In den Armen des Freibeuters: Erst wies sie ihn ab - doch dann entflammte seine Leidenschaft ihr Herz (German Edition)
Mischung aus mulmigem Gefühl, Abenteuerlust und Vorfreude. Es wurde ihr langsam klar, worauf sie sich da einließ. Sie wollte Monate auf einem Schiff verbringen, in ein Land reisen, in dem sie kaum einen Menschen kannte. Wenn Martin sich weigerte, sie bis Kalkutta mitzunehmen, dann musste sie die weite Reise ganz allein machen. Aber das war es wert, um einem gewissen Mann zu beweisen, dass sie es nicht nötig hatte, allein daheimzusitzen und ihm nachzuweinen.
»Jessica?«
Sie blieb stehen, und als Vanessa ihre Hand nach ihr ausstreckte, ging sie widerstrebend zu ihr zurück. Vanessa zog sie wieder neben sich auf die Bank, hielt sie fest und sah sie ernst an.
»Das mit Charles Daugherty – war das dein Ernst?«
»Er hat mir geschrieben und mich eingeladen. Und er hat mir damals schon einen Heiratsantrag gemacht«, erwiderte sie defensiv. »Weshalb sollte ich ihn nicht besuchen? Andere reisen ja auch in der Weltgeschichte herum. Und wer weiß«, sie rang sich ein Lächeln ab, »vielleicht stellt sich heraus, dass Charles tatsächlich der Mann fürs Leben ist.«
»Und deine Eltern heißen diese Entscheidung gut?«
Jessica schwieg. Ihre Eltern würde der Schlag treffen.
»Du weißt, wie sehr ich an Jack hänge, nicht wahr?«, sagte Vanessa nach einer kleinen Pause eindringlich. »Qui?«
Jessica nickte.
»Er ist für mich wie ein jüngerer Bruder oder noch mehr wie mein Sohn.« Sie wartete, bis Jessica abermals nickte, ehe sie fortfuhr. »Dann wirst du es auch richtig verstehen, wenn ich dir sage, dass er vielleicht wirklich ein … ein ganz klein wenig Abenteuerblut in den Adern hat. Aber das ist kein Grund, weshalb du dich aus Trotz jetzt an einen anderen binden solltest.«
Jessica erstarrte. »Er ist fort, das ist eine Tatsache. Aber ich habe dich in Verdacht, ma petite, dass nicht unbedingt Charles der Grund ist, weshalb dir Ostindien plötzlich so interessant erscheint, sondern eher die Tatsache, dass du jemandem etwas beweisen willst. Die Reise ist weit und gefährlich, und obwohl Charles einen guten Eindruck auf mich gemacht hat, kann ich nicht sagen, dass ich seinem Vater ebenso zugeneigt gewesen wäre. Er ist ein harter Geschäftsmann, und Charles ist dagegen ein bisschen weich. Zu nachgiebig seinem Vater gegenüber, auch wenn ich glaube, dass er einen guten Charakter hat.«
»Du meinst, Charles’ Vater könnte gegen die Hochzeit sein? Das glaube ich nicht. Charles hat mir ausdrücklich geschrieben, dass auch sein Vater sehr erfreut sein würde, mich bei ihnen zu begrüßen. Und wenn doch nicht – fahre ich eben wieder heim. Außerdem – noch bin ich nicht mit Charles verheiratet.«
»Aber diese lange Reise …«
»Ich werde nicht allein reisen. Sondern mit Martin.«
»Martin? Ist das schon abgemacht?«
»Nein.« Jessica fasste nach Vanessas Hand und sah sie flehentlich an. »Bitte, helfen Sie mir. Ich muss fahren.«
Jack war mit hämmernden Kopfschmerzen erwacht. Er hatte nicht lange gebraucht, um herauszufinden, dass er sich im Laderaum eines Schiffes befand und an die Planken gekettet war. Der zahnlose Kerl, der ihm einmal am Tag einen kaum genießbaren Fraß und einen Krug mit schalem Bier brachte, gab keine Antwort, sondern hatte bei Jacks Versuch, ihn zu fassen zu bekommen, nur nach ihm getreten.
Er wusste nicht, wie lange er schon bewusstlos hier lag. Alles, woran er sich erinnern konnte, war, dass er unterwegs gewesen war, um ein Pferd zu mieten. Kurz vor dem Mietstall war eine Gruppe Matrosen auf ihn zugekommen. Jack hatte ausweichen wollen, aber mit einem Mal hatten sie ihn gepackt, und einer hatte ihm so kräftig mit einem Stock auf den Schädel geschlagen, dass Jack wie ein Stein zu Boden gegangen war. Die Stelle, an der sie ihn am Kopf getroffen hatten, war blutverkrustet und brannte immer noch.
Und jetzt lag er hier und wusste nicht, weshalb. Nach seiner Berechnung mussten zwei Tage vergangen sein, wenn die zweimalige Wiederkehr von zahnlosem Kerl, Fraß und mit Wasser verdünntem Bier ein Indiz für den Ablauf eines Tages war. Jack hatte keine Ahnung, auf welchem Schiff er sich befand und wer der Kommandant war. Sie hatten ihn schanghait, das war klar, aber üblicherweise ließ man die von Pressgangs entführten neuen Mannschaftsmitglieder nicht unter Deck schmoren, sondern trieb sie rasch nach oben und an die Arbeit.
Das Rätsel fand allerdings eine unwillkommene Lösung, als mehrere Männer kamen und Jack an Deck schleppten, wo er sich seinem alten Feind Rochard
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