In Den Armen Des Schicksals
kam, aber sie hatte den Appetit eines Schwergewichthebers. Billie vermutete, dass der gute Mr. Daniels nur deshalb so früh das Zeitliche gesegnet hatte, damit seine zierliche Frau auch wirklich genug zu essen bekam.
„Ich hab noch mehr.“
„Nämlich?“
„Der neuste Klatsch …“ Sie ließ sich die Worte langsam auf der Zunge zergehen, genoss sie bis zur letzten Silbe.
„Ich wusste, als ich dich hier aufnahm, dass du für irgendwas gut sein musst, Mädel.“
„Ich bin so froh, dass ich Ihre Erwartungen erfülle.“
„Dann setz dich und lass mich einschenken. Und dann lassen wir uns alles munden.“
Die Küche war gerade groß genug für zwei. Billie nahm ihren Stammplatz neben dem Fenster ein, auf dessen Steinfensterbank die Geranien zum Überwintern standen. Wenn sie hinausschaute, konnte sie den Garten neben dem Haus sehen, nun ein glitzerndes Dickicht aus eingeschneiten Rosen, Efeu und Immergrün.
Flora kam mit der Teekanne, um Billies Tasse zu füllen. „Du hast einen Brief von zu Hause. Steuarts Frau hat ihn heute Morgen zusammen mit meiner Post gebracht.“
„Das haben sie mir schon bei Cameron’s gesagt. Ich wette, er ist von meiner Mutter. Sie hat den Versuch noch immer nicht aufgegeben, mich zu überreden, Weihnachten nach Hause zu kommen.“
„Aber du willst nicht?“
Billie dachte an ihr Zuhause, an sonnige Dezembertage und an ihre Familie, die sie seit Monaten nicht gesehen hatte. „Nun, jetzt kann ich nicht. Vor Weihnachten werde ich zu beschäftigt sein.“
„So, tatsächlich, ja?“
„Ja. Ich bin zu einer Hochzeit eingeladen.“
Flora setzte sich auf ihren Platz, ihre Augen funkelten vor Aufregung. „Wer heiratet denn?“
„Also, wenn ich jetzt Sie wäre, Flora, dann würde ich nur eine Augenbraue heben, vielsagend lächeln und irgendetwas wunderbar Geheimnisvolles von mir geben. Vielleicht sollte ich das tun, nur um Sie etwas von der eigenen Medizin schlucken zu lassen.“
„Aber du bist nicht ich, Mädel, also verschwende keine weitere Sekunde.“
„Duncan und Mara heiraten, und Mara hat mich gebeten, ihre Brautjungfer zu sein.“
„Na, das wurde aber auch Zeit!“
„So denken Duncan und Mara wohl auch. Sie sitzen ganz eifrig an der Planung.“
„Und du bist mit eingebunden.“
„Es mag seltsam klingen, aber ich habe das Gefühl, als würde ich Mara schon ewig kennen. Und Duncan ist einfach ein Schatz. Ich fühle mich geehrt, dass sie mich gefragt haben.“
„In der Zeit vor Weihnachten.“ Flora biss in ihr Hörnchen. „Aye, genau richtig. Eine gute Hochzeit wird immer zwischen Allerheiligen und Weihnachten gefeiert.“
„Es wird auf jeden Fall eine gute Hochzeit werden.“ Billie zögerte. „Sie findet auf Fearnshader statt, Flora. Oder besser, in der alten Kapelle auf dem Anwesen.“
„Dann ist Iain zurück?“
„So heißt es.“ Billie bemühte sich, den Stich der Enttäuschung abzuwehren, der sie bei diesen Worten durchfuhr. Es gab keinen Grund, zu erwarten, dass Iain Ross sie aufsuchen sollte, nur weil er wieder in Druidheachd war. Mit seiner monatelangen Abwesenheit hatte er ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass sie keinerlei Ansprüche auf ihn hatte.
„Also ist er schon länger zurück, oder?“
Billie zuckte nur mit einer Schulter. Sie sagte sich, dass es ihr nichts ausmache. Ihre Tage waren erfüllt und aufregend gewesen, seit Iain abgefahren war, und sie kam gut mit ihren Forschungen voran. „Ich weiß nicht, wann er zurückgekommen ist. Ich habe ihn bisher nicht gesehen.“
„Aber du wünschst dir, er hätte sich bei dir gemeldet?“
Sie gab es auf, sich zu verstellen. „Nun, wir wären fast zusammen ertrunken. Das ist doch schon irgendwie eine Verbindung, oder?“
„Unser Iain hat keine Bindungen. Oh, Duncan und Andrew sind seine Freunde, das stimmt schon, aber ich denke, selbst vor ihnen hält er einen Teil von sich versteckt.“
„Wieso?“
Bisher war Flora allen Fragen über Iain immer geschickt ausgewichen. Jetzt rührte sie in ihrem Tee und starrte in die Tasse, als könnte sie dort die richtigen Antworten finden. „Iains Eltern starben, als er noch ein kleiner Junge war. Erst sein Dad, dann seine Mum. Er wurde nach England zur Schule geschickt und kam nur in den Ferien nach Fearnshader zurück, wo sich die Dienstboten und ein alter Onkel seines Vaters um ihn kümmerten.“ Sie rührte schneller. „Manche im Dorf behaupten, der Onkel sei verrückt gewesen. Ob es nun stimmt oder nicht, für einen kleinen Jungen
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