In den Armen des Spions
gönnte. Gewöhnlich war Alex abstinent, aber heute hatte er ebenfalls ein Glas, an dem er nippte.
»Armer Roderick.« Mit einem Kopfschütteln stellte Alex die Karaffe zurück aufs Sideboard. »So ... bedauerlich ineffektiv. «
»In der Tat.« Daniel gönnte sich einen weiteren Schluck. Er stand immer noch ein bisschen unter Schock - nicht wegen Rodericks Tod an und für sich - den hätte er schon einige Zeit kommen sehen müssen, es war schließlich die fehlende Bereitschaft seines dämlichen Halbbruders gewesen, auch die Folgen seines Handelns zu bedenken, die sie drei in diesen Schlamassel gebracht hatte. Dennoch hatte er es nicht kommen sehen - hatte den Tod nicht in Alex’ Augen gesehen, bis der Dolch sein Ziel fand.
Aber Alex hatte recht. Roderick hatte sterben müssen, da und dort, in dem Augenblick. Dank Alex’ Geistesgegenwart waren sie beide unerkannt davongekommen.
Daniel hob sein Glas und sah Alex in die Augen, der nun auf einem Sofa in der Nähe saß.
»Auf Roderick - den Idioten -, der bis zum Schluss davon überzeugt war, dass unser werter Erzeuger ihn immer retten würde. Er war ein Narr, aber unser Bruder.« Er trank.
Alex nippte.
»Halbbruder.« Alex’ Lippen verzogen sich. »Leider hat er die bessere Hälfte nicht abbekommen - die klügere.«
Daniel hob in Anerkennung sein Glas, sagte aber nichts. Er und Alex teilten sich den Vater, hatten aber verschiedene Mütter. Die klügere Hälfte also, auf die Alex anspielte, musste er demnach auch nicht abbekommen haben. Er sah in sein Glas und beschloss, dass es besser sei, mit dem Trinken aufzuhören.
»Aber Roderick ist nicht länger von Bedeutung, mein Lieber. Wir sind es.« Alex’ Stimme war leise, aber klar und wie immer bezwingend. »Und wir müssen Schritte unternehmen, um sicherzustellen, dass unser Hals nicht in die Schlinge des Henkers gerät.«
»Unzweifelhaft.« Daniel stellte sein Glas ab und schaute Alex an. »Wie stets stehe ich dir gänzlich zur Verfügung, aber ich gehe mich besser um Monteith kümmern. Wir brauchen seine Kopie des Briefes.«
Alex nickte.
»Während du das tust, werde ich einen weiteren Umzug organisieren. Bedauerlicherweise sind wir hier zu dicht an dem Ort, an dem Roderick sein vorzeitiges Ende ereilt hat. Unsere Gegenspieler kommen vielleicht auf die Idee zu suchen. Ich habe alles an einen anderen Ort geschafft, bis du wieder mit Monteiths Brief zurück bist. Es ist nicht zu weit entfernt.«
»Und dann werden wir unser Willkommen für Carstairs vorbereiten müssen.«
»Genau.« Alex’ Augen glitzerten. »Ich werde mich ebenfalls morgen daranmachen. Jetzt, wo wir wissen, dass er auf dem Rhein unterwegs ist und das in flottem Tempo, steht es so gut wie fest, dass er durch Rotterdam kommt. Ich habe bereits allen unseren Leuten, die auf dieser Seite des Ärmelkanals sind, Anweisung gegeben, dafür zu sorgen, dass ihm ein herzlicher Empfang bereitet wird. Aber da die anderen drei alle hierhergekommen sind, wie stehen da die Chancen, dass er nach Felixstowe oder Harwich reist? Das sind die nächsten und am leichtesten zu erreichenden Häfen für diesen Teil des Landes.«
»Er wird das Original bei sich haben, nicht wahr?«
Alex nickte.
»Nur die Tatsache, dass er auf dem direktesten Weg kommt ... unser Strippenzieher versucht nicht, möglichst viele unserer Männer auf ihn zu lenken, sondern ihm die kürzeste und sicherste Route zuzuweisen, die bestmögliche Chance, den Strippenzieher zu erreichen. Das ist der Grund, warum er der Letzte ist, der eintrifft, und auch, weshalb Monteith aus der entgegengesetzten Richtung kommt.«
»Also wird Carstairs nicht mehr lange brauchen.«
»Nein, aber was ich für ihn in Rotterdam geplant habe, wird ihn mindestens aufhalten, was alles ist, was wir brauchen.« Alex blickte zu Daniel. »Du kümmerst dich um Monteith und überlässt es mir, unseren Willkommensgruß für Carstairs in Stellung zu bringen. Bis du mit Monteiths Brief wieder zurück bist, wird alles bereit sein.« Alex lächelte boshaft. »Wer auch immer der Strippenzieher ist, ich garantiere, dass Carstairs nie bei ihm ankommen wird.«
Daniel nickte und stand auf.
»Ich mache mich besser auf den Weg, wenn ich heute noch zu den Männern will.«
»Wo genau befinden sie sich?«
»In einer verlassenen Scheune außerhalb eines Dorfes namens Eynesbury. Ich habe sie mit der strikten Anweisung dorthin geschickt, nach Monteith Ausschau zu halten und dafür zu sorgen, dass er nicht nach Cambridge gelangt. Sie
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