In den Armen des Spions
war schon dort und legte eines von Emilys wenigen Abendkleidern heraus. Und - welch ein Segen - ein Badezuber stand vor dem Kamin, gefüllt mit dampfendem Wasser.
Leonora warf einen Blick auf Emilys entzückte Miene und lachte.
»Lassen Sie sich Zeit. Wir fangen mit dem Essen nicht ohne Sie an.« Sie schaute Emily in die Augen. »Und wenn es noch etwas gibt, das Sie brauchen, irgendetwas, bitte fragen Sie einfach.«
Emily hörte die unterschwellige Botschaft und sah als Bestätigung dafür die Aufrichtigkeit in Leonoras leuchtend blauen Augen. Sie spürte eine Verbundenheit, wie sie sie noch nicht einmal mit ihren Schwestern gekannt hatte.
»Danke.« Sie lächelte und erklärte ebenso aufrichtig: »Das werde ich.«
Leonora lächelte strahlend. Sie drückte ihr die Hand.
»Gut. Und jetzt überlasse ich Sie Ihrem Bad.«
Das Dinner mit den vierzehn alten Damen und den beiden anderen Paaren erwies sich als herzliche und entspannte Angelegenheit. Emily konnte spüren, wie die Anspannung - die in den vergangenen Wochen so beständig und beharrlich ihr Begleiter gewesen war, dass sie ganz vergessen hatte, dass sie da war - sich auflöste.
Obwohl er wenig an solch mitreißende - um nicht zu sagen ausgelassene - weiblich dominierte Diskussionen gewöhnt war, und auch nicht an die Herzlichkeit und die klare Unterstützung, die so frei und uneingeschränkt wahrnehmbar war, stellte auch Gareth bei sich fest, dass seine Wachsamkeit nachließ. Er musste sich immer wieder bewusst machen, dass noch Sektenanhänger im Land waren, dass sie immer noch damit rechnen mussten, dass ihre Verfolger sie trotz allem fanden.
Als er erkannte, dass die Damen nicht vorhatten, die drei Herren ihrem Portwein und Brandy zu überlassen, sondern sogar begannen, ebenfalls diesen Getränken zuzusprechen, nutzte er den Moment, um Tristan gegenüber leise zu bemerken, dass es angebracht sei, Nachtwachen festzulegen.
Aber Lady Hermione, die zwischen ihnen saß, hörte das mit.
»Oh, damit müssen Sie sich nicht belasten - oder Ihre Leute. Wir übernehmen das liebend gerne.«
Ehe Gareth verwundert blinzeln konnte, hatten die anderen Damen sich der Sache angenommen. Sekunden später waren die Nachtstunden aufgeteilt.
Verblüfft blickte er zu Tristan, der grinste.
»Keine Sorge - sie machen das schon. Und wehe dem Sektenanhänger, der versucht, sich ins Haus zu schleichen.«
Lady Hortense, die ihm gegenübersaß, sah sein Zögern.
»Trentham hat recht. Wir brauchen ohnehin nicht viel Schlaf, nicht in unserem Alter, und wir haben zur Not Henrietta und Clitheroe, um auszuhelfen und Alarm zu schlagen, falls das nötig wird.«
Gareths Blick wanderte zu Clitheroe, dem alternden Butler.
Clitheroe verneigte sich vor Lady Hortense.
»Sehr wohl, Mylady.«
»Henrietta«, rief Jack den Tisch entlang, »ist Leonoras Wolfshündin. Sie ist Ihren Leuten bereits vorgestellt worden, aber Sie haben sie noch nicht getroffen.«
»Nachts darf sie frei im Haus umherlaufen«, warf Leonora ein. »Sie ist ein ausgezeichneter Wachhund.«
»Um es ohne Umschweife zu sagen«, sagte Tristan, »sie wird jeden zerfleischen, der versucht hier einzubrechen.«
Später begab sich die ganze Gesellschaft in den Empfangssalon, und Henrietta wurde gerufen und mit Gareth und Emily bekannt gemacht. Spätestens jetzt ließ Gareth alle Einwände gegen die Pläne der alten Damen fallen. Als er sich hinsetzte, befand sich Henriettas zotteliger Kopf mit dem beeindruckenden Gebiss in gleicher Höhe mit seinem.
Als er dann noch eine Weile später die Treppe mit Tristan und Jack hochstieg, nachdem sie sich vergewissert hatten, dass das Erdgeschoss sicher war und dass Ethelreda, Edith und Flora, die die erste Wache übernommen hatten, zufrieden vor dem Feuer im Kamin der Halle saßen, Henrietta zu ihren Füßen, räumte Gareth ein:
»Es ist so lange her, dass ich das Gefühl hatte, unsere kleine Gesellschaft sei nicht bedroht ... es dauert einfach, bis ich mich daran gewöhnen kann.«
Jack brummte.
»Ich habe ein Jahr gebraucht, bis ich aufgehört habe, jeden im Raum im Geiste zu überprüfen, wann immer ich ein Zimmer betreten habe. Das ist einfach das Erbe eines Daseins als Spion.«
Tristan nickte.
»Wenigstens ein Jahr. Ein Teil von einem denkt immer noch, man müsse weiterhin auf der Hut sein. Es dauert einige Zeit, bis das nachlässt.«
»Besonders, wenn Damen in der Nähe sind.« Jack grinste. Mit einem knappen Gruß bog er in einen Korridor ein.
Gareth trennte sich von
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