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In den eisigen Tod

In den eisigen Tod

Titel: In den eisigen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana H. Preston
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zu arbeiten.« 3 (Scotts spätere Rivalität mit Shackleton beweist, dass er trotz dieser großherzigen und aufrichtigen Meinung glaubte, dass er, als der Führer, persönliche Ansprüche auf das von ihm erforschte Gebiet habe.) Er war sehr stolz auf seinen Erfolg, die drei Jahre zuvor gemeinsam abgereisten jungen und unerfahrenen Antarktis-Neulinge zu einem Team zusammengeschweißt zu haben. Die Tatsache, dass so viele darauf erpicht waren, mit ihm wieder nach Süden zu fahren, legt den Schluss nahe, dass er trotz all seiner Schwächen als Expeditionsleiter Erfolg hatte.
    Scott konnte seine Aufmerksamkeit jetzt den häuslichen Angelegenheiten zuwenden und konnte es sich leisten, seine Mutter und seine Schwestern aus der Wohnung über dem Geschäft in ein komfortableres Haus ziehen zu lassen. In einem bewegenden Bericht wird auch geschildert, dass er sich zum ersten Mal einen wirklich gut geschnittenen Anzug von einem guten Herrenschneider gönnte. Wenn ein Löwe aus ihm werden sollte, dann war ihm klar, dass es ein gepflegter Löwe sein musste. Er war imstande gewesen, seine Marineuniform in Ordnung zu halten und ihre Schäbigkeit zu kaschieren, aber jetzt brauchte er Kleider, die den Anforderungen dieser grausamen und aufmerksamen Größe namens »Gesellschaft« genügten. Tatsächlich wurde er im folgenden Jahr nach Balmoral eingeladen. König Edward VII. war erfreut gewesen, dass ein neu entdecktes Gebiet in der Antarktis nach ihm benannt worden war, und hatte Scott ein Glückwunschtelegramm gesandt. Jetzt wollte er den jungen Forscher persönlich kennenlernen.
    Der König ernannte ihn am ersten Abend zum Commander of the Victorian Order – wie die Presse empört feststellte, die einzige offizielle Auszeichnung, die ihm verliehen wurde. Am zweiten Abend hielt er einen Vortrag vor dem »König, der Prinzessin von Wales, einigen Mitgliedern der Familie Connaught, dem Premierminister und vielen anderen«. Sein Vortrag sollte eigentlich nur eine Stunde dauern, doch er dehnte sich auf beinahe zwei Stunden aus, weil der König so viele Fragen stellte. Offensichtlich wurden hinterher »allerhand nette Dinge« gesagt.
    Beinahe unmittelbar nach seiner Rückkehr hatte Scott am 2. September 1904 dem Ersten Seelord geschrieben und um sechs Monate Urlaub gebeten, »um eine Schilderung unserer Reise abzufassen«, die im Frühjahr des nächsten Jahres veröffentlicht werden sollte. Er war darauf bedacht, sich, wie es sich gehörte, einer bescheidenen Sprache zu bedienen, und sagte, dass er es sehr bedauern würde, wenn er etwas tue, was die Admiralität eines Marineoffiziers für unwürdig erachtete, und dass er, abgesehen von der Abfassung des Buches, »versuche, sich so still wie möglich zu verhalten«. Doch das war schwierig. Markham organisierte eine Ausstellung in den Bruton Galleries, die am 4. November unter ungewöhnlichen Umständen eröffnet wurde. Die schicken Leute stiegen aus ihren Kutschen – mit Pferden oder mit Motor – und hielten zuversichtlich ihre Karten in der Hand, nur um sich von den geduldigen Polizisten sagen lassen zu müssen, dass sie sich wie alle anderen anzustellen hätten. Schlange zu stehen war eine neue Erfahrung für sie, und vielleicht ein Zeichen für den Wandel der Zeiten. Die Ausstellung, auf der Wilsons inspirierende Zeichnungen, Skeltons Fotografien, ein Modell der Discovery und eine Schlittenausrüstung gezeigt wurden, lockte ungefähr 1 0 000 Besucher an.
    Drei Tage später fand sich Scott in der Royal Albert Hall wieder, wo er vor 7000 Mitgliedern und Gästen der beiden Königlichen Gesellschaften sprach. Es muss einschüchternd gewesen sein, auch wenn seine Gefährten von der Discovery mit ihm zusammen auf der Bühne saßen. Er war so aufgeregt, dass er vergaß, Armitage und anderen Kollegen Tribut zu zollen. Das Publikum reagierte ziemlich unterkühlt – ein eher lustloses Klatschen hallte in der riesigen Halle wider. Am nächsten Abend erlebte Scott einen ganz anderen Empfang, als er seinen ersten öffentlichen Vortrag mit dem Titel »Der fernste Süden« hielt.
    Die Notwendigkeit, Mittel aufzutreiben, um die Schulden der Expedition abzahlen zu können, zwang Scott, ständig Vorträge zu halten. Er war schon bald sehr gefragt, zog kreuz und quer durch das Land und verfeinerte seine Vortragskunst. Shackleton arrangierte für ihn eine Ansprache vor der Scottish Royal Geographical Society in Edinburgh, wo ihm die Livingston-Medaille verliehen wurde. Tatsächlich standen er und

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