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In den eisigen Tod

In den eisigen Tod

Titel: In den eisigen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana H. Preston
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September schrieb sein Freund J.M. Barrie, dass all die alten Sehnsüchte in Scott wieder erwachten, und er versprach, wegen der Finanzierung einer Expedition nach einem geeigneten Millionär Ausschau zu halten.
    Was immer Scott in der Öffentlichkeit gesagt haben mag – dem Sirenengesang des Südens hatte er sich nie ganz entzogen. Zumindest wusste er, dass er seine Arbeit nicht zu Ende gebracht hatte und dass das Publikum Erwartungen in ihn setzte. Wenn er den Pol erreichen könnte, würde er ein Leben lang die Sicherheit genießen, die ihm bis jetzt nicht gegönnt war. Erhebung in den Adelsstand, offizielle Auszeichnungen, Ruhm – all dies würde folgen. Wenn er den Versuch nicht unternähme, würde er zwar in seiner Marinelaufbahn vorankommen, aber diese würde ihm wahrscheinlich keine großen Ehren einbringen. Doch hier war noch etwas tief ergreifendes im Spiel als persönlicher Stolz und Ehrgeiz. Im Laufe der Rede, in der er bekanntgegeben hatte, dass er wahrscheinlich nicht mehr in die Antarktis zurückkehren werde, hatte er die glitzernden Eislandschaften mit einer Gemütsbewegung beschrieben, die an Sehnsucht grenzte. Diese schöne, einsame Welt sprach den Romantiker in ihm an, während der Nervenkitzel, für die sie stand, nie mit irgend etwas mithalten würde, was die Marine in Friedenszeiten zu bieten hatte. Die Herausforderung, sich in das Unbekannte vorzuwagen, war wesentlich attraktiver als die Aussicht auf eine konventionelle Marinelaufbahn und »den Wirbel dieses modernen Lebens«. 5
    Barrie hatte diese romantische Ader in Scott erkannt. Am Abend ihrer ersten Begegnung war er mit Scott ganz bezaubert durch die Straßen von London spaziert und hatte sich gar nicht mehr von ihm trennen wollen. Er hatte die außergewöhnlichen Widersprüche in ihm bemerkt: »Scott war von Natur aus eine Mischung aus Träumer und Praktiker, und er war niemals praktischer als unmittelbar nach einem Traum. Wenn er so entrückt war, vergaß er Raum und Zeit.« 6 Hier haben wir eine elegante, verständnisvolle Aktualisierung des »Old-Mooney«-Aspektes aus Scotts Kindheit, der immer noch eindeutig einen großen Teil seiner Psyche ausmachte. Für Scott war Antarktika sein eskapistisches Reich der Phantasie.
    Im Januar 1907 fing Scott ganz still damit an, seine Pläne in die Tat umzusetzen, indem er zunächst an den Sekretär der Royal Geographical Society schrieb, dass er, seiner Berechnung nach, eine Expedition für 3 0 000 Pfund ausrüsten könne. Doch dann geschah etwas, was Scott nicht vorhergesehen hatte. Er war wegen eines möglichen Auftretens ausländischer Rivalen besorgt gewesen, hatte aber nicht mit einem ernsthaften Herausforderer im eigenen Land gerechnet. Im Februar 1907 gab Shackleton frischfröhlich seine Absicht bekannt, eine »Britische Antarktis-Expedition« zu leiten, um den Südpol zu erobern. Auf Scott wirkte das wie Verrat, und es brachte in ihm nicht die beste Saite zum Klingen. Shackleton behauptete, erst von Scotts Plänen erfahren zu haben, als er Mulock, der auf der Discovery -Expedition an seine Stelle getreten war, anheuern wollte und dieser ihm mitteilte, er habe sich bereits Scott gegenüber verpflichtet. Wie es für ihn typisch war, übernahm Wilson nun seine Rolle als Friedensstifter. Shackleton hatte auch ihn angeschrieben und ihn angebettelt, seine Nummer Zwei zu werden. Doch schon am nächsten Tag erhielt er einen aufgeregten Brief von Scott, der ihn fragte, was Shackleton seiner Meinung nach vorhabe. Wilson tat sein Bestes, um seinen alten Freund zu verteidigen, und antwortete beschwichtigend, Shackleton kenne seine, also Scotts, Absichten nicht, und er fügte hinzu, auch er selbst habe keine Ahnung gehabt, dass Scott eine Rückkehr beabsichtige.
    Dies besänftigte Scott ein wenig, und er war bereit, öffentlich zu verkünden, es komme in Wirklichkeit nur darauf an, dass Großbritannien den Pol erreichte, bevor irgendein Ausländer dazwischenkam. Doch hinter den Kulissen ging das Gerangel weiter. Scott ärgerte sich darüber, dass Shackleton plante, sein Basislager im Mc
Murdo Sound aufzuschlagen, denn seinem Gefühl nach entsprach dies nicht dem Verhalten eines Ehrenmanns. Scott schien diese Gegend sonderbarerweise als sein persönliches Lehen anzusehen. Ein Mann, der weniger um seine Stellung besorgt gewesen wäre, hätte wohl mehr Großherzigkeit walten lassen. Von Shackletons Gesichtspunkt aus betrachtet bestand das Problem darin, dass er seinen Sponsoren, insbesondere dem

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