In den Armen des Spions
Tristan mit einem Lächeln und ging über die Galerie zu seinem eigenen Zimmer. Emilys lag daneben, und es gab - was für ein glücklicher Umstand -eine Verbindungstür.
Zehn Minuten später, nur in seinen Morgenmantel gehüllt, probierte er die Tür, stellte fest, dass sie nicht versperrt war, und ging hindurch. Sie war schon im Bett, schlief aber noch nicht. Sie hatte die Vorhänge nicht vorgezogen; die Schatten ergaben ein bizarres Muster auf dem Boden, und wann immer der Wind draußen die kahlen Zweige bewegte, tanzte das Mondlicht im Zimmer.
Er legte seinen Morgenrock ab, schlüpfte unter die Decken und hörte das leise Kichern, das ihr immer unwillkürlich entfuhr, wenn sich die Matratze unter seinem Gewicht senkte und sie zu ihm rollte. Er fing sie auf, zog sie an sich und in seine Arme.
»Worüber hast du gerade nachgedacht?« Als du hier im Dunkeln lagst?
Sie schmiegte ihren Kopf an seine Schulter.
»Dieses Haus - dieser Haushalt, all die alten Damen. Es ist alles so sehr englisch und so gemütlich. Jetzt, wo ich wieder zu Hause bin, ist es fast so, als müsse ich neu lernen - mich ganz bewusst daran erinnern -, was ich am meisten mag, was ich an allem hier in diesem Land am meisten schätze.«
»Ach?«
In der Silbe schwang solcher Argwohn mit, dass Emily sich auf einen Ellbogen aufrichtete und ihm ins Gesicht schaute.
»Ich dachte an Häuser und Haushalte und die Zusammensetzung von Gruppen. Und an Familien und Atmosphäre und Behaglichkeit.«
»Verstehe.« In dem Dämmerlicht versuchte er in ihren Augen zu lesen. »Also rufst du dir nicht in Erinnerung, was du an Gentlemen besonders schätzt?«
»Nein.« Sie lächelte. »Allerdings ...« Sie senkte die Lippen auf seine, bis sie sich fast berührten, dann murmelte sie: »Vielleicht sollte ich mir aber in Erinnerung rufen, was ich an dir besonders mag - nur um ganz sicherzugehen, dass es noch meinen Erwartungen entspricht, jetzt, wo wir wieder hier sind.«
Seine Brust bebte unter ihr, als er lachte. Immer noch lächelnd küsste sie ihn.
Und machte sich daran, eine gründliche Inventur zu machen, eine, die sie und ihn gleichermaßen befriedigte.
Im Privatsalon eines kleinen Gasthofes, zwei Meilen entfernt, unterbrach Roderick Ferrar sein Fluchen und gönnte sich einen großzügigen Schluck des ausgezeichneten französischen Brandys, den der Wirt zutage gefördert hatte. Er schluckte und betrachtete dann den Rest der bernsteinfarbenen Flüssigkeit im Glas.
»Das hier ist das einzig Gute, das der Tag uns bislang gebracht hat.«
Roderick lehnte sich in einem der beiden Stühle zurück, die um den runden Tisch in der Mitte des Raumes standen.
Auf dem anderen Stuhl zuckte Daniel Thurgood die Achseln.
»Es hätte noch schlimmer werden können. Wir wissen zwar vielleicht nicht, wo Hamilton sich genau aufhält, aber wir wissen, er ist hier irgendwo in der Nähe. Und wie Alex schon gesagt hat, es ist wahrscheinlich, dass die Kuriere irgendwohin in Norfolk unterwegs sind. Unsere Späher an den Straßen zwischen hier und dort werden die Spur von Hamilton und seiner Gefolgschaft schon wieder aufnehmen, sobald er sich auf den Weg dorthin macht. Wir haben mehr als genug Leute, um eine erkleckliche Gruppe bereitstehen zu haben, die sich ihnen an die Fersen heften kann, sobald sie die Themse überqueren.«
Daniel beobachtete Roderick, der weiterhin in sein Glas starrte, und wartete.
Sie drei - er, Roderick und Alex - waren alle Abkömmlinge des vornehmen Hauses von Shrewton, alle Kinder des gegenwärtigen Earls - und hatten sich vor einigen Jahren gefunden. Dass sie alle denselben Vater hatten, führte dazu, dass sie alle drei die gleichen Dinge schätzten und begehrten - vor allem Geld und Macht. Macht über andere, Macht, die so grausam eingesetzt werden konnte, wie sie es wollten, wie ihre Launen es befahlen.
Als Roderick eine Stelle in Bombay angetreten hatte, waren ihm Daniel und Alex nachgereist, und zu dritt hatten sie festgestellt, dass die Gelegenheiten und Möglichkeiten, die ihnen der Subkontinent bot, ganz nach ihrem Geschmack waren.
Sie hatten den Kult der Schwarzen Kobra gegründet und jahrelang in Saus und Braus gelebt.
Bis ein verirrter Brief, im Namen der Schwarzen Kobra geschrieben, in die Hände einer Gruppe Offiziere geraten war. Dieser Brief war zu allem Überfluss mit dem unverkennbaren Zeichen der Schwarzen Kobra unterschrieben und dank einer Verkettung unseliger Umstände versehentlich mit dem Siegel des Familiensiegelrings
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