In den Armen meines Feindes
wirst?“
Sie ertrug seinen durchdringenden Blick nicht länger und senkte die Lider. „Ich weiß nicht … Wahrscheinlich wollte ich es einfach nur vergessen und für einen Abend jemand anders sein.“ Sie hob den Kopf und sah ihn an. „Mich hast du an jenem Abend nicht getroffen, auch nicht während der einen Woche. Zumindest nicht die Person, die ich wirklich bin.“
„Wer bist du denn wirklich?“
Wie sollte sie ihm sagen, wer sie in Wirklichkeit war? Wie konnte sie solche Worte überhaupt aussprechen und die Schande eingestehen? Wie ihm sagen, dass sie als Kind Essen für sich und Jayden gestohlen hatte, während ihre Mutter wieder einmal ans Bett gefesselt war, verletzt durch einen neuerlichen Angriff des Vaters?
Und wie würde Massimo reagieren, wenn er den schrecklichen Grund erfuhr, weshalb ihr Bruder seine Tage in einem Heim verbringen musste, sein einst so wacher Verstand auf immer erloschen?
Nikki wandte den Blick ab. Bittere Tränen des Bedauerns und der Schuld brannten in ihren Augen.
„Und wer ist die Frau, die mir jetzt gegenübersitzt?“, fragte Massimo. „Die geldgierige Goldgräberin oder das Mädchen mit dem goldenen Herzen?“
„Vielleicht bin ich ja beides“, sagte sie leise, als sie ihm wieder das Gesicht zuwandte.
Der Ober brachte ihre Drinks. Eine Unterbrechung, die Massimo nutzte, um über Nikkis Antwort nachzudenken. Sie war eine komplexe Persönlichkeit, das erkannte er nun. In der einen Woche voll unbeschwerter Leidenschaft hatte er natürlich nie darüber nachgedacht. Doch jetzt war er entschlossen, jede einzelne ihrer Tiefen und jedes einzelne ihrer Geheimnisse zu ergründen.
Er hatte lange auf seine Rache warten müssen. An nichts anderes hatte er während der vergangenen fünf Jahre gedacht. Jeden Tag hatte er hart gearbeitet, um sein Imperium aufzubauen. Damit er die Chance auf eine Revanche haben würde.
Um Reichtum und Macht anzuhäufen, war er absolut skrupellos vorgegangen. Die Wut auf seinen Stiefvater allerdings war fast bedeutungslos geworden, sobald er begann, seine Rache an Nikki zu planen.
Nikki Ferliani eilte der Ruf voraus, kühl und unnahbar zu sein. In diesem verführerischen Körper schlug ein Herz aus Stein.
Aber dieses Mal würde er sich nicht von dem unberührbaren Anschein täuschen lassen. Dieses Mal würde er sie genau dort haben, wo er sie haben wollte. Seit fünf langen Jahren.
In seinem Bett.
6. KAPITEL
„Mr. Androletti, Ihr Tisch ist bereit“, ließ der Ober Massimo kurze Zeit später wissen.
„Danke.“ Massimo erhob sich und reichte Nikki die Hand.
Die Berührung jagte ein Prickeln über Nikkis Haut. Sie wollte ihre Hand zurückziehen, doch sein Griff wurde nur fester.
Mit einem Stirnrunzeln betrachtete er den schweren Diamantring an ihrem Finger, als das Licht sich funkelnd in den Steinen brach. „Warst du glücklich in der Ehe mit Joseph?“, fragte er.
Nikki zögerte mit der Antwort. Ein Ja würde ihn nur provozieren, aber bei einem Nein würde er sich fragen, warum sie in einer unglücklichen Ehe geblieben war. Und sicher würde er sofort schließen, dass sie es nur getan hatte, um ihren luxuriösen Lebensstil beizubehalten.
„Wie in jeder Ehe gab es glückliche und weniger glückliche Momente“, antwortete sie also ausweichend und versuchte erneut erfolglos, ihre Finger aus seinen zu lösen.
„Hat er dich gut behandelt?“
„Ja.“ Sie schluckte unauffällig, als ihr Blick auf ihre ineinander verschränkten Hände fiel. „Ja, das hat er.“
Verlangen breitete sich tief in ihrem Inneren aus, als ihr der Kontrast ihrer hellen Haut zu seiner sonnengebräunten auffiel. Seine große Hand mit den schlanken kräftigen Fingern zusammen mit ihrer zu sehen machte ihr plötzlich ihre Weiblichkeit bewusst wie seit Jahren nicht mehr.
Jetzt ließ er ihre Hand los und fasste ihren Ellbogen, um sie an den Tisch zu führen. Genau dort hatte er sie vor fünf Jahren mit brennender Leidenschaft betrachtet.
Nikki setzte sich. Sie konnte nur hoffen, dass er nicht bemerkte, wie aufgewühlt sie war. Trieb er es mit seiner Rache nicht zu weit? Viele junge Leute verliebten sich und trennten sich wieder, lebten ihr Leben. Wieso konnte er das nicht tun? Und was nützte ihm dieses ganze Unterfangen? Ändern würde es nichts mehr. Sie hatte einen anderen Mann geheiratet, aus Gründen, die er wahrscheinlich nie verstehen würde. Niemand konnte das verstehen, der nicht in ihrer Haut steckte.
Das Gesicht ihres jüngeren Bruders schoss ihr
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