In den Armen des Freibeuters: Erst wies sie ihn ab - doch dann entflammte seine Leidenschaft ihr Herz (German Edition)
Vorbereitungen beschäftigt war und eben keine Zeit hatte.
Sie hatte einen kleinen Umweg gemacht und dieses Mal nicht den Vordereingang zu Vanessas Haus benützt, sondern war durch den Garten spaziert, um dann die Hintertreppe hinaufzulaufen. Als sie bei Martins Wohnung vorbeikam, hörte sie hinter der nur angelehnten Tür heftige Stimmen. Sie blieb überrascht stehen, als sie Martin erkannte. Der war doch schon längst in New York? Weshalb war er zurückgekommen? Hatten sie es sich anders überlegt? War Jack auch hier? Ihr Herz schlug so heftig, dass sie kaum atmen konnte. Schon wollte sie die Tür aufstoßen und hineinstürmen, als jemand im Zimmer sagte: »Ich habe gleich gewusst, dass dieser verdammte O’Connor ein Gauner ist!«
Jessica blieb stehen und presste die Hand auf ihr klopfendes Herz.
»Hören Sie auf, in diesem Ton über Jack zu sprechen«, vernahm sie Martins kalte Stimme.
»Sie sind blind von irgendeiner Art von väterlicher Freundschaft, die Sie für den Kerl hegen. Aber sehen Sie den Tatsachen ins Auge: Er ist ohne Sie abgereist. Die Tuesday hat New York Richtung Süden verlassen. Keine Rede davon, dass er Sie mitnimmt. Der hatte niemals die Absicht, sondern hat sich auf und davon gemacht, um seinen zwielichtigen Geschäften nachzugehen! So reingelegt worden bin ich noch selten!«
Jessica hielt den Atem an. Jack war mit der Tuesday nach Süden gesegelt? Das war doch unmöglich! Er hatte ihr doch erzählt, dass er nur Martins wegen fortwollte – wenn Martin jetzt hier war, weshalb sollte Jack dann abreisen? Sie trat noch ein bisschen näher.
»Dem Kerl ist der Boden unter den Füßen zu heiß geworden. Weshalb ist er sonst geflohen? Kurz, nachdem ich ihn zur Rede gestellt habe?«
»Wer sagt, dass es eine Flucht war? Er hatte sicher seine guten Gründe. Und wir sind nicht auf die Tuesday angewiesen. Es fahren noch andere Schiffe nach Kalkutta. Das nächste fährt in zwei Tagen ab. Aber sprechen Sie gefälligst leiser. Sie haben die Tür nicht geschlossen.«
Jessica hörte, wie sich Schritte näherten. Sie lief los, hastete die Treppe hinauf und war gerade noch rechtzeitig verschwunden, als Martin die Tür öffnete und misstrauisch hinaussah. Sie blieb mit pochendem Herzen stehen und lauschte hinunter. Dann hörte sie, wie die Tür zufiel. Sie hatte keine Zeit, erleichtert aufzuatmen, denn in diesem Moment traf sie der Schock über das Gehörte so heftig, dass sich alles um sie drehte und sie sich an der Wand abstützen musste. Jack war fort. Ohne Martins Wissen und ohne sich von ihr zu verabschieden. Das war schon schlimm genug, aber was war nur geschehen, das ihn einfach sein Versprechen Martin gegenüber hatte brechen lassen? Es schien wirklich wie eine Flucht zu sein. Aber wovor?
Vielleicht wusste Vanessa mehr als Martin. Jessica atmete tief durch und wollte soeben die Halle durchqueren, als sich eine Tür öffnete und Darnberry erschien. Er führte sie sofort zu Vanessa, aber zu Jessicas Leidwesen war diese nicht allein. Ausgerechnet Marietta und ihr Mann Patrick waren zu Besuch.
Marietta war so hübsch, lebhaft und strahlend wie immer und plapperte ununterbrochen. Jessica hatte neben Vanessa Platz genommen, hörte zuerst nicht zu, sondern starrte – in Gedanken völlig mit Jack und dessen überstürzter Abreise beschäftigt – vor sich hin, bis Marietta ein interessanteres Thema als Kleider und den üblichen Gesellschaftsklatsch anschlug. Es ging jetzt um den geplanten Konvoi nach Ostindien.
»Hat es nicht geheißen, Jack O’Connor sollte den Konvoi begleiten? Aber wie man sieht, ist er völlig unzuverlässig! Patrick hat gehört, dass er nach Ostindien segeln will, aber als er ihm einen Brief an einen Geschäftspartner in Madras mitgeben wollte, war Jack schon weg! Hatte New York schon verlassen!«
Vanessa warf einen schnellen, besorgten Blick zu Jessica. Sie hatte also auch davon gewusst. Hatte gewusst, dass Jack wieder einfach abgereist war. Jessica presste die Lippen zusammen.
Patrick nickte eifrig. Er war immer bereit, seiner angebeteten Gattin zuzustimmen. »Seine Fregatte ist Richtung Süden abgesegelt. Ziemlich hektisch, wie man sagt. Sie hatten nicht einmal Wasser gebunkert oder Vorräte an Bord genommen.« Er lachte, als würde er einen guten Witz machen: »Es war fast wie eine Flucht, hat man mir erzählt.«
Marietta rümpfte die Nase. »Er sucht das Abenteuer! Wahrscheinlich ist er nur wieder auf Raub aus.«
Vanessas Griff um ihre Finger war so nachdrücklich,
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