In den eisigen Tod
Unteroffizier Edgar Evans mit ihm dorthin marschieren sollte. Beide Männer waren seit ihrer Ankunft in Antarktika außerordentlich fit geblieben (oder »hart«, wie Scott es ausdrückte), und Scott war überzeugt, dass sie den für erfolgreiche Schlittenreisen notwendigen Charakter und Schwung besaßen. Jetzt kämpften sie sich als menschliche Zugtiere über das weite unbelebte Plateau und waren dabei Temperaturen ausgesetzt, die nachts bis auf minus 40 Grad fielen und tagsüber selten auf über minus 32 Grad stiegen. In der dünnen Luft bekamen sie Atemprobleme. Die Ebene war nicht plan, und der Boden unter ihren Füßen wechselte von einer spiegelglatten Fläche bis zu den tückischen Wellen der vom Wind gebildeten »Sastrugi« oder Schneewehen, die den Schlitten zum Kentern brachten. Scott fühlte sich, als befänden sie sich auf hoher See in einem kleinen Boot, das »in einem Augenblick stillzustehen scheint, um eine Welle hoch zu klettern, und im nächsten Moment in eine Senke ab zu tauchen scheint«. Mit Genugtuung dachte er an die Kraft seiner beiden Begleiter und schilderte, wie sich »unser Schlitten« mit ihnen, die er beide hinter sich wusste, »in ein lebendiges Wesen verwandelte und [dass] die Tage des langsamen Vorankommens gezählt waren«. Doch das trostlose Plateau nahm kein Ende.
In seinen Tagebüchern berichtete Scott über seine täglichen Probleme mit dem Schlittenziehen und dem Lagerleben: „Die schlimmste Zeit für das Schlittenziehen ist die, wenn es am kältesten ist … Der menschliche Körper sondert immer Feuchtigkeit ab … viel dringt durch die Poren der Haut … eine kleine Menge bleibt als Eis auf den Kleidern … [sammelt sich an] bis man vollkommen darin eingeschlossen ist … alle Dinge, die sich an Bord des Schiffes so angenehm anfühlten, werden hart wie Bretter. Noch schlimmer – dieses Eis findet man als so dicke Schicht auf allem, was in der Nacht der Bequemlichkeit dient: Schlafsack … Fußbekleidung für die Nacht werden ebenso steif wie eiskalt sein.“ Die einzige Möglichkeit, nachts die gefrorenen Schlafsäcke und morgens die gefrorenen Stiefel aufzutauen, war, die Gliedmaßen so lange hineinzustecken, bis sie durch die Körperwärme ein wenig auftauten, und dann die Glieder, die oft wegen der Frostbeulen schmerzhaft empfindlich waren, immer wieder ein Stückchen tiefer in sie hineinzuschieben, wobei man sie gelegentlich herausziehen und reiben musste, um zu verhindern, dass sie zu kalt wurden.
Scott hatte beschlossen, Ende November zurückzukehren, und ihr abschließender Marsch nach Westen führte sie einen Hang hinauf, der steiler war als üblich. Er war optimistisch und hoffte, dass sie nach der Eintönigkeit des Plateaus irgendein neues und aufregendes Merkmal sichten könnten, vielleicht einen Gebirgszug, der die Westküste von Victoria Land bildete, aber es gab nichts außer der Ebene: »Eine Szene, so durch und durch grässlich und trist, dass sie einen zwangsläufig auf trübsinnige Gedanken bringen musste.« Scott schrieb, dass sie am Ende ihres Lateins angelangt waren: » Alles, was wir geschafft haben, ist der Beweis, wie unermesslich diese weite Ebene ist.« Es war eine schreckliche Ödnis, über die »wir kleine menschliche Insekten ... unbedingt wieder zurückkriechen wollen«. Er brauchte die »unbezwingliche Courage und Fröhlichkeit« seiner Begleiter, um das zu überstehen, was er stets als »einen lebhaften, aber bösen Traum« in Erinnerung behalten würde.
Ihr Verhalten während der Reise hatte Scott davon überzeugt, dass es »keine Sorte von Menschen gab, die durch ihr Training so hervorragend geeignet sind, mit den Schwierigkeiten und Tücken des Lebens mit Schlitten fertig zu werden, als Männer von der Marine«. Sie waren nicht nur widerstandsfähig, einfallsreich und tapfer, sondern gehorchten Befehlen, kannten ihren Platz und hielten sich an die strenge Disziplin. Solche Eigenschaften bedeuteten nach dem Umgang mit Shackleton wahrscheinlich eine Erleichterung. Der schüchterne und sich ständig selbst beobachtende Scott fühlte sich in ihrer Gesellschaft wohl und unbedroht, was tröstlich für ihn war. »Nur wenige unserer Stunden im Camp vergehen ohne ein Lachen von Evans und ein Lied von Lashly. Letzteres habe ich noch nicht ganz kapiert; es besteht nur aus einem Vers, und bei dem geht es um das Pflücken irgendeiner Rose. Es kann nur schwerlich als vollendeter musikalischer Vortrag bezeichnet werden, aber hörte er damit auf, würde
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