In den Armen des Meeres
tief verletzt war. Jeden Tag wurde über sie geflüstert, über sie beide. Sie hatte geglaubt, sie wäre in den vergangenen sechs Jahren häufig gedemütigt worden, aber jetzt erst war diese Demütigung komplett. Die ganze Welt wusste, dass ihr Gemahl sich nicht um sie kümmerte, überhaupt nicht – und dass er sie nicht respektierte.
»Mrs de Warenne, Lady St. Xavier.«
Elysse drehte sich um, und beinahe wäre ihr das Herz stehen geblieben, als sie Thomas Blair neben ihrem Wagen stehen sah, der gerade aus seiner Kutsche geklettert war. Er legte eine Hand an ihre Tür und lächelte sie an.
Sie freute sich ehrlich, ihn zu sehen, und ertappte sich dabei, sein Lächeln zu erwidern. »Welch freudige Überraschung!«
»Das finde ich auch.« Er löste den Blick von ihr, um Ariella anzusehen, die gar nicht versuchte, ihre Missbilligung zu verbergen. »Genießen die Ladies diesen herrlichen Tag?«
»Wir versuchen es jedenfalls«, meinte Ariella finster.
»Achten Sie nicht auf sie. Ja, wie könnten wir nicht?« Elysse legte ihre behandschuhte Hand auf seine.
Er sah ihr in die Augen. »Gehen Sie ein Stück mit mir. Ich habe Sie vermisst.«
Ariella hustete.
Warum hatte sie Blair fortgeschickt? Sie war einsam, und er war einer der freundlichsten und attraktivsten Männer, die sie je gekannt hatte. Und Alexi trieb sich mit Jane Goodman in Irland herum.
»Ariella, ich werde ein wenig spazieren gehen.«
»Du wirst alles nur noch schlimmer machen!«, flüsterte Ariella ihr zu.
»Das bezweifle ich.« Als Blair die Tür für sie öffnete, reichte sie ihm eine Hand, damit er ihr behilflich sein konnte. »Willst du auf mich warten? Ich könnte sonst eine Droschke rufen.«
»Ich werde Sie nach Hause bringen«, warf Blair ein.
»Ich werde warten«, verkündete Ariella bestimmt.
Elysse beachtete sie gar nicht, sondern schob ihre Hand in Blairs Armbeuge. Sie spürte seinen warmen Blick, seine kraftvolle Nähe, seine männliche Erscheinung. Er half ihr über den Fußweg. »Ich fragte mich schon, wie lange Sie mich wohl auf Abstand halten würden.«
Sie lächelte. »Es ist mir nicht leichtgefallen.«
»Warum haben Sie es dann getan?« Er sah sie sehr direkt an, aber sie fühlte sich dabei nicht so unbehaglich wie unter Janssens Blick.
Sie zögerte, als sie stehen blieben und einander in die Augen schauten. Er hielt noch immer ihren Arm. »Sie haben richtig vermutet, Thomas. Meine Ehe ist zerrüttet. Ich versuche erfolglos, den Schein zu wahren.«
Langsam schüttelte er den Kopf. »Ihr Gatte verhält sich gewissenlos. Er sollte versuchen, seinen Teil dazu beizutragen – aus Respekt Ihnen gegenüber.« Er wirkte zornig.
Blair verlor sonst niemals die Fassung, sodass sie sehr überrascht war. »Er ist nicht sehr glücklich über unsere Freundschaft, vor allem nicht in Anbetracht der Tatsache, dass Sie sein Bankier sind.«
Es dauerte einen Moment, ehe er sprach. »Ich vermenge niemals die Arbeit mit dem Vergnügen oder würde irgendetwas tun, was den Gewinn gefährdet. Aber ... ich mag Sie sehr, Elysse.« Er ging weiter. Seine Miene war finster.
»Was bedeutet das?«, fragte sie. »Wollen Sie ihm schaden? Werden Sie jetzt seine Rivalen finanziell unterstützen?«
Er blieb abrupt wieder stehen. »Ich habe nicht vor, ihm zu schaden. Ich bin Bankier, Elysse, und seine Gewinnspannen gefallen mir. Und was meine anderen Klienten betrifft, so sind das, glaube ich, sehr vertrauliche Informationen.«
»Es tut mir leid«, rief sie und berührte seine Wange. Beinahe hätte sie das getan, worum Alexi sie gebeten hatte: Beinahe hätte sie versucht, Blair auszufragen, den freundlichsten Mann, den sie kannte – einen Mann, der ihr nicht gleichgültig war.
Er nahm ihre Hand und drückte sie an seine Wange. »Ich habe es ernst gemeint, als ich sagte, ich hätte Sie vermisst.«
Einen Moment lang ließ sie es zu, dass er ihre Hand hielt, ehe sie sich sanft aus seinem Griff löste. »Ich versuche nur zu tun, was ich für das Beste halte.«
Er betrachtete ihr Gesicht. »Das sehe ich. Bedeutet das also, Sie werden mir aus dem Weg gehen, bis Ihr Ehemann im Juni Segel setzt und nach China fährt?«
Sie nickte. »Ich denke, das wäre das Klügste, Thomas.« Dann zögerte sie. »Und ich möchte Sie nicht täuschen.«
»Was soll das bedeuten?«, fragte er in scharfem Ton.
»Einst habe ich einen Mann an der Nase herumgeführt, um Alexi eifersüchtig zu machen. Daraus ist nichts Gutes erwachsen«, fügte sie ernst hinzu. Sie glaubte zu
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