In Den Armen Des Schicksals
hoffnungsloser Fall, aber ich würde trotzdem sehr gern mit dir tanzen. Solange dir klar ist, auf was du dich da einlässt.“
Mit den anderen zusammen stellten sie sich in einem Kreis auf, der fast der gesamten Größe des Saales entsprach. Iain verbeugte sich leicht vor Billie.
„Ist das einer von den Tänzen, bei dem du mich sofort verlässt und ständig die Partnerinnen wechselst?“
„Nein, du bist auf Dauer meine Partnerin.“
„Das klingt fast wie ein Eheversprechen. Eines nach der Do-it-yourself-Art und zudem von einem echten Zyniker ausgedacht.“
Er lachte, aber die Musik setzte ein, bevor er etwas erwidern konnte. „Mach einfach mit und schau bei den anderen Frauen ab.“
„Ich schaue viel lieber dich an.“
Etwas rührte sich in ihm. Es war kein Tanz, bei dem er sie eng an sich schmiegen konnte, was er jäh bedauerte. Iain vollführte die Eröffnungsschritte mit viel Highland-Bravour und Stil. Billie lieferte eine recht passable Nachahmung, und er nickte. Sie umkreisten einander, und er hielt ihren Arm in die Höhe, während er seinen anderen um ihre Taille schlang.
Zum ersten Mal verstand er die Absicht hinter einem Tanz wie diesem. Hier ging es nicht um Spaß, sondern es handelte sich um nichts anderes als ein Balzritual. Sie umkreisten sich, doch die Regeln waren streng. Wenn es ihm erlaubt war, sie zu halten, dann nur für einen kurzen Moment, und selbst dieser flüchtige Moment wurde genauestens bestimmt und kontrolliert. Doch ihre Blicke ließen einander nie los. Und als der Rhythmus schneller wurde und das Tempo sich steigerte, fanden sie auch Wege, die Berührungen intimer werden zu lassen. Sein Arm an ihrer Taille hielt sie fester. Mit ihren Hüften streifte sie seine. Als er sie unter seinem hoch erhobenen Arm um die eigene Achse wirbelte, streiften ihre Brüste seinen Oberkörper.
Die Musik verklang mit einem letzten Aufbranden, und vertrautes Verlangen hatte von Iain Besitz ergriffen. Billies Gesicht war erhitzt, ihre Wangen glühten, und ihre Augen sprühten Funken. Das Licht im Saal schien gedämpfter. Die Kerzen flackerten, warfen zuckende Schatten auf die alten Steinmauern. Iain blinzelte, um seine Sicht zu klären, und plötzlich hatte Billie sich verändert. Sie war Billie und doch nicht Billie. Das Haar fiel ihr lang über den Rücken hinunter, auch wenn es fast ganz von einem leinenen Schleier bedeckt war. Ihr Kleid war länger und von einem hellen Rosé. Sie hob die Augen zu seinem Gesicht, dieselben warmen braunen Augen mit den dunklen Wimpern, und in ihnen konnte er die vergangenen Jahrhunderte sehen.
Schwindel riss ihn mit. Er lehnte sich zu ihr vor. Sie beugte sich ihm entgegen.
Eine Hand griff plötzlich nach seiner Schulter.
Iain schwang herum. In diesem Moment fühlte er sich eingekesselt von Gefahr. Er war umstellt von Leuten, die nach Rache dürsteten. Er konnte Christina nicht bewahren vor dem, was sie erwartete. Sie waren verloren, wegen ihrer Liebe.
„Iain.“
Er war bereit für den Kampf, hob die geballte Faust …
„Iain, hast du jetzt den Verstand verloren?“, fragte Andrew leise.
Iain starrte auf Andrew. Seinen Freund. Er fluchte leise unter angehaltenem Atem.
„Entschuldige uns für einen Moment, Billie“, sagte Andrew jetzt, „aber ich muss deinen Tanzpartner kurz entführen, wegen der Räume für heute Nacht.“ Damit drehte er sich um und ließ Billie vorerst mit Iain allein.
Iain wandte sich ihr zu. Sie wirkte atemlos, aber sie schien sich nicht im Klaren darüber zu sein, was soeben geschehen war. Er wusste, dass irgendetwas von ihm erwartet wurde, suchte bemüht nach den passenden Worten. Als er sprach, klang seine Stimme völlig normal. „Sehe ich dich später noch?“
„Sicher, ich muss nur erst wieder zu Atem kommen.“
Iain fand Andrew in der Ecke des Saales. Er blieb vor ihm stehen, doch er brachte kein Wort über die Lippen.
„Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.“ Andrew legte dem Freund eine Hand auf die Schulter.
Das Schwindelgefühl hatte sich nahezu gelegt, doch dafür machte sich jetzt Angst in Iain breit. „Einen Geist?“
„Aye, Iain. Einen Moment lang hast du mich vorhin angesehen, als wäre ich jemand anders.“
„Aye, ich habe einen Geist gesehen, Andrew.“
Andrew runzelte die Stirn und verstärkte den Griff an Iains Schulter, wie um den Freund zu stützen.
„Ich habe einen Geist gesehen“, wiederholte Iain. „Den Geist meines Vaters und aller Ross’. Ich habe gesehen, was mich
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