In den Armen des Spions
tragen.« Sie sah ihn fragend an.
»Das wollte ich gerade vorschlagen«, räumte er ein. »Allerdings kann ich mir vorstellen, dass es darunter ziemlich warm ist. Wenigstens sind diese Kleider hier« - er deutete auf seine Aufmachung - »kühler als unsere gewöhnliche Kleidung.«
Sie nickte.
»Das ist das Problem - die Burkas werden über allem anderen getragen.« Sie machte eine Pause, dann sprach sie weiter. »Vielleicht wenn wir unsere Spaziergänge an Deck in die Abendstunden verlegen oder auf eine Zeit, wenn keine anderen Schiffe zu sehen sind, die so nah wären, dass sie uns erkennen könnten, ginge es doch auch.«
Er nickte.
»Höchstwahrscheinlich. Realistisch geschätzt werden die Sektenanhänger einen oder zwei Tage benötigen, um uns einzuholen.« Er fing ihren Blick auf. »Sie haben uns bemerkt, als wir ausgelaufen sind.«
Sie verzog das Gesicht.
»Sie werden uns folgen, nicht wahr?«
»Ich fürchte schon.«
Stille hüllte sie ein, nur unterbrochen von dem Klatschen der Wellen an den Schiffsrumpf, dem Knarren der Segel und dem einsamen Schrei einer Möwe. Es hätte sich unbehaglich anfühlen müssen, aber es war stattdessen einvernehmlich -ein gemeinsam erlebter Augenblick.
Er schaute ihr ins Gesicht, sah ihre gelassene heitere Miene und wusste, dass sie dieses Wohlbehagen ebenfalls spürte. Es war nur natürlich, sagte er sich, dass sie sich zueinander hingezogen fühlten. Es war nicht anders zu erwarten, dass sie sich einander zuwandten, dem jeweils einzigen Mitglied der gleichen Gesellschaftsschicht an Bord, um der Einsamkeit zu entgegen.
Nähe und Gesellschaft.
Das war alles, worum es hier ging.
»Sie - und die anderen drei - Sie tun dies hier auch in Gedenken an Captain MacFarlane, nicht wahr?«
Die Frage traf ihn unvorbereitet.
»Ja.« Das plötzliche Aufwallen von Gefühlen, die Erinnerung an James, erschütterte ihn. Er holte Luft, verlagerte sein Gewicht ... dann schloss er seine Hand fester um die Reling. »Es ist unser Auftrag, und daher sind wir entschlossen, ihn zu Ende zu führen - aber wir hätten das auch getan, wenn James am Leben wäre, und das mit derselben Entschlossenheit. Aber ...« Zum ersten Mal sah er genauer hin und erkannte es. »Sie haben recht - jeder von uns tut es auch, um James zu rächen.«
Er fühlte ihren Blick auf seinem Gesicht und ihre Billigung, ehe sie sich abwandte.
»Das macht mich froh. Da Captain MacFarlane gestorben ist, als er mich begleitet hat, habe auch ich ein Interesse daran, dass sein Tod gerächt wird.«
Das war keine Überraschung für Gareth. Er konnte so mühelos James’ junges, ansteckendes Lächeln vor seinem geistigen Auge heraufbeschwören. Seine unbekümmerte Lebensfreude hatte Gareth und den anderen auch immer das Gefühl gegeben, so viel älter und erfahrener zu sein. James hatte sich immer großer Beliebtheit bei den Damen erfreut. Gareth warf Emily einen Blick von der Seite zu. Es war nicht schwer, sich vorzustellen, welche romantischen Gefühle ein so schneidiger Mann in einer weiblichen Brust erwecken konnte, wenn er bei der Verteidigung der Besitzerin besagter Brust sein Leben ließ.
Ihre Bemerkung jedoch weckte wieder die nagende Frage, ob - so merkwürdig das auch schien - sie ihre Pläne geändert hatte, um ihm nachzureisen. Aber warum ausgerechnet ihm und nicht Del oder einem der beiden anderen?
Die Frage war ihm unangenehm, und wie um alles auf der Welt sollte er sie ihr stellen, ohne hoffnungslos aufgeblasen und von sich selbst eingenommen zu wirken?
»So.« Sie drehte sich um, schaute ihn an und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Reling. »Was haben Sie vor zu tun, wenn das hier alles vorüber ist und Sie wieder zurück in England sind?«
Er starrte sie an.
»Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht.« Das hatte er wirklich nicht. Sein Kopf müsste eigentlich leer sein, aber zu seinem nicht geringen Erstaunen begann sein Verstand zu arbeiten und ließ allerlei wünschenswerte Bilder erstehen ... in denen allen sie vorkam. Er blinzelte und sah weg. »Ich sollte einen Rundgang über Deck machen. Ich bin an der Reihe.«
Ihr Stirnrunzeln war mehr aus ihrer Stimme herauszuhören als in ihrem Gesicht erkennbar.
»Aber man würde es doch hören, wenn ein anderes Schiff näher kommt.«
»Sie könnten auch schwimmen. Das würde ich nicht von vornherein ausschließen.«
»Nun gut - ich begleite Sie.«
»Nein!« Das war das Letzte, was er gebrauchen konnte. Es war nicht nur sein Verstand, der auf ihre
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