In den Armen des Schotten
die alle in der Nacht der Wintersonnenwende zur Welt gekommen waren. Als Graces und Greylen MacKeages sieben Töchter erwachsen wurden und anfingen, eigene Wege zu gehen, begannen sich die einst gemütlichen Zusammenkünfte auszuweiten, denn die Mädchen kehrten jeden Dezember nach Pine Creek zurück und hatten dabei mehrere Ehemänner und eine immer größer werdende Kinderschar im Schlepptau.
Besorgt sagte sich Megan, dass zwei Wochen, die Gesader nun schon weg war, zu lang waren, als sie die Stalltür aufstieß und zu Goose Downs Box ging. »Na, mein Großer«, sagte sie sanft und tätschelte die Nüstern des riesigen Kaltblüters liebevoll. »Was hältst du davon, mir bei der Suche nach Gesader zu helfen?«
Sie nahm Gooses Trense vom Haken, der unter seinem Namensschild angebracht war, und öffnete die Tür zur Box. »Der Schnee reicht dir nur bis zu den Fußwurzelgelenken, und die Schneedecke ist nicht gefroren, sodass du eigentlich gut vorankommen solltest.« Sie schob ihm das Gebiss ins Maul und zog das Genickstück des Zaumzeugs über die Ohren. »Ich habe diesen schwarzen Teufel vor der Sonnenwende das letzte Mal gesehen, und wenn es kein anderer tut … ich mache mir Sorgen um ihn.« Sie führte Goose in die Stallgasse und band ihn auf der Schwelle fest, dann legte sie die Stirn an seinen großen warmen Kopf. »Was, wenn er verletzt ist?«, flüsterte sie. »Wenn er in eine Kojotenfalle geraten oder von einem Rehbock aufgespießt worden ist, den er reißen wollte?«
Megan ging zur Sattelkammer und griff nach dem schweren Sattel. »Du musst mir dabei helfen, dass ich mich ungesehen davonstehlen kann, Goose, denn noch mehr Predigten darüber, was ich zu tun und zu lassen habe, kann ich nicht gebrauchen.« Mit einem Ächzen gelang es ihr schließlich, den Sattel herunterzuheben. »Ich bin schwanger und nicht krank.«
»Die Predigten halten sie nur, weil sie dich lieben«, sagte eine bekannte Stimme hinter ihr.
Megan wirbelte mit einem Keuchen herum und ließ dabei den Sattel fallen. »Kenzie«, stieß sie hervor.
Sie hatte den beeindruckenden Highland-Krieger vor sechs Tagen auf Winters und Matt Gregors Hochzeit kennen gelernt. Kenzie sei sein lange Zeit verschollener Bruder, hatte Matt erklärt, als er Kenzie stolz allen, die bei der Hochzeit auf der Wiese von Bear Mountain zusammengekommen waren, vorgestellt hatte. Oder um genauer zu sein: er sei sein tausend Jahre alter Bruder. Denn Matt war zugleich unter dem Namen Curam de Gairn bekannt … einem mächtigen Druiden, der tausend Jahre in die Zukunft gereist war, um eine ebenso mächtige Zauberin – die zufälligerweise Megans jüngste Schwester, Winter war – dazu zu bringen, ihm dabei zu helfen, ein schreckliches Unrecht wiedergutzumachen.
Niemand war von Kenzies mysteriösem Erscheinen überrascht gewesen, was wohl daran lag, dass Megans Vater, Laird Greylen MacKeage, sowie ihre Onkel Morgan und Callum MacKeage und Michael MacBain ebenfalls Zeitreisende waren.
In Megans Kopf drehte sich alles bei der Erkenntnis, dass die Magie, die sie schon von Geburt an spürte, in letzter Zeit außer Kontrolle zu geraten schien. Oder vielleicht drehte sich auch nur deshalb alles, weil sie wieder aufgehört hatte zu atmen – was ihr ständig zu passieren schien, wenn Kenzie Gregor in ihrer Nähe war.
»Ein Mädchen in deinem Zustand sollte keine schweren Sättel heben«, sagte er und sah sie mit seinen goldenen Augen vorwurfsvoll an. Er nahm den Sattel und legte ihn wieder auf die Halterung. Dann drehte er sich um und verließ die Sattelkammer. »Und es sollte auch nicht reiten.«
Megan starrte die Tür an, durch die er verschwunden war, während sie tief einatmete und langsam bis zehn zählte. Doch als sie hörte, wie Goose wieder in seine Box geführt wurde, verlor sie auch den Rest von Geduld, den sie noch gehabt hatte. Sie rannte in die Stallgasse, riss Kenzie die Zügel aus der Hand und führte ihr Pferd wieder zu der Stelle, wo sie es festgemacht hatte.
»Ich bin sehr wohl dazu in der Lage zu entscheiden, was ich tun sollte und was nicht«, erklärte sie und marschierte wieder zur Sattelkammer.
Kenzies goldene Augen blitzten vor Erheiterung, als er angesichts ihres wütenden Gesichts eine Augenbraue hochzog.
»Ich weiß, dass du gerade mal eine Woche in diesem Jahrhundert bist«, sagte sie. »Aber du wirst schnell feststellen, dass sich die Dinge im Laufe von tausend Jahren ein wenig geändert haben. Frauen des einundzwanzigsten
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