston Independence Trading Company nach England gebracht hatte, seine Verwandten gesucht, aber Onkel und Tante waren bei einer Epidemie ums Leben gekommen, und die beiden Kinder, seine Vettern, waren weggezogen.
Smithy hob die Augenbrauen und pfiff leise vor sich hin. »Das hört sich an, als wollte er Martin dorthin locken. Und dich hat er dazu benutzt.«
»Unter anderem. Ich sollte wohl zweimal nützlich sein. Einmal, um die Pläne zu beschaffen, und das andere Mal, um Martin diese Nachricht zukommen zu lassen. Vermutlich ist das der Grund, weshalb Harding mich damals so problemlos hat davonkommen lassen.«
Smithy, der inzwischen von den Plänen wusste, nickte nachdenklich. »Hast du es Martin erzählt?«
Jack starrte in seinen Bierkrug. »Noch nicht. Ich werde es ihm auf der Reise sagen, da ist Zeit genug. Ich würde niemals etwas erwähnen und Martin auf etwas bringen, das Jahrzehnte zurückliegt und ihm nur gefährlich werden kann, wäre er nicht ohnehin schon auf El Capitanos Fährte. Aber es ist der Grund, weshalb ich unbedingt mit ihm fahren und ihn nicht allein in eine mögliche Falle laufen lassen will.«
Smithy sah nachdenklich zum Fenster hinaus. »Dann stehen uns interessante Zeiten bevor.« Er war eine Weile still, bevor er sagte: »Eine knappe Woche also noch bis zur Abreise, hm?« Er wandte sich Jack zu. »Vertraust du mir?«
Jack war überrascht. »Natürlich. Wir sind Freunde und Partner.«
Smithy schüttelte den Kopf. »Das meinte ich nicht. Hast du zu Jenkins und mir Vertrauen, dass wir die Tuesday allein nach Boston segeln?«
Jacks Blick wurde intensiver.
»Dann wäre es nämlich«, fuhr Smithy bedächtig fort, »eine gute Gelegenheit, mal schnell rauf nach Boston zu reiten und noch klar Schiff mit deinem Mädchen zu machen. So wie ich das sehe, können wir nicht vor zehn Tagen oder zwei Wochen oben sein.«
Jack hielt den Atem an. Noch einige Tage mit Jessica. Mit ihr zusammen sein, sie im Arm halten, sie spüren. Sein Herz klopfte rascher, und sein ganzer Körper begann bei dieser Vorstellung vor Sehnsucht nach ihr zu schmerzen. Aber seine Verpflichtung dem Schiff gegenüber stand dazwischen. Er war der Captain und …
»Na mach schon«, knurrte Smithy. »Nutze die Zeit. Wer weiß, was uns in Ostindien erwartet. Dort hinten ist der Reitstall. Leih dir ’nen Gaul, und dann nix wie weg. Und«, feixte er, »lass die Lady Alberta von mir grüßen.«
»Lady Alberta?«, fragte Jack grinsend zurück.
Smithys Gesicht wurde verträumt. »Hab ihr gesagt, dass ich sie mal entführen und auf eine einsame Insel bringen werde wie diese Zirke oder Kirze oder wie die Dame hieß, die auch von ’nem Kerl dort festgehalten und verführt wurde.«
Jack unterdrückte ein Schmunzeln. Smithy verwechselte offensichtlich einiges, aber er war sich sicher, dass Alberta von dieser Vorstellung nicht unberührt geblieben war. So viel Romantik hätte er Smithy gar nicht zugetraut.
»Und deshalb«, fügte dieser mit einem bekräftigenden Kopfnicken hinzu, »mach, dass du jetzt nach Boston kommst. Und gib Miss Jessie einen Kuss von mir.«
Jack erhob sich, halb widerwillig, halb in Gedanken schon in Boston.
»Na mach schon!«, schnauzte sein Freund ihn an. »Ich zahl sogar das Gesöff hier für dich!«
Jack schlug ihm auf die Schulter und stiefelte grinsend hinaus. Jetzt war er völlig in Gedanken bei Jessie. So sehr, dass er übersah, wie sich einige Kerle vor dem Gasthof zusammenrotteten und ihm folgten.
Kapitel 9
J essica hatte eine unbestimmte Unruhe fortgetrieben. Sie hatte, anstatt Alberta bei der Apfelernte zu helfen, das Haus verlassen, um bei Vanessa Zuflucht zu suchen. Hier hatte sie wenigstens jemanden, mit dem sie über Jack reden konnte. Albertas Gegenwart war ihr ein wenig peinlich. Ihre Tante hatte zwar kein Wort darüber verloren, sie einfach an jenem Morgen ins Haus gelassen und hinter ihr zugesperrt, aber seitdem fühlte Jessica sich ihr gegenüber verlegen. Es war jetzt zwei Wochen her, dass Jack abgereist war. Er hatte ihr versprochen zu schreiben, Martin war – wie vereinbart – vor einer Woche nach New York aufgebrochen, aber bisher war kein Brief, nicht die kleinste Nachricht gekommen. Jessica war mit jedem Tag beunruhigter geworden, versuchte sich jedoch einzureden, dass Jack mit den letzten
Weitere Kostenlose Bücher